Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
4. August 2013

Die Ehe nach Gottes Willen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Die Ehe ist die rechtmäßige, dauernde und vollständige Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau zur Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft und zur gegenseitigen seelischen Ergänzung und Hilfeleistung. Das ist der natürliche Begriff der Ehe. Er gilt für alle Menschen ohne Ausnahme. Die Naturehe erhebt sich im Christentum zur sakramentalen Ehe. Im Christentum ist die Ehe ein Sakrament, das heißt ein Gnadenmittel. Durch die Ehe als Sakrament wird den Menschen Gnade zugewendet für ihr eheliches Leben, wird ihr Band zu einem unauflöslichen gemacht und tritt gewissermaßen Christus als Dritter in den Ehebund ein. Der Begriff Ehe wird entstellt und verzerrt, wenn er für andere Geschlechtsverhältnisse benutzt wird, wie es in Deutschland und in manchen europäischen Ländern der Fall ist. Die Entwicklung, die hier vor sich geht, meine Freunde, ist von größter Tragweite. Die Verletzung der Schöpfungsordnung kann sich nur zum Unheil auswirken. Die russisch-orthodoxe Kirche sieht in der Legalisierung der Homo-Ehe und in der Trauung gleichgeschlechtlicher Partner Zeichen der Endzeit. Der russische Patriarch Kyrill hat dieser Tage erklärt: „Ein Volk, das homosexuelle Verhältnisse als Ehen anerkennt, befindet sich auf dem Weg der Selbstzerstörung.“ Der russische Patriarch hat recht.

Der Ursprung der Ehe liegt in der Natur des Menschen. Gott hat die Menschen von Anfang an aufeinander hingeordnet durch ihre körperlich-geistige Ausstattung. „Habt ihr nicht gelesen“, sagt Christus, „dass der, welcher den Menschen im Anfang geschaffen hat, sie als Mann und Frau geschaffen und gesagt hat, deshalb wird der Mensch Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und es werden zwei sein in einem Fleisch.“ Das ist die natürliche Ordnung der Ehe, wie sie Gott am Anfang festgelegt hat. Da sind sie nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. „Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.“ Dasselbe Wort wird von Paulus angeführt. Er vertieft diese Sicht, indem er auf die sakramentale Seite der Ehe hinweist. „Das ist ein großes Geheimnis in Bezug auf Christus und die Kirche.“ Er will sagen, so wie Christus und die Kirche eine Ehe eingehen, unverbrüchlich, untrennbar, gnadenhaft, so sollen auch die Gatten einander verbunden sein in Christus, in der Gnade, in untrüglicher Verbindung. So ist es geblieben bis ins 16. Jahrhundert. Da trat ein Mann auf namens Martin Luther. Er gab die Sakramentalität der Ehe preis. „Wisse“, schreibt er, „dass die Ehe ein äußerlich leiblich Ding ist wie andere weltliche Hantierung, wie Haus und Hof.“ „Die Ehe ist ein weltlich Ding“, wiederholt er, „mit allen ihren Umständen, geht die Kirche nichts an.“ Dagegen stellte das Konzil von Trient fest: „Wer sagt, die Ehe sei nicht wahrhaft und eigentlich eines der sieben Sakramente, das von Christus eingesetzt wurde, sondern sei von Menschen erfunden, der sei ausgeschlossen.“ Zwischen diesen beiden Positionen gibt es keine Vermittlung.

Die hohe Bedeutung und Notwendigkeit der Ehe ergibt sich aus der innigen Verflechtung mit allen Seiten des menschlichen Lebens. Offenkundig ist die körperliche, die leibliche Seite. Die Naturseite der Ehe greift eben tief in das Gebiet der Biologie und der Physiologie ein. Die eheliche Liebe und Anhänglichkeit ist eine der stärksten Erscheinungen des Seelenlebens. Wo wirklich eine Ehe zustande kommt nach Gottes Willen, da sind die Gatten einander seelisch untrennbar verbunden. Die Ehe hat eine grundlegende Bedeutung für die Gesellschaft. Diese baut sich ja auf Ehen auf. Infolgedessen muss sie auch von der Gesellschaft rechtlich geordnet werden, und nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch. Als Sakrament gehört die Ehe in die Glaubenslehre der Kirche hinein. Diese verschiedenen Seiten der Ehe hat die Kirche in harmonischer Weise immer verbunden und niemals trennen lassen. Wegen der Einheit von Ehevertrag und Ehesakrament steht der Kirche die Hoheit über die Ehe zu. Auf der sakramentalen Natur der Ehe gründet sich die Hoheit der Kirche über die Ehe. Die Ehe auf Liebe gründen wollen, ist ein gewagtes Unternehmen. Das Liebesgefühl ist schwankend. Es ist zu unsicher, als dass es den Trieb genügend regeln könnte. Bei der sozialen Verpflichtung der Ehe und bei der sozialen Bedeutung der Ehe für die Fortpflanzung müssen das Recht als äußere Norm und die Moral als innere Norm hinzutreten. Das angebliche Recht auf freie Liebe, das heute propagiert wird, ist eine sittlich verwerfliche, eine lebenszerstörende Irrlehre.

Die Kirche hat die Güter der Ehe deutlich herausgearbeitet in der Lehre ihrer großen Theologen. Augustinus hat die Dreiheit von „fides, proles, sacramentum“ aufgestellt, also die drei Güter: Der ehelichen Treue, der Nachkommenschaft und der sakramentalen Unauflöslichkeit. „Fides, proles, sacramentum“. Und der hl. Thomas hat die Ehegüter in folgender Weise bestimmt: „Der nächste und wesentlichste Zweck der Ehe ist die Erzeugung und Erziehung der Nachkommenschaft. Der zweite ist die eheliche Treue, d.h. die volle und ausschließliche Herzens- und Liebesgemeinschaft. Und das dritte ist die übernatürliche Bedeutung der Ehe, die Abbildung des Bundes Christi mit seiner Kirche.“ Im kirchlichen Gesetzbuch heißt es im Canon 1055: „Der Ehebund, durch den Mann und Frau unter sich die Gemeinschaft des ganzen Lebens begründen, die durch die natürliche Eigenart auf das Wohl der Ehegatten und die Erzeugung und Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet ist, wurde zwischen Getauften durch Christus zur Würde eines Sakramentes erhoben.“ Diese Lehre ist vom II. Vatikanischen Konzil wiederholt eindeutig bestätigt worden, vor allem in der Konstitution „Gaudium et spes“ in den Artikeln 48 und 50. Da heißt es: „Durch ihre natürliche Eigenart sind die Institution der Ehe und die eheliche Liebe auf die Zeugung und Erziehung der Nachkommenschaft hingeordnet und finden darin gleichsam ihre Krönung.“ An einer anderen Stelle heißt es: „Ehe und eheliche Liebe sind ihrem Wesen nach auf die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet.“ Die Spielereien mit den Ehezwecken, die manche katholische Moraltheologen vornehmen, sind durch das Konzil nicht gedeckt. Der Wille zur Fruchtbarkeit ist insofern der Ehe wesentlich, als jemand, der nicht das volle Recht auf die Beiwohnung dem anderen Gatten übertragen will, keine gültige Ehe schließt. Das volle Recht heißt das uneingeschränkte Recht. Eheleute, deren Ehe nicht fruchtbar ist, müssen ihre Unfruchtbarkeit vor Gott rechtfertigen. Es kann Gründe, zulässige Gründe geben, auf die Erzeugung von Nachkommenschaft zu verzichten. Mir erzählte ein Pfleger im Hildegardis-Krankenhaus in Mainz, er dürfe und wolle keine Kinder haben, weil er eine Erbkrankheit in sich trage, die er nicht weitergeben wolle. Allerdings muss sich der Pfleger zwei Fragen gefallen lassen. Erstens: Warum hat er dann eine Ehe geschlossen? Zweitens: Wie steht er zum naturgemäßen ehelichen Verkehr?

Die Ehe ist die Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau. Die Ein-Ehe ist von Gott festgesetzt. Sie bildet den Gegensatz zur Viel-Ehe, Viel-Männerei, Viel-Weiberei. Im Heidentum war die Viel-Ehe vielfach üblich. Im Islam ist sie noch heute gestattet. Der Mann darf vier Ehefrauen haben, vier sogenannte Ehefrauen, und beliebig viele Konkubinen. Auch in christlichen Kreisen gibt es solche, die die Mehr-Ehe verteidigen. Luther gab die Ein-Ehe preis. Er erklärte es nicht für verboten, dass ein Mann zwei Frauen habe. Es sei der Schrift nicht zuwider. Und Sie kennen alle den berühmten Fall, dass er dem Landgrafen von Hessen eine zweite Ehe gestattet hat, als Beichtrat. Diese schwankende Haltung von Luther hat das Konzil von Trient zum Anlass genommen zu erklären: „Wer sagt, es sei den Christen erlaubt, gleichzeitig mehrere Frauen zu haben, das sei durch kein göttliches Gesetz untersagt, der sei ausgeschlossen.“ Es ist selbstverständlich, dass der Herr nur die Ein-Ehe kennt, die Verbindung eines Mannes und einer Frau. „Jeder, der seine Frau entlässt und eine andere heiratet, bricht die Ehe.“ Und wenn er davon spricht, dass in der ehelichen Gemeinschaft zwei in einem Fleische sind, da schließt er eben aus, dass es drei oder vier sein können. Die Monogamie ist die Wiederherstellung der ursprünglichen Natur der Ehe. Die Mehrheit der Frauen lässt von vornherein nicht die volle Gleichwertigkeit der Frau in der Ehe aufkommen. Sie trübt die sittliche Würde der Frau. Die Mehr-Ehe bringt, fast notwendig, Eifersucht in die Eheverhältnisse hinein und beeinträchtigt die innige ausschließliche Liebe des Gatten zu einer Frau. Außerdem wird der Mann zu einer übermäßigen geschlechtlichen Betätigung angeleitet. Schließlich ist die Stellung der Kinder zu den Eltern in der Mehr-Ehe eine geteilte und unsichere. Das Familienleben verliert seine Einheit und Wärme. Wenn es im Islam scheinbar mit der Mehr-Ehe geht, dann hängt das damit zusammen, dass die Frau nichts zu sagen hat, dass sie sich restlos fügen muss, dass sie vom Manne völlig abhängig ist.

Die Unauflöslichkeit der Ehe ist ausnahmsloses Gesetz für jede gültige, leiblich vollzogene Ehe. Die gültig geschlossene christliche Ehe, die vollzogen ist, kann durch keine menschliche Macht getrennt werden. Luther ließ die Trennung zu. Auch in diesem Punkte verfehlte er sich gegen Gottes Gesetz. Er gestattete die Trennung der Ehegatten und ihre Wiederverheiratung. Das war der große Erfolg des Protestantismus, dass er die Ehescheidung freigab. Damit kann man sich Freunde machen in dieser Welt. Er fand Gründe für beides, und die Gründe ließen sich natürlich erweitern. Luther hat die Tür zur Zerstörung des Ehebandes weit aufgetan. Es gibt heute keine einzige Ehe im Protestantismus, die nicht getrennt werden könnte. Die Rede von der Unauflöslichkeit, die man in den protestantischen Kirchenordnungen findet, ist eine leere Floskel. Das Konzil von Trient hat gegenüber dem Protestantismus erklärt: „Wer sagt, wegen Irrglauben, wegen Schwierigkeiten im Zusammenleben oder wegen böswilliger Abwesenheit vom Gatten könne das eheliche Band gelöst werden, der sei ausgeschlossen.“ Der Herr hat es deutlich erklärt: „Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.“ Und Paulus wiederholt es: „Den Verheirateten gebiete nicht ich, sondern der Herr, dass die Frau vom Manne nicht weggehe. Wenn diese aber weggegangen ist, dass sie ehelos bleibe und sich mit ihrem Manne versöhne.“ Tatsächlich bringt schon die Möglichkeit der Ehescheidung ein Moment der Unsicherheit in die Ehe hinein. Ich habe es einmal erlebt bei der Heirat eines Arztes, dass die Frau auf einen Rechtsanwalt verwies, der an der Tafel saß, und sagte: „Dort sitzt für alle Fälle ein Ehescheidungsanwalt.“ Bei der Heirat war das! Die Möglichkeit der Scheidung und Wiederverheiratung ist geeignet, die Liebe und Treue in der Ehe in Gefahr zu bringen. Die wirkliche Scheidung trifft die Frau weit tiefer und nachteiliger als den Mann. Sie setzt die Kinder einer traurigen Zukunft aus und stiftet meistens Bitterkeit und Feindschaft. Ich verkenne nicht, dass es in einer Ehe Härten geben kann und dass das Aushalten hohe Tugend erfordert. Aber der Mensch ist aufgerufen, sich religiös und sittlich zu bewähren. Gegen das Gebot der Unauflöslichkeit wird heute gern die Barmherzigkeit Gottes und der Kirche angerufen. Ich halte diese Anrufung für verkehrt. Ich bin vielmehr überzeugt, gerade die Unauflöslichkeit der Ehe ist Ausfluss der Barmherzigkeit Gottes. Weil Gott den Verheirateten die Unsicherheit, die Untreue, das Ausschauen nach Abwechslung in der Geschlechterbeziehung ersparen will, hat er das Gebot der Untrennbarkeit erlassen. Weil es Gott mit den Menschen und ihrer ehelichen Verbindung gut meint, das heißt, weil er barmherzig ist, will er sie veranlassen, sich so miteinander zu vertragen, dass das Auseinandergehen vermieden wird, vermieden werden muss, weil Gottes Wille dahin geht. Damit die Ehegatten einen Halt haben, an dem sie sich aufrichten können in Krisen, hat er das Gebot der Unauflöslichkeit gegeben. Dass die Menschen es missachten, dass sie darüber hinweggehen, steht auf einem anderen Blatt. Aber Gottes Barmherzigkeit wird dadurch nicht tangiert.

Mit ihrer Lehre von der Ehe, mein lieben Freunde, hat sich die Kirche nicht viele Freunde gemacht, wohl aber zahlreiche Gegner geschaffen. Die klare und eindeutige Position der Kirche ist den meisten Menschen zuwider. Aber was sie vertritt, ist Gottes Wille über der Ehe. Die protestantische Ehelehre stammt von Menschen. Sie ist bequem und leicht. Sie geht den Menschen ein, eben weil sie angenehm ist. Aber die Kirche als der Herold Gottes hat keine Wahl. Sie muss zu dem stehen, was ihr der Geist Gottes zuspricht. Man kann mit allen Artikeln handeln, aber nicht mit Gottes Willen. Ehen, die nicht religiös gesehen werden, sind untragbar. Nach ein paar Monaten gilt nicht mehr die Leidenschaft, gilt nur noch die Treue. Auf dieser Welt gibt es keine doppelseitigen hundertprozentigen Lösungen, sondern nur ein Entweder-oder. Es gibt nicht für jede Not ein irdisches Heilmittel. Es gibt Not, die nur transzendent, im Aufblick zu Gott gelöst wird. Wir wissen, in unserer Gesellschaft herrschen geschlechtliche Unordnung und eheliche Wirrnis in unheimlichem Ausmaße. Dieses Chaos rettet kein Kompromiss. Kompromisse in letzten Dingen kompromittieren.

Amen.

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