Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
19. Mai 2013

Das Wirken des Heiligen Geistes

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, zum Fest des Heiligen Geistes Versammelte!

Wir begehen heute das Fest der Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Jünger Jesu am Pfingsttage. Er ist, wie wir im Glaubensbekenntnis aussagen, die Dritte Person im Dreieinigen Gott. Der Geist, der vom Vater und vom Sohne ausgeht, der zugleich mit ihnen angebetet und verherrlicht wird. Das ist die metaphysische Trinität, also so ausgesagt, wie Gott in sich ist. Aber das soll nicht das Anliegen unserer heutigen Überlegungen sein. Wir wollen vielmehr die ökonomische Trinität betrachten. Das heißt, die Dreieinigkeit, wie sie gegen uns, gegenüber der Menschheit, gegenüber der Welt sich kundtut. Und wir wollen angesichts dieser Dreieinigkeit fragen: Wie bewährt sich der Heilige Geist gegenüber uns Menschen? Gibt es überhaupt eine Wirkung des Heiligen Geistes, die wir erkennen können, an der wir nicht zweifeln dürfen? Darauf gibt die Offenbarung die Antwort:

„Der Heilige Geist ist der Geist der Wahrheit. Er ist der Geist der Kraft. Er ist der Geist des Trostes.“ Der Heilige Geist ist der Geist der Wahrheit. In seiner Abschiedsrede hat ihn der Herr selber so bezeichnet: „Ich werde den Vater bitten, er wird euch einen anderen Beistand geben, der auf ewig bei euch bleibt, den Geist der Wahrheit.“ Christus hat auch angegeben, was dieser Geist der Wahrheit tun wird. „Wenn der Beistand kommt, den ich euch vom Vater senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, er wird über mich Zeugnis ablegen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in alle Wahrheit einführen.“ Also zwei Funktionen hat der Heilige Geist gegenüber uns. Er legt Zeugnis ab von Christus, und er führt die Jünger in alle Wahrheit ein. Wer in der Wahrheit steht, muss die Wahrheit bekennen. Er muss von ihr Zeugnis ablegen. Der entscheidende Gegenstand der Wahrheit, die wir überkommen haben, ist die Person Jesu Christi. Man kann in einem richtigen Sinne sagen: Das Christentum ist Jesus Christus. Die Stellung zu Jesus ist entscheidend für die Menschen, denn in keinem anderen Namen ist Heil. Es kommt alles darauf an, dass die Menschen zu Jesus finden, dass sie ihn kennenlernen, dass sie richtig über ihn denken. Es genügt nicht, irgendwie von Jesus zu wissen, sondern wir müssen ihn als den bekennen, der er in Wahrheit ist, nämlich der Eingeborene Sohn Gottes, wahrer Gott vom wahren Gott, Gott und Mensch, von Ewigkeit aus Gott hervorgegangen und in der Zeit aus der Jungfrau Maria geboren. Das ist die Wahrheit über Jesus von Nazareth. Für diese Wahrheit tritt der Heilige Geist ein. Für sie legt er Zeugnis ab, und dieses Zeugnis ist notwendig. In vielen theologischen Büchern habe ich gelesen: Jesus sei ein religiöses Genie, er sei ein erhabener Mensch, er sei ein endzeitlicher Prophet. Aber eines fehlt: Das Bekenntnis zu seiner Gottheit. Und damit fehlt das Entscheidende! Wer von Christus redet, ohne von seiner Gottheit und seiner Gleichwesentlichkeit mit dem Vater zu sprechen, der hat um Jesus herumgeredet. Darauf kommt alles an:  Dass Jesus der Sohn Gottes, der metaphysische Sohn Gottes ist. Nicht ein Sohn Gottes im moralischen Sinne, weil er im Einklang mit dem Vater handelt, sondern kraft seines Wesens. Dass Jesus von Nazareth, der Zimmerman, sich Gott gleichstellte, das warfen ihm seine Feinde vor. Er ließ diesen Vorwurf auf sich beruhen. Es war der gerechteste, der ihm je gemacht wurde. Der Heilige Geist sorgt dafür, dass die Wahrheit über Jesus nicht untergeht. Und dazu bedient er sich der katholischen Kirche als seines Werkzeugs. Vor vielen hundert Jahren hat einmal der hl. Augustinus geschrieben: „Wir wollen denen keinen Glauben schenken, die da behaupten, Christus sei nichts anderes als ein Mensch. Allerdings ein so gerechter, dass er würdig sei, Sohn Gottes genannt zu werden. Die solches lehren, duldet die katholische Kirche nicht in sich.“ Bis zu dieser StundeIn unserer Mitte bleibt das Bekenntnis zu Jesus, dem wesenhaften Gottessohn lebendig. Wir deuten das Glaubensbekenntnis nicht um, wir passen es nicht an, sondern wir rufen in der Namen-Jesu-Litanei: „Jesus, du unser Gott, erbarme Dich unser. Jesus, Du starker Gott, erbarme dich unser.“

Der Heilige Geist legt Zeugnis ab über Jesus. Er legt es ab durch seine Kirche. Er führt sie aber auch ein in alle Wahrheit, denn er ist ja der göttliche Lehrer der Wahrheit. Er deckt auf, was er im Schoße des Vaters von ihm gelernt hat. Er teilt die Wahrheit der Kirche mit. Sie ist die Empfängerin der Wahrheit. Der Heilige Geist steht ihr bei, dass diese Wahrheit nicht untergeht, dass sie nicht verfälscht wird, dass die Keime der Wahrheit entfaltet werden. In der katholischen Kirche ist die Wahrheit über Jesus durch alle Zeit bewahrt worden. Er wird bekannt als der wahre Gott und der wahre Mensch, als eine Person in zwei Naturen, als mit zwei Willen, einem menschlichen und einem göttlichen Willen ausgestattet. Er hat eine Gemeinschaft gestiftet. Wir nennen sie die katholische Kirche. Er hat ein Priestertum gegründet und eine Hierarchie. In den übrigen christlichen Gemeinschaften, meine lieben Freunde, zu meinem Schmerz sage ich das, ist das Glaubensgut fortwährend geschrumpft. Sie haben aufgegeben: Die Präexistenz Jesu, seine Menschwerdung, die zwei Naturen, seinen Sühnetod, seine leibhaftige Auferstehung, seine glorreiche Heimkehr zum Vater. Ich habe hier einen Text, den ein evangelischer Theologe geschrieben hat. In diesem Text heißt es: „Für das erste theologische Examen“, also für die angehenden Pastoren, „für das erste theologische Examen ist allgemein das Lehrbuch von Hans Conzelmann und Andreas Lindemann gebräuchlich. Nach diesem Lehrbuch stammt weder das Vaterunser noch die Bergpredigt von Jesus. Weder hat er Abendmahl gefeiert noch die Kirche gestiftet, noch ist er auferstanden. Weder das Grab war leer, noch ist Jesus vom Heiligen Geist empfangen. Von Jesus weiß man fast nichts. Vieleicht sind acht, vielleicht drei oder fünfzehn Jesusworte echt. Das Urteil darüber ist je nach Professor verschieden.“ Das sage nicht ich, das sagt ein evangelischer Professor der Theologie. Wenn es nach den Menschen ginge, meine lieben Freunde, wäre auch unsere Kirche schon längst eine weitere protestantische Denomination. Das ist eben der Unterschied zwischen einer Kirche, in der der Heilige Geist lebendig ist und wirkt, und Gemeinschaften, die von Menschen ins Leben gerufen wurden. In der katholischen Kirche wird nichts von der Lehre der Apostel aufgegeben. Unbeirrt von Schmähungen und Beschimpfungen hält sie an den Erkenntnissen fest, die der Heilige Geist ihr zuspricht. Sie lässt sich nichts abmarkten von der Wahrheit, die Gott zum Urheber hat. Sie gibt nichts preis von den Dogmen, in die der Geist der Wahrheit sie eingeführt hat und mit denen er sie unabänderlich belehrt. Ihre Treue zur Offenbarung, ihre Treue zu den Dogmen, ist dem Wirken des Heiligen Geistes zu verdanken. Der englische Schriftsteller Chesterton, der ja zum katholischen Glauben konvertiert ist, erklärte einmal: „Klarheit und Entschiedenheit in den wichtigsten Fragen des modernen Lebens finde ich nur in der katholischen Kirche. Und darum wurde ich katholisch.“

Der Heilige Geist ist der Geist der Wahrheit. Er ist aber auch der Geist der Kraft. Kraft ist das Vermögen, zu wirken und zu ertragen. Die Offenbarung bezeugt mannigfach die Kraft des Heiligen Geistes. Maria, der Jungfrau, wurde verheißen: „Die Kraft des Heiligen Geistes wird über dich kommen, wird dich überschatten.“ Und diese Kraft ließ in ihr ein Kind entstehen ohne männliches Prinzip, den Sohn Gottes, auf dem der Heilige Geist ruht. Als Jesus die Versuchungen siegreich bestanden hatte, da kehrte er in der Kraft des Geistes, wie es im Markusevangelium heißt, in der Kraft des Geistes nach Galiläa zurück. Als er in Kapharnaum einen Besessenen geheilt hatte, da sprachen die Teilnehmer, die Augenzeugen: „Was ist das für ein Wort? In Macht und Kraft gebietet er den bösen Geistern, und sie fahren aus.“ Jesus behält den Geist nicht für sich. Er vermittelt ihn auch seinen Jüngern. Nach seiner Rückkehr zum Vater hat sich das erfüllt, was er vorher den Jüngern gesagt hat: „Bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft von oben ausgerüstet werdet. Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der über euch kommt und dann meine Zeugen in Jerusalem, in Judäa, in Galiläa, in Samaria, bis an die Grenzen der Erde sein.“ Worin zeigt sich die Kraft des Geistes? Sie zeigt sich im Bekenntnis des Glaubens. Die Apostel haben den Erweis der Kraft geliefert, die der Heilige Geist vermittelt. „Mit großer Kraft“, heißt es in der Apostelgeschichte, „mit großer Kraft gaben sie Zeugnis von der Auferstehung Jesu.“ Man wollte ihnen den Mund verschließen. Der Hohe Rat ließ sie auspeitschen. Aber die Apostel sagten: „Wir können nicht aufhören von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben.“ Das war die Kraft des Heiligen Geistes. Der Apostel Paulus spricht wiederholt von der Kraft des Evangeliums. An die Gemeinde in Rom schreibt er: „Ich schäme mich des Evangeliums nicht. Es ist eine Kraft Gottes für jeden zum Heil, der glaubt.“ Der Gemeinde in Korinth schreibt er: „Mein Wort und meine Predigt geschah nicht in überredenden Worten, sondern im Erweis des Geistes und der Kraft.“ Ähnlich hat er die Gemeinde in Saloniki erinnert: „Unser Evangelium erging an euch nicht bloß im Wort, sondern auch in Kraft und Heiligem Geist.“ Kraft und Heiliger Geist gehören untrennbar zusammen. Der Geist der Kraft kommt auch über die Christen, über alle Christen. Sie besitzen das Evangelium, und das ist eine Kraft, die sie befähigt zum Sieg über Sünde, Tod und Welt, über Fleisch und Satan. Das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen Torheit. Uns aber, die gerettet werden, Kraft Gottes.

Die Kraft des Geistes zeigt sich auch in der unerschütterlichen Hoffnung. Hoffnung ist die auf die zukünftige Erfüllung eines Wunsches gerichtete Erwartung. An die Gemeinde in Rom schreibt Paulus: „Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und allem Frieden im Glauben, damit ihr überreich werdet in der Hoffnung, in der Kraft des Heiligen Geistes.“ Der Geist gibt also Hoffnung. Wir erhoffen von Gott, wie wir ja bei der Erweckung der Hoffnung beten, die Verzeihung unserer Sünden, die Gnade Gottes und endlich das ewige Leben. Wir erhoffen die Erfüllung der Verheißungen Jesu. Wir erhoffen seine glorreiche Wiederkunft und den Anbruch seines Reiches. Die Hoffnung ist die Kraftquelle des Christenlebens und auch, meine lieben Freunde, des Priesterlebens. Wie könnten wir den Samen des Wortes Gottes auswerfen, wenn wir nicht die Hoffnung hätten, dass wenigstens ein Teil auf fruchtbaren Boden fällt? Wie könnten wir Gott täglich das Opfer seines Sohnes darbringen, wenn uns nicht die Überzeugung trüge, dass damit Gottes Erbarmen über eine gottvergessene Welt herabgerufen wird? Was uns trägt, ist die Hoffnung des Heiligen Geistes.

Die Kraft des Geistes zeigt sich weiter in der Treue zu Gottes Geboten. Es ist offenkundig, dass die Gebote Gottes einer aus den Fugen geratenen Welt nicht passen. Diese Welt sucht alles, was bequem und leicht und angenehm ist. Sie will nichts, was beschwerlich, was anstrengend ist, was Opfer fordert. Und nicht-katholische Religionsgemeinschaften sind ihnen zu Willen. Sie streichen aus Gottes Geboten, was den Menschen lästig und beschwerlich ist, vor allem, in  Bezug auf die geschlechtliche Sittlichkeit. Die voreheliche Keuschheit, die eheliche Enthaltsamkeit, die lebenslängliche Ehe. Sie suchen den Beifall der Zeitgenossen und verleugnen die Kraft des Heiligen Geistes. Nicht so die Kirche des Geistes. Sie beugt sich nicht vor den Blinden. Sie ruft nicht unreife Jugend zur Höhe des Lehrstuhls. Sie löscht auf den Tafeln des Gesetzes nicht die Form der Verpflichtung. Es bleibt so: „Du sollst!“ Es steht die Autorität zwischen den Schwankenden. So will es die Struktur der Wahrheit. Der Geist ist der Geist der Kraft.

Die Kraft des Geistes zeigt sich auch in der Standhaftigkeit der Gläubigen in Terror und Verfolgung. Jesus hat ja seinen Jüngern vorausgesagt: „Man wird euch vor Statthalter und Könige schleppen. Man wird  euch in den Synagogen auspeitschen. Ja, es kommt die Stunde, da jeder, der euch tötet, Gott einen Dienst zu tun glaubt. Das alles werden sie euch antun, weil sie weder mich noch den Vater kennen.“ Er hat aber auch den Jüngern einen Trost gegeben, nämlich: „Wenn sie euch überliefern, macht euch keine Sorge, wie und was ihr ihnen antworten sollt. Nicht ihr seid es, die dann reden, sondern der Geist redet in euch.“ Wenige Ankündigungen des Heilandes haben sich so häufig erfüllt wie diese über die Kraft des Geistes vor den Gerichten, vor den ungerechten Richtern. Ich habe hier, meine lieben Freunde, das Protokoll einer Vernehmung von sechszehn Klosterfrauen in der Französischen Revolution. Sie hatten, obwohl es verboten war, weiter zusammengelebt, gebetet, ein klösterliches Leben geführt. Aber am 11. Februar 1794 wurden sie verhaftet und vor Gericht geführt. Die Protokolle ihrer Vernehmung sind erhalten. Ich habe sie hier in französischer Sprache. Da fragt der Richter eine: „Warum haben Sie nicht Ihre Eigenschaft als Karmeliten aufgegeben?“ Antwort: „Weil ich das Gelübde an Gott gemacht habe und weil ich es immer bewahren werde.“ „Haben Sie den Eid entsprechend dem Gesetz geleistet.?“  „Nein, wenn man mich auffordern würde, würde ich ihn nicht leisten.“ „Lieben Sie die republikanische Verfassung?“ „Nein!“ „Würden Sie lieber das alte Regime haben als das neue?“ „Wenn es existierte, würde ich es lieben!“ „Lieben Sie das neue Regime?“ „Ich bin unterworfen dem zivilen Gesetz.“ „Wer hat Ihnen gestattet, als Kommunität zusammen zu bleiben?“ „Ich weiß es nicht.“ „Warum sind Sie zusammen geblieben?“ „Aus Sparsamkeit.“ „Was haben Sie während der Belagerung“, nämlich von Lyon, „was haben Sie während der Belagerung gemacht?“ „Ich habe die Suppe gekocht.“ Das ist ein Beispiel, wie der Heilige Geist auch schlichten Klosterfrauen eingegeben hat, was sie vor dem ungerechten Richter sagen sollten. Diese Revolution hatte ja bekanntlich dem Christentum als Ganzem den Krieg angesagt. Selbstverständlich zuerst der katholischen Kirche, aber später auch dem Protestantismus. Aber katholische Christen und nicht-katholische Christen verhielten sich höchst unterschiedlich. Die Protestanten leisteten keinen Widerstand. Sie lösten sich auf. Sie verschwanden. Ihre Pastoren nahmen einen weltlichen Beruf an. Die Protestanten hatten keine Märtyrer. Völlig anders die katholischen Christen. Sie beharrten auf ihrem Glauben, auf ihrem Gottesdienst, auf ihren Gotteshäusern. Sie mussten dieses Beharren teuer bezahlen. Tausende und Abertausende von Eingekerkerten, Geschundenen, Ermordeten waren der Preis. In ihnen war die Kraft des Heiligen Geistes.

Der Heilige Geist ist der Geist der Kraft. Er ist auch der Geist des Trostes. Trost, meine lieben Freunde, ist Stärkung in Unglück und in verzweifelter Lage. Der Heilige Geist vermag diese Stärkung zu verleihen. Christus selbst hat ihn den „Tröster“ genannt. Das Wort „Paraklet“ kann man übersetzen mit „Beistand“, aber auch mit „Tröster“. Und dann hat er in seiner Abschiedsrede erklärt: „Der Vater wird euch einen anderen Tröster geben. Dieser Tröster wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ Aber sein Kommen ist an sein Gehen gebunden. Nur wenn er geht, kann der Geist, der Tröstergeist, kommen. „Wenn ich nicht fortgehe, wird der Tröster nicht zu euch kommen. Wenn ich aber fortgehe, werde ich ihn euch senden.“ Der Tröstergeist hat von Anfang an in der Kirche seine Stelle gehabt. Nach den ersten Verfolgungen hatte die Kirche zeitweilig Frieden in Galiläa, in Judäa, in Samaria, und da heißt es in der Apostelgeschichte: „Sie erstarkte durch den Trost des Heiligen Geistes.“ Der Apostel Paulus hat um den Tröster gewusst. Er spricht vom Gott des Trostes. Der Gemeinde in Korinth schreibt er: „Gott ist der Vater der Erbarmungen und der Gott allen Trostes.“ Wie tröstet der Heilige Geist? Er tröstet durch seine Einsprechungen. Wir sind oft ratlos, wissen nicht, wie es weitergehen soll. Und wenn dann doch sich eine Tür öffnet, dann ist der Heilige Geist im Spiel gewesen. In der Litanei vom Heiligen Geist, da rufen wir: „Dass du in Leiden uns trösten und aufrichten wollest, wir bitten dich, erhöre uns. Du Tröster der Betrübten, erbarme dich unser.“ „Tröster in Verlassenheit, Labsal voll der Lieblichkeit. Komm o süßer Seelentrost“, so haben wir vorhin in der Sequenz der Pfingstmesse gebetet. Der hoffnungslos Erkrankte, dem kein Arzt mehr helfen kann, wer soll ihn trösten, wenn nicht der Heilige Geist? Der von allen Menschen Verlassene, zu wem soll er sich wenden, wenn nicht zum Heiligen Geist? Der vereinsamte Priester, der seine Gemeinde zusammenschrumpfen sieht, wo soll er Trost finden, wenn nicht im Heiligen Geist? Der Heilige Geist tröstet durch seine Einsprechungen. Er tröstet aber auch durch Menschen, die er beruft, uns beizustehen. Das ist eigentlich überhaupt die Regel im Haushalt der göttlichen Vorsehung. Gott hilft uns nicht so sehr durch sich selbst, sondern durch Menschen, die er erweckt. Trösten ist eine schwere Kunst. Nur wer aus Überwindungen kommt, besitzt diese Kunst. Man tröstet leichter, wenn man selbst nicht allzu getrost ist. Es gibt Menschen, die Leidenden sagen: „Es ist nicht so schlimm, es geht vorüber, es kommt auch eine andere Zeit, es wird schon wieder werden.“ Das alles ist gut gemeint. Aber das ist nicht der Trost des Heiligen Geistes. Es gibt jedoch  auch Menschen, die trösten die Leidenden in der Kraft des Geistes. Sie richten die Augen und die Herzen der Leidenden auf den Gekreuzigten. Denn das ist das Christentum nicht, dass ein Trostvoller die Trostlosen tröstet, sondern das ist das Christentum, dass der Trostloseste von allen die Trostlosen tröstet. Der gekreuzigte Heiland ist es, der uns Trost spendet. „Es ist kein Heil der Seele, keine Hoffnung auf ewiges Leben außer im Kreuz. Wenn du dein Kreuz willig trägst, wird dich das Kreuz hinwieder tragen und zu dem Ziel geleiten, wo alles Leiden ein Ende findet. Wenn du dein Kreuz unwillig trägst, legst du auf dein Kreuz ein zweites Kreuz, machst du die Bürde noch einmal so schwer und wirst sie am Ende doch tragen müssen. Wenn du dein Kreuz gewaltsam abschüttelst, wirst du gewiss ein anderes finden, und das ist vielleicht schwerer als das, welches du abgeworfen hast. Sei als guter, treuer Knecht Christi bereit, das Kreuz deines Herrn mannhaft zu tragen, der aus Liebe zu dir sich kreuzigen ließ.“ Trösten, indem wir die Blicke der Leidenden auf das Kreuz richten, das ist wahrer Trost des Heiligen Geistes. In der Schlacht von Austerlitz, 1805, fiel der französische Marschall Lannes. Als er in seinem Todeskampfe lag, da besuchte ihn Napoleon. Der Kaiser wollte ihm Trost spenden, und was sagte er zu ihm? „Lannes, es gibt ein anderes Leben!“ Das war Trost des Heiligen Geistes, aus dem Munde Napoleons. Im Glaubensbekenntnis beten wir: „Der Heilige Geist wird mit dem Vater und dem Sohne zugleich angebetet und verherrlicht.“ Als göttliche Person gebührt ihm Anbetung. Und deswegen haben wir heute Morgen, wir Priester, im Brevier gebetet: „Kommt, lasst uns anbeten den Heiligen Geist. Lasst uns anbeten den Geist der Wahrheit, den Geist der Stärke, den Geist der Kraft, den Geist des Trostes.“

Amen.   

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