Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
23. Oktober 2011

Zur Gnadengemeinschaft mit Christus berufen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Christus spricht in Gleichnissen. Das sind Bilder, Bilder, die er aus dem Leben nimmt und die eine tiefe religiöse Wahrheit enthalten. Das Hochzeitsmahl, von dem er hier spricht, ist ein Ausdruck für das Heil, das Gott den Menschen bereitet, also das Reich Gottes, der Himmel, die Berufung zur Gnadengemeinschaft mit Christus in der Kirche. Das alles ist gemeint, wenn vom Hochzeitsmahl die Rede ist. Die Einladung ist ergangen zuerst an das Volk Israel. Die Juden waren die ersten, an welche die Botschaft des Heiles erging. Aber wir wissen, dass nur wenige sich zum Herrn bekannt haben. Es gab einige, die Apostel zum Beispiel, die sich die Einladung zu Herzen gehen ließen und ihr folgten, aber die Masse des Volkes hat sich verschlossen. Das Volk blieb ablehnend, verhärtet, ja feindselig gegen die Botschaft Christi. Wir wissen aus dem 1. und 2. Jahrhundert, dass die Juden sich hervorgetan haben in der Anzeige der Christen bei den heidnischen Behören und somit zur Kirchenverfolgung, zur Christenverfolgung ihren Beitrag geleistet haben.

Die Verhärtung seines Volkes ist dem Herrn zu Herzen gegangen. An den Halden von Jerusalem hat er über sein Volk geweint: „Ach, dass du es doch erkannt hättest an diesem deinem Tage, was dir zum Heile dient! Aber jetzt ist es verborgen vor deinen Augen. Du hast nicht gewollt!“ Die Botschaft des Heiles ist vom auserwählten Volke nicht angenommen worden. Das auserwählte Volk wurde das verstoßene Volk. Sie waren des Mahles nicht wert.

Die Botschaft des Heiles erging dann an die Heiden, und sie war erfolgreich. Zwei Jahrtausende sind vergangen seit der ersten Einladung, und wir müssen wirklich sagen, diese Einladung ist von vielen Völkern angenommen worden. „Alles ist bereit, kommt zur Hochzeit!“ Die Erlösung ist vollbracht, das Reich Gottes, soweit es irdisch ist, steht bereit. Die Gnadenbrunnen sind gefüllt. Der Evangelist Lukas berichtet in seiner Apostelgeschichte, dass das Wort Gottes wuchs und sich verbreitete. Schon in den ersten Monaten, in den ersten Jahren nach der Auffahrt des Herrn in den Himmel hat sich eine große Gemeinde gebildet. Millionen und Abermillionen sind daraus geworden, und das ganze Morgenland war vom christlichen Geist ergriffen: Syrien, der Irak, der Iran, Arabien, Persien; die Botschaft des Heils ist im ganzen Vorderen Orient aufgenommen worden – bis der Islam kam! Mit Feuer und Schwert hat er das Christentum ausgerottet bis auf ganz geringe Reste in Kleinasien, im Irak, im Iran, in Persien, in Syrien. Blühende Kirchen hat er zerstört, Hunderte von Diözesen, Hunderte von katholischen Diözesen hat er vernichtet. Im Nahen Osten weht die grüne Fahne des selbsternannten Propheten Mohammed.

Im Abendland hat das Christentum ebenfalls seinen Siegeszug angetreten. Von der Bretagne bis an den Ural haben die Völker, die europäischen Völker den Glauben angenommen. Es gab eine Zeit, in der die Christen alle eins waren – bis die Spaltung kam! Zunächst im Osten. Aus durchsichtigen Interessen hat man sich von der römischen Kirche losgesagt und verharrt bis heute in der Trennung. Dann kam der Zusammenbruch in Deutschland im 16. Jahrhundert. Ein entsprungener Mönch löste einen großen Teil des deutschen Volkes vom katholischen Glauben. „Das eine bewahrt“, hat er kurz vor seinem Tode gesagt, „das eine bewahrt, wenn ich gestorben bin: den Haß gegen den römischen Papst!“ Das ist der genuine Ton Martin Luthers. „Das eine bewahrt: den Haß gegen den römischen Papst!“

Und wie sieht es heute aus im christlichen Abendland? Ist nicht die Befürchtung begründet, dass auch ihm Wort gilt: „Sie waren des Mahles nicht würdig“? Was ist übrig geblieben vom christlichen Abendland, meine lieben Freunde? Eine französische Zeitschrift, „Le Monde des religions“ (Die Welt der Religionen) befürchtet, dass Frankreich atheistisch wird. Die Masse der Franzosen ist mit Arbeit und Urlaub, mit Essen und Trinken – in Frankreich besonders großgeschrieben – beschäftigt. Für die Religion hat die Masse keine Zeit. Frankreich ist ein weitgehend entchristlichtes Land, die älteste Tochter der Kirche. Und was ist in Belgien? In Belgien ist es genau so wie in Frankreich. In der Hauptstadtregion Brüssel werden noch 7 Prozent der Ehen kirchlich geschlossen. 7 Prozent, und 93 Prozent nicht kirchlich! Belgien, einmal ein ganz katholisches Land! Wie ist es in Holland? Im Jahre 1961, also vor dem Konzil, hatte Holland einen Sonntagsmessebesuch von 70 Prozent. 70 von hundert der Holländer gingen am Sonntag in die heilige Messe. Und heute? Acht – acht Prozent! In Spanien flammt der alte Haß gegen die katholische Kirche wieder auf. Wir Älteren erinnern uns, wie in den dreißiger Jahren die Kirchen brannten und die Klöster zerstört wurden, Tausende von Priestern umgebracht wurden. Ich frage: Ist es bald wieder soweit in Spanien? In Österreich ist der Aufstand ausgebrochen, der Aufstand gegen die Kirche. Ein ehemaliger Generalvikar mit Namen Schüller zieht durch die Lande und fordert die Menschen zum Ungehorsam auf, zum Ungehorsam gegen die Kirche. Was macht der oberste Priester von Österreich, der Kardinal Schönborn? Er führt Gespräche mit dem Herrn. Er führt Gespräche! Der Bischof von St. Pölten stellt ihm kirchliche Häuser zur Verfügung, damit er seine Reden, seine Tiraden anbringen kann. Meine lieben Freunde, was ist aus dem christlichen Abendland geworden?

Und wie steht es in Lateinamerika, das auch einmal ein christlicher Kontinent war? In Brasilien, dem größten nominell katholischen Land, ist in den vergangenen Jahren die Zahl der Katholiken in jedem Jahr um einen Prozentpunkt zurückgegangen. Heute sind nur noch 68 Prozent der Brasilianer katholisch. Und die Tendenz ist weiter sinkend.

Und wie sieht es bei uns aus? Wir alle wissen, dass die Glocken zum Gottesdienst rufen, aber die Menschen hören diese Stimme nicht. Sie hören nicht, dass sie zum Gastmahl eingeladen werden. Nicht einmal jeder zehnte katholische Christ in Deutschland nimmt am Sonntagsgottesdienst teil, nicht einmal jeder zehnte! Die Priesterseminarien sind leer, die Orden sterben aus. Die Religion spielt keine Rolle mehr im öffentlichen Leben. Die Gesetze nehmen keine Notiz von der christlichen Wahrheit. Die Bücher des Atheisten Dawkins werden in Millionenauflage verbreitet, vor allem sein Buch „Der Gotteswahn“, „Der Schöpfungswahn“. Der kämpferische Atheismus gibt keine Ruhe. In der SPD will sich ein Arbeitskreis bilden von Laizisten, die also gegen jede öffentliche Äußerung der Religion Stellung beziehen. In Mainz, meine lieben Freunde, in Mainz, hat sich eine Ortsgruppe gebildet: „Gottlose Humanisten“, eine Ortsgruppe „Gottlose Humanisten“. Sie trifft sich an jedem ersten Mittwoch im Monat in Restaurant Schwayer im Volkspark.

Was ist in dieser Lage, die ich ja nur in kurzen Zügen beschrieben habe, was ist in dieser Lage zu tun? Ist es nicht so, dass über dem Leben der Gegenwart die ganze furchtbare innere Friedlosigkeit der Völker steht, die Mißachtung fundamentaler Sittengesetze, die offene Absage an den persönlichen Gott, die laute Propaganda für den Austritt aus der Kirche? So ist es doch. Und was ist zu tun? Was können wir tun? Was müssen wir tun, meine lieben Freunde? An erster Stelle gläubig bleiben, sich nicht irremachen lassen, Argumente suchen gegen die Schlagworte des Unglaubens. Wir haben die besseren Gründe. Wir geraten nicht in Verlegenheit, wenn man die Evolutionstheorie gegen den Gottesglauben ausspielen will. Der Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat, lenkt auch die Evolution. Die Evolution macht Gott nicht überflüssig, sie bestätigt sein Dasein. Sie bestätigt seine Macht, und sie bestätigt seine Intelligenz.

Was müssen wir tun? In Gott leben. Gottes Gedanken, Absichten, Ziele uns zu eigen machen. Jeden Tag darüber nachdenken: Was will Gott heute von mir? Wie kann ich ihm heute dienen? Wie kann ich seine Sache fördern? Wie kann ich seine Ehre mehren? Wir brauchen Menschen, die in Gott leben, um über Gott sprechen zu können.

Was sollen wir tun? Mitnehmen. Die anderen mitnehmen zum Hochzeitsmahl, sie mitnehmen in der rechten Verfassung, im unerschütterlichen Glauben, in der untrüglichen Hoffnung auf das ewige Leben, in der werktätigen Liebe zu Gott und zu den Menschen, sie anstecken mit unserem Glauben, werben für unsere Kirche.

Was sollen wir tun? Nicht verzagen, meine lieben Freunde. Es ist nicht aussichtslos. Es ist nicht vergeblich, für Gott zu arbeiten, für die Kirche zu werben. Der Mensch, jeder Mensch hat eine unausrottbare Anlage für Gott. Er stammt von Gott, und er geht zu Gott. Seine Gottverwiesenheit ist unsere große Chance, die uns niemand entreißen kann. Wir müssen ihr nur mit Gottes Hilfe zum Durchbruch verhelfen.

Nicht müde werden, nicht sagen: Ach, ich bin alt, ich bin verbraucht, ich bin erschöpft, ich möchte Ruhe haben. Nein, wir Alten, die wir um Gott und seine Kirche wissen, wir müssen die Fackel weitertragen. Ich kenne einen Rechtsanwalt, einen alten Rechtsanwalt; er ist herzkrank. Aber er ist unermüdlich in der Bewahrung des Glaubens und in der Sorge für den Gottesdienst. Er gibt seinen Dienst nicht auf. Er sagte zu mir: „Ich hatte mir meinen Lebensabend anders vorgestellt.“ Ausruhen können wir uns in der Ewigkeit. Ich begreife es nicht und werde es nicht begreifen, wie sich Geistliche mit 70 Jahren in den Ruhestand verabschieden können, wenn sie körperlich dazu in der Lage sind, den Dienst weiter zu versehen. Ich begreife das nicht. Heute ist keine Zeit für den Ruhestand.

Was können wir tun? Wir müssen auch unsere eigene Verfassung so gestalten, dass wir würdig sind, zum Hochzeitsmahl des Herrn einzugehen. Wir müssen das hochzeitliche Gewand anlegen. Und was ist das? Das ist die heiligmachende Gnade, das ist der Gnadenstand. Es ist ein schrecklicher Gedanke, dass es Menschen, zahllose Menschen gibt, führende Menschen, die im Zustand der Todsünde leben, im Unheilsstande verharren. Das heißt wahrhaftig Gott herausfordern. Nichts Heilswirksames tun können, weil die Gnade fehlt. Darum müssen wir drauf hinarbeiten, dass die Menschen sich bekehren, heute sich bekehren, nicht morgen, kein frevelhaftes Spiel mit dem barmherzigen Gott treiben, nicht sich vertrösten auf später, sonst kommt das furchtbare Wort auch über sie: „Bindet ihn und werft ihn hinaus in die Finsternis!“

Meine lieben Freunde, der Herr hat dem Gleichnis einen denkwürdigen Abschluß gegeben: „Viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.“ Es gibt Schrifterklärer, die versuchen, den erschreckenden Ernst dieses Wortes abzuschwächen. Diejenigen, die das tun, verweise ich auf die Bergpredigt des Herrn, wo es heißt: „Gehet ein durch die enge Pforte, denn weit ist das Tor und breit der Weg, der zum Verderben führt, und viele sind es, die ihn gehen. Eng ist die Pforte und schmal der Weg der zum Leben führt, und nur wenige sind es, die ihn finden.“ Das ist der Kommentar zu diesem Wort: „Viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.“ Der Ruf Gottes ergeht an alle, aber nur wenige leisten ihm Folge. Das heißt: Klein ist die Zahl derer, die das Heil wirklich erreichen. Heute, meine lieben Freunde, heute, wenn wir seine Stimme hören, dürfen wir unsere Herzen nicht verhärten.

Amen.

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