Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
13. Mai 2001

Das äußere Zeichen des Taufsakramentes

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Zu Pfingsten ist der sogenannte Evangelische Kirchentag geplant, und zu diesem Fest hat man sich etwas Besonderes ausgedacht, es soll nämlich ein Abendmahl gehalten werden mit Brot, Käse, Früchten und Saft. Das Abendmahl, das Jesus gehalten hatte, war anderer Art. Zu solchen Abwegigkeiten kommt man, wenn man in einer religiösen Gemeinschaft ist, die kein von Gott eingesetztes, unfehlbares Lehramt besitzt, welches untrüglich und unveränderlich an dem, was Christus angeordnet hat, festhält.

Die Begebenheit, die an Pfingsten stattfinden soll, gibt uns Anlaß, über das Zeichen, über das äußere Zeichen des Taufsakramentes nachzudenken. Wir sagten ja: Ein Sakrament besteht aus einem äußeren Zeichen und einer inneren Gnade. Die innere Gnade wird Gegenstand unserer Überlegungen am nächsten Sonntag sein, aber heute wollen wir uns Gedanken machen über das äußere Zeichen der Taufe. Das klingt sehr einfach, nicht wahr, denn wir alle wissen, daß Wasser über das Haupt des Täuflings gegossen wird und dabei bestimmte Worte ausgesprochen werden. Und tatsächlich: Abwaschung und Anrufung der Dreifaltigkeit, das macht das äußere Zeichen der Taufe aus, das ist Materie und Form des äußeren Zeichens, Materie das Wasser und Form die Anrufung des dreifaltigen Gottes. Was scheinbar selbstverständlich ist, ist es aber in Wirklichkeit nicht, denn es hat immer wieder Mißverständnisse und Mißbräuche gegeben, gegen die sich die Kirche hat zur Wehr setzen müssen.

Als im Jahre 1439 die schismatischen Armenier – für kurze Zeit leider nur – zur katholischen Kirche zurückkehrten, hat ihnen die Kirche ein bestimmtes Lehrdokument übergeben, in dem auch bezüglich der Taufe ausführlich dargelegt wird, worin Materie und Form des äußeren Zeichens bestehen. Da heißt es: „Die erste Stelle von allen Sakramenten hat die heilige Taufe, die Pforte des geistlichen Lebens, denn durch sie werden wir Glieder Christi und eingefügt in den Leib der Kirche. Materie dieses Sakramentes ist wahres und natürliches Wasser, gleichgültig, ob warm oder kalt. Die Form ist: ,Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes‘, doch leugnen wir nicht, daß die Taufe auch durch folgende Worte wirklich vollzogen wird: ,Es wird getauft der Knecht Christi im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes‘ oder: ,Durch meine Hände wird getauft im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes der Knecht Christi.‘ Die Hauptursache, aus der die Taufe ihre Kraft hat, ist die heiligste Dreifaltigkeit, die werkzeugliche Ursache ist der Spender, der äußerlich das Sakrament vermittelt. Wenn deshalb, verbunden mit der Anrufung der heiligsten Dreifaltigkeit, die Handlung (auch durch die Worte) ausgesprochen wird, die der Spender ausführt, so wird das Sakrament gespendet.“ Sie haben schon aus diesem Text ersehen können, daß es verschiedene Formen der Taufspendung gegeben hat und geben kann, nämlich das Wasser kann kalt oder warm sein. Das ist von Bedeutung, etwa in Gegenden, wo es im Winter sehr kalt wird. Wenn man ein Kind mit eiskaltem Wasser taufen würde, könnte es krank werden und sterben; also wird man das Wasser erwärmen. Aber damit ist nicht alles gesagt, denn nicht nur die Temperatur des Wassers, sondern auch die Taufweise kann verschieden sein. Sie kann geschehen durch Untertauchen, durch Aufgießen und durch Besprengen, Untertauchen, Aufgießen und Besprengen. Sie selbst kennen aus der Erfahrung nur eine Weise der Taufspendung, nämlich durch Aufgießen. Sie haben schon bei Verwandten oder Bekannten miterlebt, wie der Priester Wasser über das Haupt des Täuflings schüttet und dabei die entsprechenden Worte ausspricht. Aber es gibt auch heute noch Gegenden im Christentum, in denen die Taufe durch Untertauchen gespendet wird, und das war die ursprüngliche Taufweise. Als der Diakon Philippus im Heiligen Land unterwegs war, da traf er einen Mann, nämlich den Kämmerer der Königin Kandake aus Äthiopien. Dieser Mann war aus seiner Heimat nach Palästina gekommen, um dort anzubeten; er hatte also den jüdischen Glauben angenommen. Er las auf seinem Wagen in dem Buch des Propheten Isaias, aber er verstand nicht, was er las. Der Diakon Philippus erklärte es ihm. Er zeigte ihm, daß von dem leidenden Gottesknecht die Rede ist und daß dieser leidende Gottesknecht niemand anderes als Jesus von Nazareth ist.  Es gelang ihm, den Kämmerer zu bekehren. Da kamen sie an einem Wasser vorbei, an einem Bach. Da sagte der Kämmerer zu Philippus: „Was hindert, daß ich getauft werde? Hier ist Wasser.“ Und so stiegen sie aus dem Wagen, sie gingen in den Bach, und Philippus spendete dem Kämmerer der Königin Kandake die Taufe.

Man kann die Taufe in fließendem Wasser spenden, man kann sie aber auch in stehendem Wasser spenden, das ist wieder ein Unterschied. Der heilige Thomas bevorzugt die Taufspendung durch Untertauchen. Warum? Weil das Untertauchen ein deutlicheres Bild der Wirkung der Taufe ist. Er sagt folgendes: „Manchmal kann eine Notlage entstehen aus Mangel an Wasser oder aus Schwäche des Spenders, der den Täufling nicht halten kann, oder auch aus Schwäche des Täuflings, dem aus dem Untertauchen Todesgefahr erwachsen könnte. Darum muß man sagen, daß das Untertauchen zur Taufe nicht notwendig ist, aber durch das Untertauchen – jetzt kommt das Entscheidende – wird das Urbild (der Taufe), nämlich das Begräbnis Christi deutlicher dargestellt. Deshalb ist diese Taufart die allgemeinere und lobenswertere.“ Also das ist der Grund, warum sich Thomas von Aquin für das Untertauchen ausspricht. Es stellt das Begrabenwerden Christi und seine Auferstehung deutlich heraus. Denn das ist ja die Wirkung der Taufe: die Anteilnahme am Sterben und Auferstehen Christi, und die soll nach Möglichkeit durch das Zeichen abgebildet werden, und sie wird nirgends deutlicher abgebildet, als wenn man eben den Körper untertaucht und er dann aus dem Wasser wieder hervorkommt. So wird Tod und Auferstehung an ihm abgebildet und ihm geistlicherweise übertragen.

Ist denn dann das Aufgießen und das Besprengen überhaupt zu rechtfertigen? O ja, Thomas sagt es ja, nämlich es kann Mangel an Wasser sein, oder es kann eine Schwäche des Spenders sein oder eine Schwäche des Täuflings, die diese Taufweisen empfehlen. Auch bei dem Aufgießen oder bei dem Besprengen wird ja der menschliche Leib oder ein Teil dieses Leibes unter das Wasser gebracht, wie der Leib Christi unter die Erde gebracht wurde. Also jetzt verstehen wir, was das äußere Zeichen des Taufsakramentes versinnbildet. Es versinnbildet das Begrabenwerden und das Auferstehen Christi. So hat es Paulus gelehrt im Kolosserbrief: „Ihr seid doch mit ihm in der Taufe begraben worden“ – begraben worden eben durch das Untertauchen – „und in ihm auferstanden.“ Dasselbe lehrt er im Römerbrief: „Ihr alle, die ihr auf Christus Jesus getauft seid, seid auf seinen Tod getauft, denn mitbegraben – mitbegraben! – sind wir mit ihm durch die Taufe auf den Tod, damit, wie Christus auferstanden ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir einen neuen Lebenswandel führen.“

Das ist die eine Bedeutung der Taufe, die eine Anzeige der Wirkung, nämlich Anteilgabe an dem Tod und an der Auferstehung Christi. Gleichzeitig aber hat das Begießen mit Wasser natürlich noch eine andere Bedeutung, nämlich die Abwaschung. Selbstverständlich ist die Taufe ein Abwaschung; sie wäscht ja die Sünden ab, und das wird angedeutet, indem der Leib mit Wasser benetzt und bespült wird. Die Taufe ist also in jedem Falle auch Abwaschung, und wir wissen von Anfang an, daß nicht immer durch Untertauchen getauft wurde. Überlegen Sie einmal: Am Pfingstfest haben sich dreitausend Leute in Jerusalem bekehrt. Ja, wie sollte man denn die dreitausend in Jerusalem, wo kein Fluß ist, taufen, wenn man nur durch Untertauchen getauft hätte? Also auch damals wurde schon durch Aufgießen getauft, und das erfahren wir in einer Schrift, die kurz nach dem 1. Jahrhundert entstanden ist, nämlich der Zwölf-Apostel-Lehre. In der Zwölf-Apostel-Lehre heißt es: „Wenn du kein fließendes Wasser hast, dann taufe in einem anderen Wasser (also in einem stehenden). Wenn du nicht in kaltem Wasser taufen kannst, tue es im warmen. Wenn du beides nicht hast, gieße dreimal Wasser auf den Kopf auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!“ Also schon etwa im Jahre 120 haben wir eine Schrift, die uns bezeugt, daß die Taufe durch Aufgießen erfolgte. Das ist auch eine Art Untertauchen. Wenn auch nicht der ganze Körper, aber immerhin ein Teil des Körpers, vor allem der Kopf, wird unter das Wasser gebracht. Und so ist auch die Symbolik des Begrabenwerdens selbst in diesem Vorgang noch enthalten.

Sagen Sie nicht, das sei unwichtig, meinen Sie nicht, das sei überflüssig! Es hat nichtkatholische Religionsdiener gegeben und es gibt solche, die taufen, indem sie den Finger in Wasser halten und dann ein Kreuzzeichen machen. Eine solche Taufe ist ungültig. Hier wird nicht abgewaschen, hier wird auch nicht ein Gleichbild mit dem Begrabenwerden vorgenommen, sondern hier geschieht gar nichts; das ist eine leere Zeremonie. Deswegen müssen wir uns genau unterrichten, wie die wahre Taufweise beschaffen ist.

Dazu kommt dann das Aussprechen der Worte. Wir wissen, daß heute getauft wird im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Denn die Taufe ist ein Glaubenszeichen, ein Gnadenzeichen, ein Gotteszeichen, ein Zeichen des dreifaltigen Gottes. Deswegen wird getauft im Glauben an den dreifaltigen Gott. Aber auch hier kann es natürlich Verschiedenheiten geben und hat es im Laufe der Geschichte Verschiedenheiten gegeben. Im Anfang des 3. Jahrhunderts lebte in Rom ein Mann, ein Priester mit Namen Hippolyt. Dieser gelehrte Priester hat uns eine Schrift hinterlassen: „Apostolische Überlieferung“. In dieser Schrift schildert er uns den Taufvorgang, wie er damals in Rom vorgenommen wurde, und zwar geschah das folgendermaßen: Der Täufling wurde dreimal gefragt, ob er glaube an Gott den Vater, ob er glaube an Christus, seinen Sohn, ob er glaube an den Heiligen Geist. Und jedesmal, wenn er diese Frage bejahte, wurde er untergetaucht. In der damaligen Zeit war also das Zeichen, Materie und Form, darin zu erblicken, daß das Untertauchen verbunden war mit dieser dreimaligen Frage und mit der dreimaligen Antwort. Die Form bestand in der dreimaligen Frage „Glaubst du?“ und in der dreimaligen Antwort „Ich glaube“. Es war also nicht so, wie wir es heute vor uns haben, daß der Täufer spricht: „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“, sondern aus dem Zusammen von Fragen und Antworten ergab sich die Form der Taufe.

Ganz klar ist, daß hier das Wesentliche der Taufe gewahrt ist, nämlich das Bekenntnis zum dreifaltigen Gott. Ohne dieses Bekenntnis wäre die Taufe unnütz. Ja, es besteht sogar die Möglichkeit, daß eine Zeit lang in manchen Gegenden der Kirche die Taufe auf den Namen Jesu gespendet wurde, nur auf den Namen Jesu. In der Apostelgeschichte und bei Paulus wird uns berichtet von einer Taufe im Namen Jesu Christi: „Taufe auf den Namen des Herrn Jesus, Taufe auf Jesus Christus, Taufe auf Christus!“ Das könnte bedeuten, daß es zeitweise eine Taufe gab, in der die Dreifaltigkeit nicht genannt wurde, aber sie selbstverständlich eingeschlossen war, weil eben Jesus Christus nichts ist, wenn er nicht der Sohn des ewigen Vaters und der Sender des Heiligen Geistes ist. Aber es scheint eine solche Taufe gegeben zu haben. Die Kirche hat freilich diese Form der Taufe abgeschafft; sie hat sie nicht auf Dauer zugelassen. Sie ist von großen Päpsten als nicht mehr zulässig erklärt worden, und deswegen darf sie auch heute nicht mehr in dieser Weise gespendet werden. Aber man wird nicht annehmen müssen, daß diejenigen, die diese Taufe auf den Namen Jesu gespendet haben, ungültig getauft haben. Es gab eine Zeit, in der die Kirche diese Form der Taufe als gültig anerkannt hat.

Im Neuen Testament wird oft das Glück und die Freude der Taufe ausgesprochen. Im Epheserbrief heißt es: „Ihr Männer, liebet eure Frauen, so wie Christus die Kirche geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen, indem er sie reinigte im Wasserbade durch das Wort des Lebens.“ Und damit sind wir alle gemeint: Er reinigte sie im Wasserbade durch das Wort des Lebens. Jeder von uns kann in die Lage kommen, eine Nottaufe spenden zu müssen. Dann wissen wir, wie wir es zu tun haben. Jeder von uns kann auch Zeuge bei einer Taufe sein. Dann soll er beobachten, ob die Taufe richtig und gültig vorgenommen wird. Es hat sich ja heute im sakramentalen Bereich eine große Willkür eingenistet. Da ist es notwendig, genau zu wissen, was nach Gottes Willen und nach der Erklärung der Kirche zu geschehen hat, damit Christen aus Ungetauften gemacht werden. Wir wissen es, daß das Wasser über den Scheitel oder über den Körper des Täuflings fließen muß, nicht bloß darauf tippen. Es muß fließen, denn nur fließendes Wasser ist ein Bild der Abwaschung. Und wir wissen, daß dabei gesprochen werden muß: „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ In Treue zum Taufbefehl, in Treue zum Missionsbefehl unseres Herrn und Heilandes.

Amen.

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