Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
29. Mai 1997

Eucharistie ist Glaubensprobe

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte zur Feier des eucharistischen Opfersakramentes Versammelte!

Der Herr selber hat eine Katechese über das eucharistische Opfersakrament gehalten. Sie findet sich im 6. Kapitel des Johannesevangeliums. „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wenn einer von diesem Brote ißt, wird er leben in Ewigkeit. Das Brot aber, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.“ Der Herr hat diese Katechese mit einer gewissen Schärfe und Unerbittlichkeit gehalten. Denn als sich dagegen Widerspruch erhob, hat er ihn nicht durch Abschwächung seiner Worte besänftigt, sondern durch Verstärkung und Verschärfung seiner Worte zurückgewiesen. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und sein Blut nicht trinken werdet, habt ihr kein Leben in euch. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat ewiges Leben, und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage. Denn mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise und mein Blut ist wahrhaft ein Trank.“ Jesu Aussage haben manche seiner Jünger nicht vertragen. „Diese Rede ist hart; wer kann sie hören?“ So entgegneten sie ihm. Und der Evangelist Johannes, der ja ein Augen- und Ohrenzeuge war, fügt hinzu: „Von dieser Stunde an wanderten viele nicht mehr mit ihm; sie zogen sich zurück.“ Sie haben die Glaubensprobe nicht bestanden. Sie haben sie nicht bestanden, obwohl sie die vorangehenden Zeichen miterlebt hatten, die Speisung der Fünftausend, die Stillung des Seesturmes. Sie hatten die Macht des Herrn erlebt. Aber das, was er ihnen jetzt unterbreitete, war für ihr Begreifen zuviel. Sie haben vor dieser Glaubensprobe versagt.

Eucharistie ist Glaubensprobe. Wie man zur Eucharistie steht, das ist entscheidend für den ganzen Glauben eines Christen. Alles andere, die Gottheit Christi, die Dreifaltigkeit, die wunderbaren Begebnisse im Leben unseres Heilandes werden gedeckt von dem Glauben, den wir dem eucharistischen Opfersakrament zuwenden.

Wenn man stirbt, macht man sein Testament. Man hinterläßt das Kostbarste, was man besitzt, lieben Menschen. So hat es auch der Herr getan. Am Abend vor seinem Leiden nahm er Brot in seine heiligen und ehrwürdigen Hände, segnete es, brach es und gab es den Jüngern: „Nehmet und esset davon, das ist mein Leib.“ Und wenig später nahm er den Kelch in seine heiligen und ehrwürdigen Hände und gab ihn den Jüngern: „Trinket daraus, das ist mein Blut, das für euch hingegeben wird.“ Der Herr hat keinen Kommentar geboten, er hat keine Erklärung beigefügt. Er hat das Geheimnis gegeben und den Glauben verlangt. Eucharistie ist Glaubensprobe! Die Jünger aber, die Apostel haben diese Glaubensprobe bestanden. Sie haben die Eucharistie hineingenommen in die Kirche, und man spürt noch das Beben, das den Apostel Paulus bewegt, wenn er unangemessenes Betragen bei dieser Feier des eucharistischen Opfersakramentes beklagt. „Wer unwürdig dieses Brot ißt oder den Kelch des Herrn trinkt, der macht sich schuldig des Leibes und Blutes des Herrn. Der Mensch soll sich selbst prüfen, und so esse er von dem Brot und trinke aus dem Kelch. Denn wer ohne Selbstprüfung ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich selbst das Gericht, weil er den Leib des Herrn nicht unterscheidet.“ Das sind außerordentlich ernste, ja unerbittliche Worte, mit denen der Apostel die Christen anruft, sich der Glaubensprobe, welche die Eucharistie bedeutet, zu stellen. Und die Christen haben sie jahrhundertelang bestanden. Ein ganzes Jahrtausend erhob sich kein ernsthafter Widerspruch gegen den vollen Inhalt des eucharistischen Opfersakramentes. Erst als die sogenannte Reformation begann, haben Menschen an diesem Geheimnis gerüttelt. Luther hat die Messe verurteilt und verabscheut und erklärt, Christus sei nur im Augenblick des Genusses gegenwärtig, also nicht vorher und nicht nachher. Calvin ging noch weiter. Für ihn ist in der Eucharistie nur eine Kraft von Jesus enthalten, nicht sein Leib, nicht seine Person. Und Zwingli zog die Linie bis zu Ende aus, indem er die Eucharistie nur als ein Zeichen, als ein Bild, als ein Symbol für irgendetwas anderes ausgab. Wahrhaftig, meine Christen, wenn man die Eucharistie von Menschen hätte erfinden lassen, dann wäre sie so ausgefallen wie Luther, Calvin oder Zwingli sie gelehrt haben. Aber sie ist nicht von Menschen entstanden, sie ist nicht von Menschen geschaffen worden. Sie ist von dem, der am Herzen des Vaters geruht hat, eingesetzt worden. Eucharistie ist Glaubensprobe, und die sogenannten Reformatoren haben diese Glaubensprobe nicht bestanden.

Auch heute ist und bleibt die Eucharistie eine Glaubensprobe. Für das Dasein Gottes gibt es Beweise. Man kann aus der Natur auf den Schöpfer der Natur schließen, und diese Beweise werden immer gültig bleiben. Aber für die Eucharistie gibt es keinen anderen Beweis als das Wort und die Person unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus. An der Eucharistie entscheidet sich, wie man zu unserem Herrn und Heiland Jesus Christus steht. Die Eucharistie ist der Maßstab dafür, was wir von Jesus Christus halten.

Wir alle wissen, daß es heute die Figur des nichtpraktizierenden Katholiken gibt. Das sind jene katholisch getauften Christen, die an den Altären des Schenkens vorübergehen, die dem eucharistischen Opfersakrament den Rücken kehren, für die die Realität des eucharistischen Geschehens nicht existiert. Das ist die eine Weise, wie heute die Glaubensprobe nicht bestanden wird. Die andere Weise ist vielleicht noch schlimmer, nämlich wenn man ungläubig und ehrfurchtslos am eucharistischen Geschehen teilnimmt. Hier ist der Verrat ins Herz vorgedrungen, ins Herz der Kirche, ins Herz des Geschehens. Da sind diejenigen, die fernbleiben, ehrlicher. Man kann sich also auf zwei Weisen gegen die Glaubensprobe, welche die Eucharistie bedeutet, verfehlen, indem man dem eucharistischen Geschehen die kalte Schulter zeigt oder indem man, äußerlich gesehen, daran teilnimmt, aber – wie es einmal der Kardinal Döpfner sagte – zur Kommunion geht, wie man früher das Weihwasser nahm.

Wir, die wir uns bemühen, die Glaubensprobe zu bestehen, wir wollen ebenso wie die Apostel an dem vollen Inhalt des eucharistischen Opfersakramentes festhalten. Der Herr hat damals, als Jünger von ihm abgingen, die Apostel gefragt: „Wollt auch ihr gehen?“ Da hat Petrus das wunderbare Bekenntnis abgelegt, ein Bekenntnis zum Herrn und Heiland, aber auch zum eucharistischen Opfersakrament: „Herr, zu wem sollten wir gehen? Du allein hast Worte des ewigen Lebens. Wir haben geglaubt und erkannt, daß du der Heilige Gottes bist.“

Amen.

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