Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
24. August 1986

Die Verfehlungen gegen den Namen Gottes

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

„Du sollst den Namen Gottes nicht eitel nennen!“ So heißt das 2. Gebot Gottes. Am vergangenen Sonntag haben wir erkannt, was das positiv bedeutet und von uns verlangt, nämlich Ehrfurcht vor Gott und allem, was mit Gott in Beziehung steht, zu haben. Heute wollen wir sehen, was negativ in diesem Gebot enthalten ist, d.h. was es verbietet, was wir meiden und wovor wir uns hüten müssen, wenn wir dem Gebote Genugtuung leisten wollen: „Du sollst den Namen Gottes nicht eitel nennen!“

Das Gebot verbietet erstens, daß wir den Namen Gottes leichtfertig aussprechen. Der Name Gottes ist heilig. Er hat seine Stelle im Gebet, im Rufen zu Gott, im Gottesdienst. Aber er ist nicht ein Kraftausdruck. Er ist auch nicht ein Verlegenheitsausdruck. Er ist nicht ein Ausdruck des Jammers und der Klage oder auch des Entzückens. Wir dürfen also den Namen Gottes nicht bei allen möglichen Gelegenheiten gebrauchen, die dafür gar nicht geeignet sind. „Mein Gott, mein Gott!“ Wie leicht kommt das über unsere Lippen, auch wenn es gar nicht religiös gemeint ist.

Die Menschen gebrauchen den Namen Gottes zu unbedacht. Dadurch wird der Name Gottes entweiht, entheiligt, seiner eigentlichen Bedeutung entfremdet. Wir sollten uns andere Ausdrücke, die ja vielleicht psychologisch notwendig sind, um eine gewisse Entlastung zu bewirken, angewöhnen, etwa statt „Mein Gott“ „Meine Güte“. Das ist eine gewisse Hilfe für solche Verlegenheitssituationen, in denen wir nach einem Wort suchen, das unsere innere Stimmung zum Ausdruck bringt. Aber wir sollten uns abgewöhnen, Gott, den Himmel, den Herrgott, das Sakrament oder irgend etwas, was mit Gott in Verbindung steht, leichtfertig auszusprechen. Und wir sollten es bei anderen höflich, schonend selbstverständlich, rügen, wenn sie den Namen Gottes leichtfertig im Munde führen. „Du sollst den Namen Gottes nicht vergeblich gebrauchen!“ So heißt es im Alten Bunde. Vergeblich heißt eben in einer Lage, wo er gar nicht angemessen gebraucht wird.

Viel schlimmer freilich als der leichtfertige Gebrauch des Namens Gottes ist zweitens das Fluchen. Was ist das Fluchen? Das Fluchen ist das Anwünschen von Bösem im Zorne unter Anrufung des Namens Gottes. Wer flucht, der wünscht einer Person oder einer Sache im Zorn unter Anrufung Gottes Böses. Fluchen ist die Sprache der Hölle. Man kann einen Menschen nach seiner Sprache beurteilen, sein Herkunftsland feststellen, wenn er den Mund auftut. Die Kirchenväter sind einmütig der Auffassung, daß der Flucher, daß der gewohnheitsmäßige Flucher ein Mensch ist, der zur Hölle unterwegs ist. Das Fluchen kann man beobachten bei der Arbeit. Wenn etwas nicht gelingt, dann fluchen die Menschen, verfluchen ihr Werkzeug. Man kann es aber auch erleben bei Menschen. Der heilige Augustinus berichtet von einer Mutter, die von ihren Kindern geschlagen wurde, die daraufhin ihre Söhne verflucht hat. Die Söhne wanderten unstet umher, ruhelos, beladen mit dem Fluche der Mutter, bis sie in Hippo, also in seiner Bischofsstadt, durch die Auflegung der Reliquien des heiligen Stefanus geheilt wurden.

Gott scheint den Flucher häufig damit zu bestrafen, daß er den Fluch in Erfüllung gehen läßt. Der Landmann, der unter Flüchen sein Land beackert, wird gestraft durch Mißwachs. Der Arbeiter, der seine Arbeit verflucht, wird durch Mißlingen der Arbeit gestraft. Die mißhandelte Kreatur steht gleichsam auf gegen den Mißhandler. So ist also das Fluchen gewöhnlich, wenn es mit Überlegung getan wird, eine schwere Sünde. Es ist eine Sünde, die zur Gewohnheit werden kann, und die gewohnheitsmäßige Sünde des Fluchens ist ohne Zweifel eine solche, daß sie vom Reiche Gottes ausschließt.

Was an dritter Stelle durch das 2. Gebot Gottes verboten wird, ist unehrerbietiges Verhalten gegenüber heiligen Personen, gottgeweihten Personen, gegen gottesdienstliche Handlungen und gegen heilige Orte. Gott setzt sich eben gleich mit seinen Dienern, mit seinen Priestern, mit seinen Propheten, und wer sie anrührt, der rührt ihn an. Die Priester und Propheten, die vor Gott versagen, werden ihre furchtbare Strafe erleiden. Aber das hindert nicht, daß aufgrund ihrer Funktion und ihres Dienstes Gott sich mit ihnen identifiziert. „Wer euch hört, hört mich.“ Aber auch: „Wer euch verachtet, der verachtet mich.“ Es ist deswegen gefährlich, die Diener Gottes anzugreifen. Ebenso ist es bedenklich, heilige Handlungen oder heilige Gegenstände unehrerbietig zu behandeln. Aus dem Alten Bunde wird uns mehrfach von solchen Freveln berichtet. Die Söhne des Hohenpriesters Heli störten die Opferhandlungen. Sie stahlen das Opferfleisch, nahmen das beste Fleisch, das da von den Israeliten gebracht wurde, für sich und sie wurden furchtbar gestraft. Der Israelit Oza wagte es, die Bundeslade zu berühren, dieses heilige Gerät, das die Gegenwart Gottes versinnbildete. Er fiel augenblicklich tot um. Der König von Ozias drang in das Heiligtum ein und wollte hier räuchern. Er wurde dafür mit dem Aussatz bestraft. Und die Knaben, die dem Propheten Elisäus verspotteten: „Kahlkopf! Kahlkopf“, wurden von Bären zerrissen. Das alles sind Beispiele, wie Gott sich für sein Eigentum und für seine Diener einsetzt. Es ist gefährlich, mit Gottes Eigentum zu spielen oder seinen Spott zu treiben.

An vierter Stelle verbietet das 2. Gebot die Gotteslästerung. Gotteslästerung begeht, wer gegen Gott, seine Heiligen oder heilige Gegenstände Schmähworte ausstößt. Die Gotteslästerung hat eine alte Geschichte, und immer in Zeiten besonderer Krisen wächst die Gotteslästerung furchtbar an. Im Kriege wurde einmal ein verwundeter Soldat, der vom Glauben abgefallen war, in ein katholisches Krankenhaus gebracht. An der Wand des Krankenhauses hing ein Kreuz mit unserem Heiland. Als er es sah, da fing er an zu schreien und zu toben: „Hängt den Kerl ab! Hängt den Kerl ab!“ Das war eine Gotteslästerung, denn unser Herr und Heiland ist kein Kerl! Er ist gebenedeit in alle Ewigkeit!

Wer Menschen Eigenschaften zuschreibt, die nur Gott zukommen, ist auch ein Gotteslästerer. Als die Israeliten beim König Herodes riefen: „Nicht eines Menschen, sondern eines Gottes Stimme,“ da lästerten sie Gott. Auch wer von Gott verächtlich spricht, lästert ihn. Vom König Alphons von Aragonien wird berichtet, daß er einmal gesagt hat: „Wenn ich bei der Schöpfung dabei gewesen wäre, hätte ich Gott gesagt, wie er es hätte besser machen sollen.“ Das ist eine Gotteslästerung. Gott lästert auch, wer einen Gottesraub begeht. Der Gottesraub besteht darin, daß man mit Gott in Beziehung stehende Dinge oder Handlungen in schimpflicher Weise behandelt. Die schlimmste Form des Gottesraubes ist der unwürdige Empfang der Sakramente, ein Sakrileg. Der unwürdige Empfang der Sakramente raubt Gott etwas, was dem Menschen nicht zusteht, weil er nicht würdig ist. Und es ist zu den furchtbarsten Geschehnissen unserer Zeit zu rechnen, daß über den Gottesraub nicht mehr gepredigt und nicht mehr gelehrt wird, ja daß von manchen Geistlichen der unwürdige Empfang der Sakramente gleichsam forciert wird. Heilig das Heilige behandeln, das ist ein ehernes Gesetz im Reiche Gottes. Die Gotteslästerung ist schlimmer als alle anderen Sünden, denn die anderen Sünden wenden sich nur mittelbar gegen Gott, indem sie eben seine Geschöpfe unangemessen behandeln. Die Gotteslästerung dagegen richtet sich unmittelbar gegen Gott. Das ist eine Sünde mit erhobener Hand. Hier versucht der Mensch, am Throne Gottes zu rütteln. Das ist eine der furchtbarsten Sünden, die der Mensch begehen kann. Und Gott läßt seiner nicht spotten!

Der König Belsazar von Babylonien hatte die heiligen Geräte aus dem Tempel von Jerusalem geraubt, und als ein Zechgelage im Gange war, da ließ er sie bringen und trank aus ihnen mit seinen Genossen. Da erschien die Hand an der Wand, die da schrieb: „Mene – tekel – phares“ – gezählt, gewogen und zu leicht befunden. In derselben Nacht noch drangen die Feinde in das Land ein und stürzten den König vom Throne und töteten ihn. Gott läßt seiner nicht spotten! Der assyrische König Senncherib, der gegen Gott die Hand erhob, wurde geschlagen, getötet, und von seinen Soldaten gingen 200.000 zugrunde. Der König Herodes Agrippa wurde plötzlich von heftigen Leibschmerzen befallen und starb unter entsetzlichen Qualen, wie die Schrift sagt, von Würmern zerfressen. Gott läßt seiner nicht spotten!

Wir, meine lieben Freunde, wollen uns diese furchtbaren Beispiele der Strafen Gottes zu Herzen nehmen, wollen den Namen Gottes ehren, in Ehrfurcht in unserem Herzen tragen, mit Ehrfurcht von unseren Lippen strömen lassen, wollen vor der Majestät Gottes in heiliger Ehrfurcht dienen, ihm, dem unsterblichen König, ihm, dem alles gehört, dem heiligen, dreimal heiligen, unsterblichen Gott, ihm sei unser ehrfürchtiger Dienst geweiht, jetzt und allezeit.

Amen.

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