Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
7. Mai 2017

Durch einen ehrbaren Wandel törichte Menschen zum Schweigen bringen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Der Apostel Petrus spricht in der Epistel, die ich eben verlesen habe, davon, dass die christliche Gemeinde als Übeltäter verunglimpft werde. Es ist eine Tatsache: Die Christen litten von Anfang an unter Verkennung und Verleumdung. Wie sollte es anders sein bei den Anhängern des Herrn, von dem die Juden auf dem Laubhüttenfest sagten: „Er verführt das Volk.“ Weil die Christen dem Staatskult fernblieben, weil sie einem bildlosen Gottesglauben huldigten, bezichtigte man sie des Atheismus und aller Schlechtigkeiten. Weil sie die vaterländischen Götter missachteten, machte man die Christen verantwortlich für die öffentlichen Unglücksfälle: Pest, Überschwemmung, Hungersnot, Barbareneinfälle; an allem waren die Christen schuld. Das Abendmahl wurde in grässlicher Verkennung als Schlachten und Verzehr von Kindern ausgegeben, als Gelegenheit zur Verübung von Blutschande. Man warf ihnen Aberglauben, Zauberei, Sonnenanbetung und Eselskult vor. Der römische Schriftsteller Tacitus unterstellte den Christen in seinen Analen einen verderblichen Aberglauben. Er sprach von Schandtaten und bezichtigte sie des Hasses gegen das Menschengeschlecht. Die Zeit der Verfolgungen ging vorüber. Aber nicht vorüber gingen die Anklagen gegen die Christen. Die Christenheit war lange Zeit herrschende Religion in Europa, aber dabei blieb es nicht.

Im 16. Jahrhundert stand ein abgefallener Augustinermönch auf und riss viele Länder entweder ganz oder teilweise in seinen Abfall hinein. Er arbeitete mit Agitation und Demagogie, verbreitete mündlich und schriftlich die schärfsten und ärgsten Anklagen und die schlimmsten Vorwürfe gegen die Kirche, die er verlassen hatte. Die Papstkirche, sagt Luther, ist von Christus abgefallen, sie treibt Unzucht mit dem Teufel. Die katholische Kirche ist das Reich des Antichristen. Dem Papsttum kündigte er den Tod an: „Mein Tod wird deine Pest sein.“ Mit wilder Entschlossenheit fiel Luther über die katholischen Christen her. Er gab ihnen nicht den eigenen Namen, sondern er nannte sie „Papisten“, als ob das Papsttum der Inhalt ihrer Religion wäre. „Die Papisten kümmern sich weder um die Gebote noch um die Verheißungen Gottes“, schreibt er wörtlich. „Die Papisten können weder recht beten noch sich sittlich betätigen, weil sie keinen Glauben haben. Die Katholiken sind verstockt; wider ihr Gewissen und wider ihre bessere Einsicht gehen sie nicht zum Luthertum über. Sie sind teuflischer Natur.“ Der katholische Gottesdienst muss, nach Luther, mit Gewalt ausgerottet werden, denn er ist öffentliche Gotteslästerung. Die katholischen Christen wollte er heimatlos machen: Sie müssen ausgewiesen werden. Ich kenne keine einzige Veröffentlichung unter den wissenschaftlichen Arbeiten, keine einzige, in der einmal untersucht wird, wie viele katholische Christen aus protestantischen Ländern zur Zeit der Reformation ihre Heimat verlassen mussten. Die Papisten sind, nach Luther, ärgere Feinde Deutschlands als die Türken.

Was Luther an ungerechten Vorwürfen gegen die katholische Kirche und ihre Anhänger angehäuft hat, daran hat man sich in der folgenden Zeit gehalten. Die Katholiken galten als minderwertig, man schaute auf sie mit Geringschätzung, man hielt sie möglichst von allen höheren Stellen fern, sie waren die Heloten in Deutschland, die Heloten, also die Sklaven. Von Luthers Schriften nähren sich heute noch Millionen unserer Mitbürger. Werden sie die dort angehäuften Vorwürfe übernehmen? Oder wird vielleicht unterschwellig ihr Verhalten von diesen Vorwürfen geleitet? Im 19. Jahrhundert taucht ein neuer Vorwurf gegen die katholischen Christen auf. Sie seien national unzuverlässig, sie seien keine rechten Deutschen. Getrieben zwischen Preußen und Österreich, 1866, unterstellte man den schlesischen Katholiken Neigung zu Österreich. Dafür fehlt jeder Beweis, aber selbst wenn es bewiesen werden könnte, hätte man es verstehen müssen, denn die schlesischen Katholiken wurden von den Preußen unterdrückt. Während des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 warf man den deutschen Katholiken vor, mit Frankreich zu sympathisieren. Der Patriotismus der deutschen Katholiken wurde angezweifelt. Mein Urgroßvater kehrte todkrank aus diesem Kriege zurück. Bei der Belagerung von Paris hatte er sich die tödliche Krankheit geholt. Die katholische Kirche wurde als rückständig und staatsgefährlich verdächtigt. Ihre Lehräußerungen wurden verunglimpft, der päpstliche Syllabus von 1864 wurde als Kriegserklärung gegen die moderne Kultur bezeichnet. Die Dogmatisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit auf dem Ersten Vatikanischen Konzil wurde als eine Verschlechterung, ja eine Verschiebung, eine unerträgliche Verschiebung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche beklagt. Der Ultramontanismus, d.h. also die Anhänglichkeit an das Papsttum jenseits der Berge, jenseits der Alpen, der Ultramontanismus wurde als Bedrohung für das evangelische Kaisertum und das Reich angesehen. Der Reichskanzler Bismarck brach den Kulturkampf vom Zaune gegen die katholische Kirche und gegen die katholische Bevölkerung. Die parlamentarische Vertretung der Katholiken, die Zentrumspartei, wurde als Reichsfeind bezeichnet von Bismarck.

Eine neue Phase der Diffamierung, meine lieben Freunde, der Zurücksetzung, der Verdächtigung des katholischen Volksteils setzte ein mit der Regierung von Adolf Hitler. Das nationalsozialistische Regime führte einen heimtückischen Kampf gegen den christlichen Glauben, vorwiegend aber gegen die katholische Kirche. Der Protestantismus wurde geschont, sogar begünstigt. Man sah im Protestantismus einen Bundesgenossen gegen den Katholizismus. Es war die Regierung Hitler, die eine protestantische Reichskirche schuf. Es war die Regierung Hitler, die den beiden Städten Eisleben und Wittenberg den Zusatz machte: Lutherstadt. So heißen sie noch heute: Lutherstadt Wittenberg, Lutherstadt Eisleben. Katholiken, Freimaurer und Juden wurden unter die überstaatlichen Mächte eingereiht, die angeblich das Reich bedrohten. Die Katholiken wurden als Verbündete des jüdischen Feindes bezeichnet. Die katholische Bevölkerung stand unter Generalverdacht. Praktizierende gläubige Katholiken galten als unzuverlässige Staatsbürger; man schloss sie aus von der Beförderung, von der Einstellung, von höheren Positionen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die katholischen Christen in merkwürdiger Verkehrung als Kollaborateure des Systems bezeichnet, also als solche, die sich dem Nationalsozialismus angedient hatten. Man verwies auf den Abschluss des Reichskonkordats und auf die weiterbestehenden diplomatischen Beziehungen mit dem Heiligen Stuhl. Der protestantische Schriftsteller Rolf Hochhut stellte Pius XII. als den „verächtlichsten aller Päpste“ hin, er habe sich als Täter und schweigenden Zuschauer der Judenverfolgungen zumindest der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht. Sein Schauspiel „Der Stellvertreter“ wurde an zahllosen Bühnen in Deutschland und außerhalb Deutschlands aufgeführt, zur Freude aller Katholikenfeinde. Seit Ende des vorigen Jahrhunderts häufen sich die Vorwürfe, die Katholiken seien Antisemiten gewesen, also grundsätzliche Judenfeinde. Vor allen Dingen der protestantische Autor Olaf Blaschke verbreitet diese Mär. Die Vorwürfe heben sich ja gegenseitig auf. Wenn die Nazis sagen, die Katholiken sind Judenfreunde, und die militanten Protestanten sagen, die Katholiken sind Judenfeinde, das hebt sich ja gegenseitig auf.

Alle die angedeuteten und viele andere Bezichtigungen und Beschuldigungen, Anklagen, Vorwürfe und Verdächtigungen sind entweder haltlos, also Verleumdungen, oder Verunglimpfungen und Diffamierungen, die man auf das rechte Maß zurückführen kann. Wir wollen hören, was der Apostel Petrus in seiner heutigen Epistel den Christen rät, wenn sie verdächtigt, verleumdet, verfolgt werden. Petrus meint, die Menschen, welche die Christen verleumden, sind häufig „unwissende, törichte Menschen“. Das stimmt. Es fehlt ihnen an zuverlässigen Kenntnissen über das Leben und den Wandel der katholischen Christen, sie sprechen nach, was ihnen andere vorgesagt haben, Gedankenlosigkeit und Nachahmungstrieb erklären zahllose Gehässigkeiten und Vorurteile gegen die katholischen Christen. Meine Mutter hatte eine protestantische Freundin. Und diese sagte eines Tages zu ihr: „Bei uns (bei den Protestanten) sagt man, die Katholiken seien falsch.“ Unwissenheit und Dummheit bedienen die Abneigung gegen katholische Christen. Gibt es, meine lieben Freunde, Mittel, um der Wahrheit zur Anerkennung zu verhelfen? Doch, es gibt solche Mittel. Einmal müssen wir den unwissenden und törichten Menschen zu Hilfe kommen durch Aufklärung. In Wort und Schrift müssen wir uns gegen die Vorwürfe wehren. Es gibt ein ausgebreitetes Schriftgut aus katholischer Hand, das gegen diese Vorwürfe sich mit überzeugenden Gegendarstellungen wendet. Ich erinnere z.B. an das Schriftgut des Kaplans Ulrich Filler, das ich Ihnen sehr empfehle. Dann darf man auch nicht davor zurückscheuen, das Recht anzurufen, um der Wahrheit eine Gasse zu bahnen. Das staatliche Strafrecht gibt uns in den Paragraphen über Verleumdung und üble Nachrede Waffen in die Hand, um die Ehre und das Ansehen unseres Glaubens, unserer Kirche zu schützen. Petrus gibt dann ein weiteres Mittel an, das nach seiner Zuversicht das Urteil der Menschen über die Christen umwandeln kann. Er rät den unter Anprangerung stehenden Christen: „Führt einen ehrbaren Wandel unter den Heiden, damit die, welche euch als Übeltäter verleumden, eure guten Werke sehen und Gott preisen am Tage der Heimsuchung. Das ist der Wille Gottes, dass ihr durch einen guten Wandel unwissende, törichte Menschen zum Schweigen bringt.“ Petrus war optimistisch. Er meinte, das lautere Leben der Christen sei geeignet, die unsachlichen und ungerechten Vorwürfe gegen sie aufhören zu lassen. Die Erfahrungen der Geschichte erweisen, dass diese Erwartung häufig nicht zutrifft. Die andauernde Abneigung gegen die katholischen Christen nährt die immer wiederholte Verdächtigung und Schmähung; längst widerlegte, überholte Beschuldigungen werden unaufhörlich aufgerollt. Sie werden durch den lauteren Wandel der katholischen Christen nicht zum Schweigen gebracht. Petrus hat das auch begriffen. Er hatte zwar die Hoffnung, dass die tugendhaften Christen unbehelligt bleiben würden, aber er fragte: „Wer kann euch schädigen, wenn ihr Eiferer des Guten werdet?“ Ja, wer kann euch schädigen, wenn man sich richtig verhält? Die staatlichen Gesetze beachtet, die Tugenden übt, wer kann euch schaden? Petrus weiß, dass das Gegenteil der Fall ist. „Selbst wenn ihr um der Gerechtigkeit willen leidet, seid ihr selig.“ Also er rechnet damit, dass man selbst, wenn man alle Gebote und Gesetze erfüllt, auch dann noch beschuldigt wird. „Es ist besser“, sagt er, „dass ihr, wenn es der Wille Gottes ist, für gute Werke leidet als für schlechte.“ Petrus hat also begriffen, dass selbst ein einwandfreier Lebenswandel nicht vor Bezichtigungen und Schmähungen schützt.

Es bleibt unsere Aufgabe, meine lieben Freunde, die Folgerung aus diesen übersichtlich ausgebreiteten Tatsachen und den Mahnungen des Apostels Petrus zu ziehen. Erstens: Wir dürfen uns durch Verdächtigungen und Verleumdungen, durch Schmähungen und Verunglimpfungen nicht zu einem ähnlichen Verhalten gegen unsere Feinde herausfordern lassen, wir müssen sachlich und gerecht bleiben. „Vergeltet nicht Böses mit Bösem“, mahnt Petrus, „noch Schmährede mit Schmährede.“ Zweitens: Wir dürfen uns in dem ehrbaren Wandel nicht beirren lassen. Wir katholischen Christen müssen uns auszeichnen durch Sittenreinheit und Tugend. Wir müssen wahrmachen, was der Apostel Paulus an die Philipper schrieb: „Was immer wahr, was ehrwürdig, was gerecht, was lauter, was angenehm, was wohllautend ist, was irgendwelche Tugend ist, darauf seid bedacht.“ Wir müssen uns bemühen, ohne Makel und Tadel zu leben, als Gotteskinder ohne Schuld und Fehl inmitten eines bösen und verkehrten Geschlechtes leuchten wie Sterne im Weltall. Drittens: Wir katholischen Christen müssen hervorragen durch Pflichtbewusstsein und Gewissenhaftigkeit in unserer Berufsarbeit. Wir müssen uns auszeichnen durch Leistung und Korrektheit, durch Disziplin und Zucht. Unser Streben muss dahingehen, Gott zu gefallen und den Menschen zu nützen. Ich denke immer daran, wie mir einmal ein biederer Handwerksmeister sagte: „Wir machen jede Arbeit so, als wäre sie für uns selbst.“ Unsere berufliche Tätigkeit muss einwandfrei, ja vorbildlich sein. Viertens: Dennoch sind wir gegen Unrecht, das uns angetan wird, nicht gefeit. Wenn die Wogen der Anfeindung über uns zusammenschlagen, müssen wir uns an die Mahnung des Hebräerbriefes erinnern: „Freuet euch, dass ihr an den Leiden Jesu Christi teilnehmen könnt, damit ihr auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit euch freuen könnt. Wenn ihr um des Namens Christi willen beschimpft werdet, seid ihr selig, weil der Geist der Herrlichkeit dann in euch wohnt.“

Amen. 

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