Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Über die Letzten Dinge (Teil 3)

21. Februar 1999

Vorzeichen der Wiederkunft des Herrn

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Die Wiederkunft des Herrn ist unbestimmt; aber Gott hat Vorzeichen geweissagt, die uns auf die Wiederkunft des Herrn hinweisen und vorbereiten sollen. Wir wollen am heutigen und am kommenden Sonntag die Vorzeichen betrachten, am heutigen Sonntag drei, nämlich die Verkündigung der Heilsbotschaft an alle Völker, die Bekehrung des jüdischen Volkes und die kosmischen Katastrophen.

Das erste Vorzeichen ist die Verkündigung des Evangeliums in der ganzen Welt. Der Herr sagt: „Es wird diese Frohbotschaft vom Reiche in der ganzen Welt allen Völkern zum Zeugnisse verkündet werden. Alsdann wird das Ende kommen.“ Die Völker werden also vor die Entscheidung gestellt werden für Christus und wider Christus. Es wird beim Kommen des Herrn nur noch zwei Gruppen geben, nämlich Freunde und Feinde. Die einen werden das Kommen des Herrn, den sie so lange ersehnt haben, von ganzem Herzen begrüßen, die anderen werden vor Zorn und Erbitterung vergehen, weil sie den kommen sehen, der ihre verkehrte Ordnung vernichten wird.

Die Wiederkunft des Herrn kann erst geschehen, wenn das Evangelium allen Völkern verkündet ist. Wir wissen freilich nicht, ob das schon geschehen ist. Es besteht keine völlige Sicherheit, ob der Zeitpunkt schon da ist, daß das Evangelium allen Völkern unterbreitet wurde. Warum nicht? Weil wir nicht wissen, wie groß die Menschengruppen sein müssen, die der Herr als Völker bezeichnet. Er sagt, das Evangelium muß allen Völkern verkündet werden. Aber sind darunter meinetwegen eine Milliarde Chinesen gemeint, oder müssen in dieser großen Menge von Menschen die einzelnen Stämme, die einzelnen Gruppen erst Kunde vom Evangelium erhalten haben? Es ist nicht geweissagt, daß das Evangelium jedem einzelnen Menschen unterbreitet werden wird. Der Einzelne empfängt die Botschaft im Rahmen des Volkes. So sagt ja doch der weise Simeon: „Ein Licht zur Erleuchtung der Heiden und ein Ruhm deines Volkes Israel.“ Also im Rahmen der Völker wird der Einzelne mit der Heilsbotschaft konfrontiert. Aber noch einmal: Es ist uns nicht geoffenbart, wie groß eine Menschengruppe sein muß, damit das Wort des Herrn von der Verkündigung der Heilsbotschaft an alle Völker in Erfüllung gehen wird. Man kann annehmen, daß noch nicht zu allen Völkern die Kunde vom Heil in Christus gedrungen ist. Es gibt Völker, die sich dagegen sperren, und es gibt Stämme, die von den Missionaren noch nicht erreicht sind. Wir müssen ja auch bedenken, daß die missionarische Kraft der Kirche in den letzten 30 Jahren enorm abgenommen hat. Die Kirche hat durch den Modernismus, der in sie eingedrungen ist, ein Großteil ihres missionarischen Schwunges verloren, und so kann es sein, daß dieses Versäumnis der Menschen in der Kirche, daß dieses Versagen der Menschen die Erfüllung der Weissagung des Herrn noch aufhält. Es ist auch nicht gesagt, daß, wenn die Verkündigung der Heilsbotschaft an alle Völker erfolgt ist, dann sogleich das Ende erfolgt. Es kann zwischen der Ausrichtung der Frohbotschaft und dem Ende noch eine beträchtliche Spanne Zeit vergehen. Auch von daher besteht also eine gewisse Unsicherheit, wann die Prophezeiung erfüllt sein wird.

Das zweite Vorzeichen ist die Verkündigung des Evangeliums an Israel und die Bekehrung Israels. Das Schicksal des Volkes Israel, der Juden, ist ein Rätsel, wenn man es nur mit menschlichen, mit irdischen, mit politischen Kategorien zu verstehen sucht. Man kann das Schicksal dieses Volkes nur verstehen, man kann seine Situation nur begreifen, wenn man es mit theologischen Kategorien mißt. Es ist unter alle Völker zerstreut und geht doch nicht auf. Es wird von immerwährenden Heimsuchungen betroffen und verschwindet doch nicht von der Weltoberfläche. Über diesem Volke liegt ein Geheimnis, das Geheimnis des Fluches Gottes, aber freilich auch das Geheimnis der Erwählung durch Gott. Paulus hat unter dem Schicksal des Volkes, dem er ja angehört hat, schwer gelitten. Er wußte, daß dieses Volk von Gott erwählt war, und er hat diese Erwählung beschrieben. Er hat die Vorzüge der Juden aufgezählt im Römerbrief, nämlich: „Sie sind meine Standesgenossen und sie sind Israeliten, denen die Gotteskindschaft zuteil geworden ist und die Herrlichkeit und der Bund und die Gesetzgebung und der Gottesdienst und die Verheißungen. Ihnen gehören die Väter an, und aus ihnen stammt dem Fleische nach der Messias, der Gott ist über allem, hochgelobt in Ewigkeit.“ Aber das Volk hat sich gegen seine Erwählung erhoben. Es hat sich der Rolle, die es im Heil spielen sollte, widersetzt, als es sich dem Messias versagte. Und so ist über dieses Volk der Fluch gekommen. Zu Anfang schien sich alles noch gut anzulassen. Die Massen waren von Jesus begeistert, auch wenn sie seine Sendung nie recht begriffen haben. Sie waren anhänglich; sie hielten so sehr zu Jesus, daß die Hohenpriester und die politischen Führer des Volkes, die ihm nach dem Leben trachteten, sagten: „Nur nicht am Feste, sonst gibt es einen Aufruhr beim Volke.“ Sie fürchteten das Volk, weil das Volk an ihm hing. Sie meinten, alle würden an ihn glauben, ihn als den Messias annehmen, und dann wäre es um ihre Herrschaft geschehen. Und so suchten sie ihn zu beseitigen. Aber nur nicht am Feste, damit es keinen Aufruhr gibt im Volk. Sie mußten erst das Volk umstimmen, ehe sie wagen konnten, den Messias den Heiden auszuliefern. Diese Umstimmung geschah, als Pilatus auf die unglückliche Idee verfiel, dem Volke die Wahl zu lassen zwischen dem Barabbas und Jesus. Barabbas war offenbar eine populäre Figur, und für ihn hat sich das Volk entschieden. Über Jesus aber hat es gerufen: „Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!“ So hat das Volk das Heil von sich gewiesen; so ist es dem Gericht verfallen, und dieses Gericht begleitet es durch seine ganze Existenz. Der Herr selbst hat das Versagen Israels in ergreifender Weise beschrieben. Als er der Stadt Jerusalem näher kam und sie vor sich sah, weinte er über sie und sprach: „Wenn doch auch du an diesem deinem Tage erkannt hättest, was dir zum Heile dient! Nun aber ist es vor deinen Augen verborgen. Es werden Tage über dich kommen, das werden deine Feinde einen Wall gegen dich aufwerfen, dich einschließen und von allen Seiten bedrängen. Sie werden dich und deine Kinder zu Boden schmettern und keinen Stein in dir auf dem anderen lassen, weil du die Zeit deiner Heimsuchung nicht erkannt hast.“ Das Unheil nahm seinen Anfang mit der Zerstörung Jerusalems und begleitet das Volk durch seine ganze Geschichte.

Aber die Akten Gottes über Israel sind noch nicht geschlossen. Paulus weiß zwei Gründe der Hoffnung anzugeben, erstens: Ein Teil hat sich doch Jesus zugewandt. Ein Rest hat sich zum Messias bekehrt. Er selbst ist ja einer aus diesem Reste. Es gibt einen heiligen Rest, und in ihm haben sich die Verheißungen Gottes doch erfüllt. Im Römerbrief schreibt er: „Hat Gott etwa sein Volk verworfen? Nimmermehr, denn auch ich bin ein Israelit, ein Nachkomme Abrahams vom Stamme Benjamin. Der Herr hat sein Volk nicht verworfen, das er vorher erkoren hat. So ist auch in dieser Zeit ein Rest, den die Gnade sich auserwählte, vorhanden. Die Auserwählten haben es erreicht, die übrigen aber sind verstockt worden.“ Das ist also der erste Grund der Hoffnung, ein Teil aus dem jüdischen Volke hat sich zum Messias bekehrt. Aus diesem Rest ist ein hoher Baum geworden, in den die Heiden als wilde Zweige eingepfropft worden sind. Der heilige Paulus gebraucht hier das Bild vom Pfropfen eines Baumes. Ein wilder Baum wird durch edle Zweige zu einem edlen Baum. Ähnlich-unähnlich ist es mit dem Baum, der aus den Juden, aus den bekehrten Juden, aus den gläubigen Juden emporgewachsen ist. Aus der Wurzel, die die Juden sind, ist der Baum entstanden, und in ihn wurden die Heiden eingepfropft.

Das ist der erste Grund der Hoffnung. Aber es gibt noch einen zweiten, nämlich einmal, wenn die Heiden, wenn die Fülle der Heiden in die Kirche eingegangen ist, wird sich auch Israel bekehren. „Ich sage euch ein Geheimnis. Die Verstocktheit eines Teiles der Israeliten dauert so lange, bis die Vollzahl der Heiden eingetreten ist. Alsdann wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben steht: Aus Sion wird der Retter kommen, der die Gottlosigkeit abwendet von Jakob. Denn Gottes Gaben und Berufung sind unwiderruflich.“ Er hat also die Hoffnung, daß Israel sich einmal bekehren wird. Wie das geschehen wird, wie groß der Teil des Volkes sein muß, damit man sagen kann, Israel hat sich bekehrt, ist uns nicht geoffenbart. Wenn wir um uns schauen, sieht es nicht so aus, als ob diese Verheißung Gottes, durch den Apostel Paulus vorgetragen, schon erfüllt wäre. Denn man wird nicht sagen können, daß sich ein nennenswerter Teil der Juden zum Christentum, zum Messias Jesus Christus, bekehrt. Im Gegenteil. Die liberalen Juden genauso wie die orthodoxen sind von grimmiger Ablehnung des Christentums und vor allem des Messias Jesus Christus erfüllt. Immer nur einzelne wenden sich dem Christentum zu, etwa nach dem Kriege der Oberrabbiner von Rom, durch das Beispiel Pius’ XII. vom Christentum überzeugt. Es gab einzelne prominente Juden, die mit Überzeugung Christen geworden sind, etwa die großen Musiker Gustav Mahler, Arnold Schönberg, Otto Klemperer. Aber da muß man gleich wieder hinzufügen: Schönberg und Klemperer sind nach einer Weile zum Judentum zurückgekehrt, haben das Christentum also verlassen und sich vom Messias wieder abgewendet. So ist es um diese Weissagung des Herrn dunkel bestellt. Wir wissen nicht, wann sie in Erfüllung gehen wird.

Die dritte Prophezeiung betrifft kosmische Katastrophen. Sie haben ihren Ausgang im Wirken des Antichristen, über den wir am kommenden Sonntag sprechen werden. Der Antichrist, der Widerchristus, sucht eine Weltordnung aufzurichten, politisch, wirtschaftlich, religiös, und in dieser Weltordnung sucht er die Verherrlichung des Menschen, nicht die Verherrlichung Gottes. Und weil er eine gottwidrige, eine gottfreie, eine gottlose Herrschaft aufrichtet, deswegen wendet sich diese Ordnung gegen ihn und seinen Anhang. Er bringt nicht die Ordnung, sondern die Unordnung. Er führt nicht das Heil, sondern das Unheil herauf. Er richtet nicht das Paradies auf, sondern das Chaos. Die Chaosmächte Krieg, Hunger, Tod entbindet er. Erdbeben, gewaltige Stürme, Unwetter durchbrausen die Erde, und so wird die Welt nicht, wie er meint, zu einem Garten Eden, sondern zu einer Wüste und zu einer Öde.

Was der Herr schon über den Widerchristus vorausgesagt hat, das wird in der Apokalypse enthüllt in den Bildern der vier Reiter. Das sind Symbole. Der Apokalyptiker Johannes schaut die endzeitlichen Ereignisse in dem Bilde von vier Reitern. Das sind die Träger der geschichtshaften Unheilsmächte. Der erste Reiter sitzt auf einem weißen Roß und reitet von Sieg zu Sieg. Er führt Krieg um des Krieges willen. Er ist die Symbolisierung des Militarismus und des Imperialismus. Der zweite Reiter sitzt auf einem roten Roß. Er wirft die Brandfackel unter die Menschen, daß sie gegeneinander wüten. Sie rasen im Bürgerkrieg gegeneinander. Der Unfriede ist unter den Menschen ausgebrochen, und der Friede ist von ihnen verbannt. Der dritte Reiter sitzt auf einem schwarzen Pferd. Er nimmt die Nahrungsmittel weg von der Erde. Hunger und Teuerung setzen ein. Die Menschen finden nicht mehr, was sie zum Leben, zum Unterhalt benötigen. Schließlich der letzte, der furchtbarste Reiter sitzt auf grünlich-gelbem Pferd. Es ist der Tod. Er bewirkt, daß zunächst ein Viertel aller Menschen von dieser Erde vertilgt werden. Schließlich ist es sogar ein Drittel aller Menschen, die zugrunde gehen. Das sind die geschichtshaften Unheilsträger, die der Apokalyptiker sieht.

Ihnen gesellen sich zu dir Unheilsträger der Natur. In der Natur werden die Elemente, die der Mensch zum Leben notwendig hat, verdorben. „Der erste blies die Posaune; da entstand Hagel und Feuer, mit Blut gemischt. Es fiel zur Erde, und der dritte Teil der Erde verbrannte, und der dritte Teil der Bäume wurde versengt, und alles grüne Gras verbrannte. Und der zweite Engel blies; da fiel es wie ein großer, brennender Feuerberg in das Meer, und der dritte Teil des Meeres ward zu Blut, und der dritte Teil der lebenden Geschöpfe im Meer starb, und der dritte Teil der Schiffe ging zugrunde. Und der dritte Engel blies; da fiel vom Himmel her ein großer Stern, gleich einer Fackel brennend. Er fiel in den dritten Teil der Flüsse und in die Wasserquellen. Der dritte Teil des Wassers wurde zu Wermut, und viele Menschen starben an dem Wasser, weil es bitter geworden war.“ Hier werden die Lebenselemente des Menschen zerstört. Der Mensch findet nicht mehr auf Erden, wessen er bedarf. Wenn das Wasser ausfällt und wenn das Grün zerstört wird, dann ist das Ende gekommen, dann gibt es keine Lebensmöglichkeit mehr.

Und entsprechend verhalten sich die Menschen. Sie vergehen vor Angst. „Die Könige der Erde und die Fürsten und die Befehlshaber, die Reichen und die Mächtigen, aber auch die Sklaven und die Freien verstecken sich in den Höhlen und Felsklüften der Berge und sagen zu den Bergen und zu den Felsen: Fallet über uns und verberget uns vor dem Angesichte dessen, der auf dem Throne sitzt und vor dem Zorn des Lammes! Denn gekommen ist der große Tag ihres Zornes, und wer kann bestehen?“ Sie haben Gott verspottet, sie haben ihn verhöhnt, sie haben ihn herausgefordert. Aber einmal hält Gott Abrechnung, und dann in einer Weise, die nicht mehr übersehen werden kann. Der Zorn Gottes über der Menschheit bringt freilich – und das ist das Allerfurchtbarste – die Menschen nicht zur Bekehrung. „Die übrigen Menschen, die nicht umkamen in diesen Plagen, bekehrten sich doch nicht von den Werken ihrer Hände und ließen nicht ab, die Teufel und Götzenbilder anzubeten. Sie bekehrten sich nicht von ihren Mordtaten, ihren Zaubereien, ihrer Unzucht und Dieberei.“ Das ist vielleicht das Schrecklichste an allem, daß  selbst diese Sprache Gottes, diese Unheilssprache, nicht verstanden und nicht gehört wird. Die Menschen machen weiter wie bisher. Sie lassen sich von Gott nicht zurückrufen zur Bekehrung.

Wir wissen nicht, meine lieben Freunde, wann diese kosmischen Vorzeichen erfüllt sind. Es kann jede Generation meinen, daß die Drangsale, die sie erlebt, schon Ankündigung des Letzten Gerichtes sind. Das haben die Menschen des 1., des 5. Jahrhunderts geglaubt, die Menschen um 1000, die Menschen im verhängnisvollen 16. Jahrhundert. Und wir, die wir an der Schwelle zum Jahr 2000 stehen, können es wieder annehmen. Das ist nicht falsch, denn wir sollen durch die Zeichen gewarnt werden. Gott hat sie aufgestellt und eingerichtet, damit wir wach bleiben, damit wir in der Wachsamkeit verharren, damit wir nicht die Möglichkeit der Wiederkunft in eine ferne Zukunft verschieben, damit wir nicht so tun, als ob die furchtbaren Geschehnisse die in Geschichte und Natur über uns kommen. nur Zufälle und Versehen seien, die nichts weiter besagen. Alle diese Geschehnisse sollen uns zur Wachsamkeit aufrufen, daß wir die Zeit auskaufen, daß wir uns bekehren und daß wir mit Hoffnung und mit Sehnsucht das Kommen des Herrn erwarten. Denn eines Tages wird es soweit sein, meine lieben Freunde, daß der Herr mit dem Schlüssel auf den Tisch klopft und sagt: „Jetzt wird Schluß gemacht, meine Herren!“

Amen.

Schrift
Seitenanzeige für große Bildschirme
Anzeige: Vereinfacht / Klein
Schrift: Kleiner / Größer
Druckversion dieser Predigt