18. November 1990
Die Hölle als Ort der ewigen Verwerfung
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Wer mit einer schweren, mit einer Todsünde belastet aus dieser Welt scheidet, wird in alle Ewigkeit in der Verdammnis verbleiben. Das ist die Lehre der Kirche über die ewige Unfertigkeit, über die ewige Nichtvollendung. Das kirchliche Lehramt hat diese Lehre zu wiederholten Malen deutlich ausgesprochen. Ich nenne Ihnen drei Zeugnisse, erstens, was das konstantinopolitanische Provinzialkonzil vom Jahre 543 gegen die Lehren des Origenes gelehrt hat: „Wer sagt oder glaubt, die Strafen der bösen Geister und der gottlosen Menschen seien nur zeitlich und werden nach bestimmter Zeit ein Ende nehmen, und dann komme eine völlige Wiederherstellung der bösen Geister und der gottlosen Menschen, der sei ausgeschlossen.“ Die Gesamtkirche hat sich über diese Lehre ausgesprochen auf dem IV. Laterankonzil vom Jahre 1215. Da heißt es: „Christus wird kommen am Ende der Welt zum Gericht über Lebende und Tote, einem jeden zu vergelten nach seinen Werken, den Verworfenen wie den Auserwählten. Diese werden alle mit dem eigenen Leib auferstehen, damit die einen mit dem Teufel die ewige Strafe und die anderen mit Christus die ewige Herrlichkeit empfangen, je nach ihren guten oder schlechten Werken.“ Als Papst Benedikt XII. im Jahre 1336 seine berühmte Konstitution „Benedictus deus“ erließ, da hat er auch hinsichtlich der ewigen Unfertigkeit gelehrt: „Wie Gott allgemein angeordnet hat, steigen die Seelen derer, die in einer tatsächlichen schweren Sünde verschieden, sofort in die Hölle hinab, wo sie von höllischen Qualen gepeinigt werden.“
Was das kirchliche Lehramt hier vorträgt, ist nichts anderes als das Echo der Offenbarung. Die Heilige Schrift spricht auch in dieser Hinsicht eindeutig. Zwar hat sich die Offenbarung in Stufen vollzogen vom weniger starken zum stärkeren Licht, aber es ist gar keine Frage, daß in der Bibel die ewige Hölle bezeugt ist. Zunächst war man der Meinung, daß die Verstorbenen in der Unterwelt in einem schlafähnlichen Zustand leben. Alle müssen hinabsteigen, Gute und Böse, Könige und Bettler. Die im Bereich der Unterwelt befindlichen Menschen leben ein schattenähnliches Dasein, so war die ursprüngliche Vorstellung. Aber allmählich lichtete sich dieses Dunkel, und in der Zeit der Psalmen und der Propheten wurde die Offenbarung über den Zustand ewiger Qual deutlich. Im Buche des Propheten Isaias heißt es: „Man wird hinausgehen, die Leichen der Männer zu schauen, abgefallen von mir, denn ihr Wurm wird nicht sterben, ihr Feuer nicht erlöschen. Ein Abscheu werden sie sein allem Fleisch.“ Hier wird von denen geredet, die auf Erden gefrevelt haben, und die deswegen der ewigen Verwerfung verfallen sind. Ihr Wurm wird nicht sterben. Sie werden von Würmern angefressen und doch nicht aufgefressen. Ihr Feuer wird nicht erlöschen. Das Feuer zehrt an ihnen, aber verzehrt sie nicht. Und im Buche der Weisheit ist geschildert, wie die Gottlosen verzweifeln angesichts des Glückes der Gerechten. „Voll Reue gestehen sie sich und seufzen in ihrer Seelenangst: 'Dieser ist es, den wir einst verlachten, mit Spott überhäuften. Wir Toren! Wir hielten sein Leben für Wahnsinn, sein Ende für ehrlos. Wie kommt es nun, daß er den Kindern Gottes beigezählt ward und sein Anteil unter den Heiligen ist? Da sind wir ja doch vom Wege der Wahrheit gewichen. Uns hat nicht geleuchtet das Licht der Gerechtigkeit, uns ist nicht aufgegangen die Sonne.'„
Die Aussicht auf die ewige Verwerfung gibt dem Menschen die Kraft, die Angst vor zeitlichen, irdischen Peinen zu überwinden. In der Zeit der Makkabäer sollten die Juden gezwungen werden, gegen ihr Gesetz Schweinefleisch zu essen. Man trat auch an den greisen Eleazar, einen 90jährigen Mann, heran. Aber man wollte ihn schonen; er sollte nur so tun, als ob er Schweinefleisch äße. In Wirklichkeit sollte er sich erlaubtes Fleisch kommen lassen und dann eben vor den Boten des Königs den Anschein erwecken, er tue dem Befehl Genüge und äße Schweinefleisch. Aber darauf ließ sich dieser 90jährige Mann nicht ein. Er sagte vielmehr: „Wenn ich auch für jetzt den Qualen von seiten der Menschen entränne, so könnte ich doch den Händen des Allmächtigen nicht entfliehen, weder lebend noch tot.“ Also Eleazar war bewußt, daß auch der Tod den Menschen nicht der Hand Gottes entreißt und daß denjenigen, der auf Erden dem Gebote Gottes untreu geworden ist, Qualen im Jenseits erwarten.
Ganz deutlich ist dann die Offenbarung im Neuen Testament. Der Herr hat an vielen Stellen von der ewigen Hölle gesprochen. Wenige Glaubenssätze der Kirche sind so verbürgt durch das Wort des Herrn wie jenes Dogma von der ewigen Hölle. So fordert der Herr beispielsweise seine Jünger auf: „Gehet ein durch die enge Pforte, denn weit ist das Tor und breit der Weg, der zum Verderben führt, und viele sind es, die da hineingehen. Eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt, und nur wenige sind es, die ihn finden.“ Am Tage des Gerichtes kommt es nicht auf Lippenbekenntnisse, sondern auf Taten an. „Viele werden an jenem Tage zu mir sagen: 'Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen prophetisch geredet? Haben wir nicht in deinem Namen Teufel ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viele Wunder gewirkt?' Alsdann werde ich ihnen offen erklären: 'Niemals habe ich euch gekannt. Weichet von mir, ihr Übeltäter!'„
Als der heidnische Hauptmann seinen Glauben an die Wundermacht des Heilandes bekannte, war der Herr erstaunt, freudig erstaunt über diesen Glauben, und er gab die Prophezeiung: „So großen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden. Ich sage euch aber: Viele werden von Osten und Westen“, also von den Heidenländern, „kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tische sitzen. Die Kinder des Reiches aber“, die Juden, „werden hinausgeworfen in die Finsternis draußen, da wird Heulen und Zähneknirschen sein.“ Oder um eine andere Stelle zu erwähnen: Der Herr weiß, daß Verfolgungen über seine Jünger kommen werden, und er macht ihnen Mut: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können! Fürchtet vielmehr den, der Seele und Leib in der Hölle zu verderben vermag!“ Als der Herr das Weltgericht schildert, spricht er von den beiden Seiten, auf welche die Menschen gestellt werden, auf die rechte Seite die Guten, auf die linke Seite die Bösen. „Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommen wird, dann wird er sich auf seinen herrlichen Thron setzen. Alle Völker werden vor ihm versammelt werden, und er wird sie scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. Die Schafe wird er zu seiner Rechten, die Böcke zu seiner Linken stellen. Und zu denen auf der linken Seite wird er sagen: 'Weichet von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet worden ist!' Diese werden eingehen in die ewige Pein.“
Eine einzige Sünde hat der Herr als unvergebbar bezeichnet, nämlich wenn man sich mit Wissen und Willen gegen die Gnade wehrt, wenn man in böser Absicht die Taten des Herrn als Werke des Teufels verunglimpft. Und deswegen sagt er: „Alle Sünden werden den Menschenkindern vergeben und alle Lästerungen, die sie ausstoßen mögen. Wer aber wider den Heiligen Geist lästert, der wird in Ewigkeit keine Vergebung erhalten, sondern ist ewiger Sünde schuldig.“ Weil die Lage so ernst ist, muß man, um dieser Feuerhölle zu entgehen, auf Erden eher alles auf sich nehmen als sich der Sünde zu überlassen. „Wer einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Anlaß zur Sünde gibt, für den wäre es besser, daß ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ins Meer geworfen würde. Wenn dir deine Hand Anlaß zur Sünde gibt, so haue sie ab! Es ist dir besser, verstümmelt ins Leben einzugehen als mit zwei Händen in die Hölle zu fahren, in das unauslöschliche Feuer, wo der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt. Und wenn dein Fuß dir Anlaß zur Sünde gibt, so haue ihn ab! Es ist dir besser, lahm in das Leben einzugehen als mit zwei Füßen in die Hölle geworfen zu werden, in das unauslöschliche Feuer, wo der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt. Und wenn dein Auge dir Ärgernis gibt, so reiße es aus! Es ist dir besser, einäugig in das Reich Gottes einzugehen als mit zwei Augen in das Feuer der Hölle geworfen zu werden, wo der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.“
Auch in vielen Gleichnissen hat der Herr vor der ewigen Feuerhölle gewarnt. Denken wir an das Gleichnis von dem reichen Prasser und dem armen Lazarus. Der reiche Weltmensch, der im Genuß sein Leben verbringt, wird in der Hölle begraben. Und jetzt fleht er den Armen, der im Schoße Abrahams ist, an, er möge ihm Hilfe bringen. Aber das ist unmöglich. Es ist eine so große Kluft zwischen den beiden, daß eine Hilfe nicht möglich ist. Ebenso spricht der Herr davon im Gleichnis von den klugen und den törichten Jungfrauen. Die klugen nahmen Öl mit in den Krügen, den törichten fehlte es. Und als sie zu spät kamen, sagte der Bräutigam, indem er sie nicht in den Hochzeitsraum einließ: „Ich kenne euch nicht!“ Denken wir an das Gleichnis von dem Manne, der ohne hochzeitliches Gewand zum Hochzeitsmahle kam. „Bindet ihm Hände und Füße und werft ihn hinaus in die Finsternis draußen! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.“ Und schließlich noch ein letztes Gleichnis, nämlich von dem unnützen Knecht, der sein Talent in der Erde vergrub, statt mit ihm zu arbeiten. Ihm wurde es abgenommen, und er wurde in die Finsternis hinausgeworfen.
Die Verkündigung des Herrn wurde von den Aposteln aufgenommen. Auch die Apostel sprechen von der ewigen Feuerhölle. Ich erinnere beispielsweise an den Apostel Paulus. Im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth schreibt er: „Oder wisset ihr nicht, daß Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Täuschet euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Weichlinge, weder Knabenschänder noch Diebe, weder Habsüchtige noch Trunkenbolde, weder Lästerer noch Räuber werden das Reich Gottes erben.“ Wenn man aber das Reich Gottes nicht erbt, ist man verloren, in alle Ewigkeit verloren. Oder im 2. Thessalonicherbrief: „Es entspricht der Gerechtigkeit Gottes, daß er dem Bedränger mit Bedrängnis vergelten wird. Euch aber, den Bedrängten, wird Erquickung, wenn der Herr Jesus vom Himmel her sich offenbaren wird mit seinem Engelheer, wenn er Rache nimmt an denen, die Gott nicht kennen wollen und die nicht gehorchen der Heilsbotschaft unseres Herrn Jesus Christus. Diese werden mit ewigem Verderben büßen, getrennt vom Herrn und von seiner überwältigenden Herrlichkeit.“ Oder um noch ein letztes Beispiel vom Apostel Petrus anzuführen. In seinem 2. Brief heißt es von den falschen Propheten: „Aus Habsucht wollen sie mit trügerischen Worten ein Geschäft an euch machen, aber das ihnen schon längst gesprochene Urteil säumt nicht, und ihr Verderben schlummert nicht.“
So also die Botschaft des Neuen Testamentes. Sie wurde aufgenommen von den Kirchenvätern, die ja zeitlich dem Christusereignis am nächsten sind. Ich will aus vielen Zeugnissen der Väterzeit nur drei vortragen, nämlich Ignatius von Antiochien, der im Jahre 107 in Rom den wilden Tieren vorgeworfen wurde. Er schreibt in einem seiner letzten Briefe: „Lasset euch nicht irreführen, Brüder! Die die Ehre deines Hauses schänden, werden das Reich Gottes nicht erben. Wenn nun solche, die dem Fleische nach solches verübt, schon dem Tode verfallen sind, um wieviel mehr, wenn einer den Glauben Gottes durch schlechte Lehren schändet, für den Jesus Christus gekreuzigt worden ist. Wer sich damit befleckt hat, wird in das unauslöschliche Feuer wandern, ebenso der, welcher ihn hört.“ Der Bischof Polykarp von Smyrna wurde im Jahre 156 in hohem Alter mit 86 Jahren dem Feuertod überliefert. Dem Richter, der ihm mit dem Scheiterhaufen drohte, sagte er: „Du drohst mir mit einem Feuer, das nur eine Stunde brennt und nach kurzem erlischt, denn du kennst nicht das Feuer des zukünftigen Gerichtes und der ewigen Strafe, die auf den Gottlosen wartet. Was zögerst du? Hole herbei, was dir gefällt!“ So sprach dieser mutige Mann in seiner letzten Stunde. Und der heilige Augustinus, der größte Kirchenvater unserer Kirche, erklärt in seinem Handbüchlein „Enchiridion“: „Nach dem letzten Gericht haben die einen nicht mehr den Willen, die anderen nicht mehr die Fähigkeit, irgendwie zu sündigen. Jede Möglichkeit zu sterben ist dann dahin. Die einen leben im ewigen Leben ein wahres glückseliges Leben, die anderen bleiben unglückselig im ewigen Tode, ohne die Möglichkeit zu sterben. Für beide gibt es kein Ende mehr.“
Das und nichts anderes ist die wahre und genuine Lehre der Kirche über die ewige Unfertigkeit. Es werden gegen diese Lehre Einwände erhoben, und mit ihnen wollen wir uns am kommenden Sonntag beschäftigen. Aber es ist gar keine Frage, daß diese Einwände vor den eindeutigen Äußerungen unseres Herrn und Heilandes zerschellen. Es ist ebenso klar, daß wir alle Anlaß haben, oft und oft zu beten: „Herr Jesus Christus, rette uns in unserer letzten Stunde! Erbarme dich unser! Bewahre uns vor der Feuerhölle und führe alle Seelen, die deine Barmherzigkeit nötig haben, in die ewige Seligkeit!“
Amen.