Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Die Sakramente – Zeichen und Verpflichtung (Teil 4)

26. Februar 2006

Die heilige Kommunion

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Am vergangenen Sonntag haben wir den Inhalt der heiligen Kommunion bedacht. Wir haben gesehen, was es heißt, wenn Christus sagt: „Das ist mein Leib.“  Nicht: Das bedeutet meinen Leib oder : Das ist ein Bild von meinem Leib. „Das ist mein Leib“. sagt der Herr. Heute wollen wir erstens die Wirkungen dieses Sakramentes und zweitens die Voraussetzungen für seinen Empfang bedenken.

An erster Stelle wollen wir also fragen: Welche Wirkungen bringt dieses Sakrament hervor? Nun, an erster Stelle, der Name sagt es ja: Communio – Vereinigung. An erster Stelle vereinigt es mit Christus. Wir werden hineingezogen in Christus, in seinen geheimnisvollen Leib, in das Leben der Dreifaltigkeit. Wir werden wahrhaftig durch die heilige Kommunion Christusträger. Gott beginnt sein göttliches Leben in uns durch die heilige Kommunion. Wir werden eins mit dem göttlichen Lamme, wie der Heiland ja in seiner großen Rede erklärt hat: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm.“

Die zweite Wirkung ist das Wachstum des göttlichen Lebens. Die heilige Kommunion ist ein Sakrament der Lebendigen, d.h. es setzt das göttliche Leben voraus. Es bringt es nicht hervor wie das Bußsakrament, nein, es setzt das göttliche Leben voraus, aber es erweitert es, es vermehrt es, es stärkt es, es gibt ihm Wachstum. Durch die heilige Kommunion wächst das göttliche Leben in uns. Christus ist wie eine Sonne, und die Sonne erquickt alles, was sie mit ihren Strahlen erreicht. Christus ist wie eine Quelle, und die Quelle erfrischt alles, was sie mit ihren Wassern befeuchtet. So ähnlich-unähnlich ist es auch mit dem Empfang der heiligen Kommunion. Es blüht der Glaube auf, es wächst die Liebe, es wachsen Zuversicht und Mut in uns.

Die dritte Wirkung des eucharistischen Empfanges ist die Verklärung von Leib und Seele. Es ist ein fundamentaler Irrtum des  Protestantismus, wenn er das Abendmahl zum Sündenvergebungssakrament macht. Das Bußsakrament hat er ja abgeschafft. Und so macht er das Abendmahl zum Sündentilgungssakrament. Ja, so ist es im Protestantismus; da soll man, da kann man mit schweren Sünden das Abendmahl empfangen. Das ist ganz falsch. Wie kann man denn ein Freund Christi sein, wenn man sich ihm im Sakrament naht, und gleichzeitig sein Feind, indem man eine schwere Sünde auf sich hat? Das ist doch unmöglich; das ist doch ein Widerspruch. Nein, die heilige Kommunion nimmt nicht die schwere Sünde weg, aber sie tilgt lässliche Fehler, sie tilgt lässliche Sünden. Die schwinden durch den Empfang der heiligen Kommunion wie der Schnee in der Frühlingssonne.

Die Seele empfängt durch die Gnade Gottes eine übernatürliche Schönheit. Es gibt eine natürliche Schönheit, die den Leib vor allem betrifft. Aber die Schönheit, die hier gemeint ist, ist der Glanz der Gnade, und der wird durch die heilige Kommunion vermehrt. Die Seele wird auch durch die heilige Kommunion gekräftigt. Sie ist durch die heilige Kommunion in der Lage, schwere Sünden zu meiden und uns vor dem ewigen Tod zu bewahren. Die heilige Kommunion mindert eben den Hang zur Sünde, und sie nimmt die Zustimmung zur schweren Sünde. Die heilige Kommunion dämpft die sinnliche Leidenschaft. Wer wirklich würdig kommuniziert, in dessen Herz wird die Gottesliebe mächtiger, und je mächtiger die Gottesliebe wird, um so weniger brennt die Glut der bösen Begierlichkeit in uns. Die heilige Kommunion gibt uns neue Kraft für das Leben, für den Lebenskampf und für die Lebensarbeit. Wenn wir kommuniziert haben, gehen wir mit neuem Mut an die tägliche Arbeit, mit neuer Zuversicht in den täglichen Kampf, mit neuer Kraft in den täglichen Leidensweg. Die heilige Kommunion nimmt das Kreuz nicht ab, aber sie gibt die Kraft, es zu tragen.

Auch unser Leib empfängt schon eine Anwartschaft auf die ewige Verklärung. Wir werden jetzt schon bereitet für die selige Auferstehung im Leibe. Wir sind ja gewissermaßen ein Kelch des Herrn; wir sind ja ein Träger des Allerheiligsten. Deswegen wird auch unser Leib gestärkt, und es wird in ihn der Keim der Unsterblichkeit gelegt.

Eine letzte, vierte Wirkung besteht darin, dass durch die Kommunion die Gemeinschaft der Kommunizierenden gefestigt wird. Und das ist eine Tatsache. Meine lieben Freunde, vor wenigen Tagen sprach ich mit einer Ärztin, und wir kamen auch auf die Gläubigen zu sprechen, auf den Gottesdienstbesuch. Ich habe ihr ein schönes Zeugnis ablegen können. Ich habe ihr gesagt: „Frau Doktor, meine Leute sind alle überdurchschnittlich. Ich habe alles Leute, die überdurchschnittlich an Gottesliebe und an Nächstenliebe sind.“ Jawohl, das habe ich gesagt. Die Kommunion verbindet die Menschen untereinander, denn sie sind ja in Christus verbunden. Und weil sie in Christus verbunden sind, sind sie auch miteinander verbunden. Sie sind zusammengeschlossen in Christus. Deswegen darf Haß und Neid, darf Erbitterung und Feindschaft zwischen uns keine Stelle mehr haben. Wir kennen einander, wir kennen einander ja nur zu gut. Wir wissen um unsere Schwächen, aber das darf uns nicht abhalten, die Liebe zu beweisen, die Christus uns bewiesen hat, als er sich uns hingab in der heiligen Kommunion.

Das sind die Wirkungen der heiligen Kommunion. Wir haben jetzt noch zu bedenken zweitens die Voraussetzungen. Es ist bei allen Sakramenten das gleiche, meine lieben Freunde. Die Sakramente wirken aus der ihnen eigenen Kraft. Der lateinische Ausdruck heißt „ex opere operato“. Aus der ihnen eigenen Kraft wirken die Sakramente. Aber das hindert nicht, dass der Mensch mitwirken muss. Das ist ja eben das katholische Prinzip, dass Gott alles wirkt und doch der Mensch auch mitwirken muss. Gott wirkt nicht alles allein, sondern er wirkt es auch mit dem Menschen. Das ist das katholische Prinzip. Und so ist es auch beim Sakrament der heiligen Kommunion. Für dieses Sakrament gilt der Grundsatz wie für alle Sakramente: Die Sakramente wirken nach der Maßgabe der Disposition. Das heißt, wir haben es durch unsere Vorbereitung in der Hand, wieviel die Sakramente in uns wirken. Sie wirken nach Maßgabe der Disposition, das heißt eben der inneren Vorbereitung.

Und so muss man also erstens sich bereitmachen für den Empfang der heiligen Kommunion. Das heißt an erster Stelle frei sein von schwerer Sünde. Meine lieben Freunde, es ist ein fundamentaler Irrtum des Protestantismus, wenn er meint, dass durch das Abendmahl schwere Sünden nachgelassen werden. Ein fundamentaler Irrtum! Man kann ja nicht ein Feind Gottes sein – in der schweren Sünde – und gleichzeitig sein Freund sein wollen. Das ist ein Widerspruch in sich selbst. Nein, wer die heilige Kommunion empfangen will, muss frei sein von schwerer Sünde. Das ist die erste und unerlässliche Voraussetzung für einen würdigen und gnadenreichen Empfang der heiligen Kommunion. Wo das göttliche Leben nicht in der Seele ist, kann die Kommunion nicht wirken, kann die Speise nicht wirken. Man kann nicht einem toten Leib Speise einflößen; das würde beim Leibe nicht funktionieren. Und so ist es auch bei der Seele. Das Himmelsbrot nützt einer in der Todsünde erstorbenen Seele nicht. Deswegen sind all die Versuche, Kommunionunwürdige zur Kommunion zu führen, zutiefst falsch, irrig und verderblich – auch wenn sie von den Bischöfen der Oberrheinischen Kirchenprovinz ausgehen. Auch dann sind sie falsch! Der heilige Paulus sagt unmißverständlich: „Wer unwürdig dieses Brot isst oder den Kelch des Herrn trinkt, der versündigt sich am Leibe und Blute des Herrn. Er isst und trinkt sich das Gericht.“

Wir sollen aber auch möglichst frei sein von lässlichen Sünden. Die lässlichen Sünden machen die Kommunion nicht unwürdig, aber sie machen sie weniger gnadenreich. Die Sonne kann durch Nebel und Wolken nicht hindurchdringen in der Natur. Und so ähnlich-unähnlich ist es auch mit der heiligen Kommunion. Wenn kleinere Sünden auf der Seele liegen, sind die Gnadenwirkungen der eucharistischen Sonne nicht in vollem Maße wirksam. Deswegen muss man die kleinen Sünden durch Reue und Beicht tilgen. Wenn Sie unsere Messe aufmerksam mitverfolgen, dann sehen Sie ja, dass der Priester am Anfang seine Schuld bekennt und um Vergebung bittet. Und dann vor der Kommunion wendet er sich noch einmal zu den Gläubigen und gibt ihnen den Segen, damit sie ihre läßlichen Sünden bereuen und sich durch Reue davon befreien.

Eine weitere Voraussetzung der heiligen Kommunion ist, dass man erfüllt sein muss von Ehrfurcht, Glaube und Liebe. Ehrfurcht, das heißt eine heilige Scheu. Es muss in uns etwas sein, was uns eigentlich zittern lässt, wenn wir daran denken, was wir jetzt tun. Wir empfangen unseren Gott und Heiland. „Gott wird klein, sinkt dir ein, Menschenherz heißt sein Schrein“ hat Johannes Sorge, der Dichter des Ersten Weltkrieges, einmal geschrieben. Also es müsste in uns eine große Ehrfurcht sein vor diesem heiligen Sakrament, eine heilige Scheu. Gleichzeitig natürlich eint tiefer Glaube. Wir müssen glauben, dass Jesus wahrhaft zu uns kommt, dass Jesus wahrhaft in uns Wohnung nimmt. Und wir müssen ihm mit Liebe entgegengehen. Wir müssen den Herrn und Heiland, unseren größten und lautersten Freund, mit Liebe empfangen, also mit Wohlwollen, mit Ergebung, mit Hingabe. Je mehr Glaube, je mehr Liebe, je mehr Ehrfurcht in uns sind, um so größer wird die Fülle der Gnaden sein, die wir in der heiligen Kommunion empfangen. Wir müssen uns also bereitmachen für den Empfang der heiligen Kommunion.

Und eine letzte Weise, sich zu bereiten, besteht darin, dass man sich von anderer Speise frei hält. Das ist das sogenannte Nüchternheitsgebot. Wir Älteren haben ja die Entwicklung dieses Gebotes mitgemacht. Als ich 1951 zum Priester geweiht wurde, galt die Bestimmung: Von Mitternacht an darf nichts mehr gegessen und nichts mehr getrunken werden. Christus soll die erste Speise sein. Die Ehrfurcht vor ihm und die Erwartung auf ihn gebieten, dass man sich – auch durch Enthaltung von Speise – auf sein Kommen vorbereitet. Das war nicht ganz leicht; denn wir waren damals in der Diaspora als Priester sehr gefordert. Jeden Sonntag drei heilige Messen und drei Predigten! Das ging bis Mittag. Also erst zu Mittag durften wir die erste Speise zu uns nehmen. Wir haben es geschafft; es war für uns eine Selbstverständlichkeit. Wir haben das Gebot nicht, wie man heute sagt, hinterfragt, wir haben es gehalten. Dann wurde das Gebot gemildert. Es kam die Drei-Stunden-Regel auf, dass man also drei Stunden vor der heiligen Kommunion nichts essen und nichts trinken durfte. Aber auch diese Regel ist wieder fallengelassen worden. Und heute sind wir angelangt bei einer Stunde, einer Stunde vor dem Empfang der heiligen Kommunion, nicht vor dem Beginn der Messe, sondern vor dem Empfang der heiligen Kommunion darf man nichts essen und nichts trinken, wenn man gesund ist. Kranke dürfen Ausnahmen machen. Wasser darf man sowieso unbedenklich, auch in dieser einen Stunde noch, zu sich nehmen. Aber für den normalen Gläubigen, für den gesunden Gläubigen gilt die Ein-Stunden-Regel: Eine Stunde vor der heiligen Kommunion nichts essen und nichts trinken, um wenigstens noch ein Minimum an Erwartungshaltung und Sehnsucht in uns, auch im körperlichen Bereich, wachzurufen. Das ist also die Vorbereitung.

Aber es gibt auch zweitens eine Nachbereitung. Man muss auch bereit bleiben. Und wie bleibt man bereit? Indem man erstens eine Danksagung vornimmt. Die heilige Messe schließt mit dem Entlassungssegen: „Gehet hin in Frieden, ihr seid entlassen.“ Aber das bedeutet nicht, dass man nicht noch eine Weile verweilen soll oder darf, um Gott zu danken für diese Gnade der heiligen Kommunion. Diese Minuten vor dem Allerheiligsten sind kostbar und hilfreich. Lichtströme der Heiligkeit fluten in unsere Seele. Diese Minuten bei dem Allerreinsten bewirken, dass unsere Reinheit stark und sicher wird. Diese Minuten beim Allerbesten, die schaffen Güte und Geduld und Liebe in unserer Seele. Diese paar Minuten vor dem Ewigen erfüllen uns mit Ewigkeitsgedanken. Denken wir daran, meine lieben Freunde, Gnaden sind immer auch Pflichten. Gnaden sind immer auch Pflichten. Der heilige Pfarrer von Ars hatte ein schönes Gebet, wenn er die heilige Kommunion empfangen hatte. Er pflegte seine Danksagung in die Worte zusammenzufassen: „Mein Gott, nun trage du den armen Menschen, der dich trägt!“ O wie schön! Mein Gott, nun trage du den armen Menschen, der dich trägt!

Die zweite Nachbereitung besteht darin, dass wir den Kommuniontag würdig verbringen. „Großes hat an mir getan der Mächtige, dessen Name heilig ist.“ Das heißt, wir sollen mit Christus in den Tag hineingehen. Wir sollen unsere Arbeit mit Christus segnen, und wir sollen die Menschen, die uns begegnen, erwärmen. Wir sollen als Christusträger zu ihnen kommen und ihnen Christus bringen. Wenn Sie durch Ihre Straßen und Ihre Ortschaften gehen, meine lieben Freunde, beten Sie immer für die Menschen rechts und links in den Häusern. Beten Sie immer, dass der Segen, den Sie empfangen haben, auch auf die komme, die nichts wissen oder nichts wissen wollen von diesem kostbaren Sakrament.

Die Frage der Kommunionhäufigkeit ist heute beantwortet. Sie ist beantwortet durch den heiligen Papst Pius X. Wenn Sie Ihre Großeltern fragen, dann werden sie Ihnen erzählen, dass sie mit 14 Jahren zur ersten heiligen Kommunion gegangen sind. Man hat bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts so lange gewartet. Aber Pius X. hat die frühe Kommunion empfohlen und eingeführt, und sie hat sich überall durchgesetzt. Er hat auch die häufige Kommunion empfohlen, und auch sie hat sich durchgesetzt. Pius X. hat im Einklang mit dem göttlichen Recht  nur zwei Bedingungen für den häufigen Empfang der Kommunion gestellt, nämlich 1. Freiheit von schwerer Sünde und 2. rechte Absicht. Über die Freiheit von der schweren Sünde haben wir schon gesprochen. Die rechte Absicht besteht darin, dass man aus Sehnsucht, aus Liebe, aus Ergebung sich dem Heiland im Sakrament naht. Nicht weil alle es machen, nicht weil man nicht auffallen will, nicht aus Eitelkeit, nicht um sich im Angesicht der Gemeinde zu rehabilitieren – das kommt auch vor, aber das ist falsch. Nein, sondern um mit dem Heiland in Liebe eins zu werden und sein treues, brauchbares Werkzeug zu werden. Das ist die rechte Absicht.

In dieser Gesinnung, meine lieben Freunde, lasst uns dem Herrn im Sakrament nahen. Wenn der Priester außerhalb der Messe die heilige Kommunion austeilt, spricht er ein schönes Gebet. Das lautet: „O heiliges Gastmahl, in dem Christus genossen wird, das Andenken seines Leidens erneuert wird, die Seele mit Gnaden erfüllt wird und uns ein Unterpfand der kommenden Herrlichkeit gegeben wird.“ Wahrhaftig, ein ergreifendes Gebet. O heiliges Gastmahl, in dem Christus genossen wird, das Andenken seines Leidens erneuert wird, die Seele mit Gnaden erfüllt wird und uns ein Unterpfand der kommenden Herrlichkeit gegeben wird. Jawohl, so ist es.

Amen.

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