Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
30. Mai 2013

Jesu Verheißung der Eucharistie

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, zur Feier der wahrhaftigen Gegenwart Christi Versammelte!

Das Fronleichnamsfest ist das Fest der wirklichen Gegenwart Christi im Sakrament des Altares. Wirkliche Gegenwart besagt, der Leib Christi ist nicht nach Art eines Bildes oder Zeichens gegenwärtig, sondern wirklich und wahrhaftig als solcher. Für diese wirkliche Gegenwart des Herrn haben wir die biblischen Zeugnisse. Meine lieben Freunde, wenn die katholische Kirche irgendwo in der Bibel sitzt, dann ist es in der Lehre von der Eucharistie. Im Evangelium haben wir die Verheißung des eucharistischen Sakramentes vernommen, in der Epistel die Einsetzung.

Ich möchte heute zum Gegenstand unserer Überlegungen die Verheißung der Eucharistie machen, also was im sechsten Kapitel des Johannesevangeliums geschrieben steht. Dieses sechste Kapitel zerfällt in zwei Teile, in eine bildliche und in eine unbildliche Rede. In beiden Texten wird vom Brot, vom Brot des Lebens, vom Himmelsbrot gesprochen. Aber in der Bildrede ist Jesus selbst das himmlische Brot, das angeeignet wird im Glauben. In der unbildlichen Rede sind es Fleisch und Blut Jesu, die nicht nur Glauben verlangen, sondern die von gläubigen Menschen genossen werden müssen. Für diejenigen, die Griechisch können, möchte ich darauf hinweisen, dass im Griechischen das Wort trogein steht, das heißt „zerkauen“. Der erste Teil der Rede zeigt Christus in seiner Erscheinung als das Himmelsbrot. Er ist tatsächlich eine Nahrung für die Menschen, durch seine Lehre, durch seine Taten, durch seine bleibende Gegenwart. Aber im zweiten Teil, da ist nicht mehr von Jesus selbst die Rede, sondern von seinem Fleisch und Blut, also von der eucharistischen Gabe als Himmelsbrot. Beide Teile sind deutlich voneinander unterschieden. Im ersten Abschnitt ist die Speise eine gegenwärtige, Jesus weilt ja unter den Menschen. Im zweiten Teil ist die Gabe eine zukünftige: „Ich werde euch das Brot des Lebens geben.“ Im ersten Teil gibt der Vater das Brot, indem er Jesus in die Welt sendet. Im zweiten Teil gibt Jesus selbst das Brot. Im ersten Teil heißt es eingliedrig „Brot“ als Beispiel und als Bild für die Aufnahme Jesu im Glauben, dort heißt es „Fleisch und Blut“. Im ersten Teil nennt sich Jesus „Brot“, aber vom „mich essen“ ist nicht die Rede. Vom Essen ist nur die Rede, wo von Leib und Blut, wo von Fleisch und Blut die Rede ist.

Der Aufbau der Rede, die Unmöglichkeit der bildlichen Deutung, das Verhalten der Zuhörer und die Stellungnahme Jesu sind so viele Gründe, die eucharistische Lehre anzunehmen, wie sie die katholische Kirche seit zweitausend Jahren vertritt.

Der Aufbau der Rede: Da ist von einer dreifachen Speise die Rede: Manna, Lebensbrot und Fleisch und Blut. Manna, das ist das, was die Väter in der Wüste gegessen haben, was ihnen der himmlische Vater in ihrer irdischen Not geschaffen hat. Lebensbrot, das ist Jesus selbst, der den Menschen zum Glauben gegeben wird. Sein Wort ist Wahrheit, und die Wahrheit eignet man sich an durch Glauben. Das aber, was in Zukunft gegeben werden wird, das ist Jesu Fleisch und Blut. Und ich sage noch einmal: Hier wird ganz deutlich unterschieden zwischen der gläubigen Annahme der Verkündigung Jesu und der gläubigen Aufnahme seiner wirklichen, wahrhaftigen, gegenwärtigen Person.

Die zweite Beweisführung setzt dort an, wo es unmöglich ist, die Worte Jesu figürlich, bildlich, als Zeichenrede zu verstehen. „Jemandes Fleisch essen“ bedeutet nämlich im orientalischen Sprachkreis: jemanden verfolgen. Wenn also Jesus hier bildlich gesprochen hätte, dann würde er eine Prämie setzen auf seine Verfolgung. Und „jemandes Blut trinken“, das besagt: nachsetzen, jemanden hassen. Auch das ist unmöglich bildlich zu verstehen, denn Jesus will ja doch nicht gehasst, sondern geliebt werden. Die bildliche, die figürliche Deutung der Worte Jesu ist unmöglich, sie widerspricht allem, was wir vom orientalisch-jüdischen Sprachgebrauch wissen.

Die dritte Beweisführung setzt an beim Verhalten der Zuhörer: „Wie kann uns dieser sein Fleisch zu essen geben?“ fragen die Juden. Sie haben also die Worte Jesu nicht bildlich, sondern sie haben sie wörtlich verstanden. Und wie verhielt sich nun der Redner, Jesus, gegenüber den heftig Streitenden? Hat er seine Rede zurückgenommen, hat er sie berichtigt? Nein, er bestätigt sie. Er bestätigt sie in feierlicher Weise. Er knüpft an den Nichtgenuss die Verdammnis und an den Genuss die Rettung. Er unterstreicht, was bisher gesagt wurde, indem er sagt: „Mein Fleisch ist wahrhaft – wahrhaft, nicht bildlich, nicht zeichenhaft – ist wahrhaft eine Speise, und mein Blut ist wahrhaft ein Trank“. Aber es gab auch Jünger, die an dieser Rede Anstoß nahmen, sie murrten. Und da fragte sie Jesus: „Ärgert euch dieses? Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt nichts.“ Ich werde gleich erklären, was damit ausgesagt werden soll. Und einige von den Jünger wanderten nicht mehr mit ihm, sie nahmen Ärgernis an seinen Worten. Und da fragt er die Zwölf: „Wollt auch ihr gehen?“ Er hätte sie gehen lassen, wenn sie seine Rede missverstanden hätten, wenn sie sie so ausgelegt hätten, wie die Zwinglianer. „Herr, zu wem sollen wir gehen,“ sagt Petrus, „du hast Worte des ewigen Lebens. Wir haben geglaubt daran, dass du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“

Ich sagte, ich wollte noch erklären, warum Jesus sagt: „Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt nichts.“ Es gab nämlich Leute, vor allem aus dem schweizerischen Bereich, welche die Worte Jesu rein geistig verstanden, figürlich, als ein Bild von Jesus, ein Zeichen auf Jesus, eine Figur. Sie könnten unmöglich buchstäblich verstanden werden, weil sie dann auf ein sittenwidriges Fleischessen hinausliefen. Deswegen sagt Jesus: „Meine Worte sind Geist und Leben.“ Er will betonen, dass hier von Fleisch und Blut nicht in der Weise die Rede ist, wie man, um sie zu beschaffen, zum Metzger geht, sondern die Gegenwart Jesu ist eine geisterfüllte, er lebt ja in der Herrlichkeit des Vaters als der Verklärte. Fleisch und Blut befinden sich nicht in der gewöhnlichen, sondern in einer wunderbaren Daseinsweise. Sie sind verborgen in Brot und Wein, in Gegenständen, die zum normalen Essen, zur normalen Nahrung des Menschen dienen. Das Essen und Trinken geschieht also in einer Weise, wie es bei menschlichen Mahlzeiten üblich ist. Aber unter dieser Speise und in dieser Speise verbirgt sich Christus. „Wir beten dich, tiefverborgene Gottheit, an, die du den Schleier hier des Brotes umgetan.“ Fleisch und Blut Christi sind durchgeistigte Wirklichkeiten, und als solche können sie in einer so winzigen Menge Brot und in einer so kleinen Quantität Weines ihren Platz finden. Ich brauche nicht mehr darauf hinzuweisen, dass die Kirchenväter ausnahmslos die Auffassung der Eucharistie vertreten, welche die Kirche immer gelehrt hat. Augustinus sagt: „Christus trug sich selbst in seinen Händen, da er den Jüngern seinen Leib darreichte.“ Ambrosius sagt: „Nachdem die geheimnisvollen Worte über das Brot gesprochen worden sind, ist aus dem Brot das Fleisch Christi geworden.“

Ich möchte weiter ausholen, als ich heute kann, dem die Zeit drängt. Zwei letzte Überlegungen. Erstens: Wie hätte es Jesus machen sollen, damit es den Kritikern der katholischen Eucharistielehre passt? Wer nicht an die allmächtige Liebe Gottes glaubt, der findet an allen seinen Werken etwas auszusetzen. So wie die nichtkatholischen Religionsgemeinschaften über die Eucharistie denken, so würde sie aussehen, wenn sie sie eingesetzt hätten. – Zweitens: Wenn der Mensch die göttliche Weisheit und ihre Werke durchschauen könnte, wären sie nicht mehr göttlich. Das ist ja gerade das Merkmal der göttlichen Werke, dass sie das Sinnen und Trachten des Menschen überschreiten. Der unvergessliche Münchner Erzbischof Faulhaber, den ich noch persönlich kennengelernt habe, hat einmal erklärt: „Ich würde eher an einer Glaubenssache irre werden, in der alles klar wäre wie Wasser und durchsichtig bis auf den Grund, denn damit wäre bewiesen, dass ein solcher Glaube Menschengedanken enthält, aber nicht Gottesgedanken.“

Amen. 

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