Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
10. Oktober 1993

Würdigkeit des Sakramentenempfangs

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Wir wissen, daß unsere Kirche sieben Sakramente bekennt. Die Sakramente begleiten den Christen vom Eintritt in das Leben bis zu seinem Ausgang. Die Sakramente sind Weisen der Gottesbegegnung und der Gottesverehrung, und jedes Sakrament hat seine bestimmte innere Ordnung. Diese Ordnung stammt von Gott. Sie ist in der Offenbarung enthalten und von der Kirche entfaltet und in bestimmte Vorschriften gefaßt worden. Es geht also dabei nicht um die Willkür von Menschen, sondern es geht dabei um den Willen Gottes.

Wer Sakramente empfangen will, muß sich der objektiven Ordnung der Sakramente, die auf Gott zurückgeht, anpassen. Er kann nicht selbst bestimmen, welche Erfordernisse er erfüllen will, um Sakramente zu empfangen. Er muß also seine Überzeugung und sein Gewissen nach der Lehre und Norm der Kirche formen.

Diese allgmeinen Bemerkungen gelten speziell für die Sakramente der Buße und der Eucharistie. Das Sakrament der Buße ist das große Mittel der Sündenvergebung. Hier fließt das Blut Christi über die Seele des Sünders und macht ihn rein. Hier entfaltet das Blut Christi seine Kraft – freilich nur, wenn der Pönitent die Erfordernisse erfüllt, welche das Bußsakrament an ihn stellt. Wer würdig und gültig und fruchtbar das Bußsakrament empfangen will, muß – und das ist die oberste Forderung – alle seine schweren Sünden bereuen, bekennen und in Zukunft zu meiden beabsichtigen. Er muß alle seine schweren Sünden bereuen – Schmerz der Seele –, er muß sie bekennen – Verdemütigung vor Gott und seinem Stellvertreter –, und er muß entschlossen sein, sie zu meiden. Das letztere ist besonders wichtig. Wer keinen Willen hat, die schwere Sünde zu meiden, der wird nicht gültig losgesprochen, dem nutzt das Bußsakrament nicht, sondern dem schadet es, weil er eine neue Sünde auf seine Seele lädt, nämlich die Sünde des Sakramentenmißbrauchs.

Ähnlich ist es bei der heiligen Eucharistie. Die heilige Eucharistie nennen wir Kommunion, das heißt Vereinigung. In der heiligen Kommunion vereinigt sich nämlich unser Gott und Heiland mit der menschlichen Seele. Natürlich kann er sich nur mit einer Seele vereinigen, die nicht im Aufstand gegen ihn lebt. Das heißt: Nur wer kommunionwürdig ist, kann die Kommunion empfangen. Kommunionwürdig ist der Mensch, wenn er keine schwere Sünde auf seiner Seele hat. Wer sich erinnert, daß er eine schwere Sünde begangen hat, der hat die heilige Pflicht, vorher im Bußsakrament sich zu reinigen und danach zum eucharistischen Opfersakrament hinzuzutreten.

Diese objektive Ordnung wird heute in steigendem Maße in Frage gestellt. Wie immer geht der Versuch, sie aus den Angeln zu heben, von der geschlechtlichen Sittlichkeit aus. Ich bin der letzte, der hier Anklage erheben will, denn ich weiß, daß es für die meisten Menschen ein sexuales Problem gibt. Aber die Schwäche darf nicht zur Norm werden. Die Schwäche muß sich vielmehr unter die Norm beugen und von ihr richten lassen. In keinem Falle kann die Berufung auf die Schwäche dazu herhalten, die Ordnung Gottes aus den Angeln zu heben.

Das bedeutet konkret: Niemand, der in einer illegitimen, nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebt, kann im Bußsakrament losgesprochen werden, wenn er nicht gewillt ist, diese Lebensgemeinschaft, was ihre körperliche Seite betrifft, aufzugeben. Niemand, der in einer ungültigen Ehe lebt, kann im Bußsakrament losgesprochen werden, wenn er nicht darauf verzichtet, eheliche Rechte in Anspruch zu nehmen, die ihm nicht zustehen. Die geschlechtliche Betätigung ist einzig und allein der gültigen Ehe vorbehalten. Jede geschlechtliche Betätigung vor der Ehe und außer der Ehe ist schwere Sünde. Und wenn aufgerufen wird, die verschiedenen Fälle nichtehelicher Lebensgemeinschaften zu unterscheiden, so ist nicht zu übersehen, daß trotz aller Unterscheidung immer die schwere Sünde gegen das sechste Gebot vorhanden ist. Man darf also über der Differenzierung nicht das Gemeinsame vergessen, und dieses besteht darin, daß jede ernste geschlechtliche Unordnung eine schwere Sünde ist und infolgedessen vom gültigen Empfang des Bußsakraments ausschließt, solange sie nicht bereut wird.

Erst recht gilt das für das eucharistische Opfersakrament. Wer in einer ungültigen geschlechtlichen Verbindung lebt, kann nicht zur heiligen Kommunion gehen. Die Empörung gegen Gottes Gebot ist unverträglich mit dem Kommen Jesu in die Seele. Ein solcher würde die Kommunion gewissermaßen wie ein Gift empfangen. Sie würde ihm nicht zum Nutzen gereichen, sondern zum Schaden. Er würde sich gleichsam vergiften, weil er nämlich nicht würdig ist, dieses Sakrament zu empfangen. Daran ändert der Zeitablauf nichts. Ob einer drei Monate in einer ungültigen Ehe lebt oder dreißig Jahre, läßt die Tatsache unberührt, daß in jedem Falle geschlechtliche Betätigung außerhalb der Ehe oder in einer ungültigen Ehe schwere Sünde ist und vom Empfang der heiligen Kommunion ausschließt.

Wer sich gegen diese Ordnung Gottes – es ist die Ordnung Gottes und nicht bloß der Kirche – auflehnt und behauptet, sein Gewissen gestattet ihm den Empfang der Kommunion, der har ein irriges Gewissen und muß sich belehren lassen, um den Irrtum zu berichtigen. Die Hirten der Kirche haben die heilige Pflicht, ein irriges Gewissen in ein richtiges Gewissen zu verwandeln. Dazu sind sie aufgestellt, und dazu ist die Kirche eingesetzt, nicht irrige Gewissen zu dulden, sondern aus irrigen Gewissen richtig gebildete Gewissen zu schaffen. Die Kirche ist eine Gewissensinstanz!

Wenn also jemand in einem schwer sündhaften Zustand beharrt und dieser Zustand öffentlich bekannt ist, dannr muß er vom Empfang des eucharistischen Opfersakraments zurückgewiesen werden; ihn muß der die Kommunion austeilende Priester übergehen. Das ist die Ordnung, die die Kirche zweitausend Jahre gelehrt hat, und daran kann ein verfehltes Schreiben von drei Bischöfen der Oberrheinischen Kirchenprovinz nichts ändern.

Das ist die Lehre, wie sie unser Heiliger Vater unermüdlich vorträgt und wie sie von den Gläubigen immer, wenn sie ein richtig gebildetes Gewissen haben, bejaht worden ist. Der Heilige Vater schreibt in seinem Apostolischen Schreiben Familiaris consortio: Die Kirche bekräftigt ihre auf die Heilige Schrift gestützte Praxis, wiederverheiratete Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl zuzulassen. Sie können nicht zugelassen werden, denn ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse stehen in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht. Darüberhinaus gibt es noch einen besonderen Grund pastoraler Natur: Ließe man solche Menschen zur Eucharistie zu, bewirkte dies bei den Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe Irrtum und Verwirrung. Die Wiederversöhnung im Sakrament der Buße, das den Weg zum Sakrament der Eucharistie öffnet, kann nur denen gewährt werden, welche die Verletzung des Zeichens des Bundes mit Christus und der Treue zu ihm bereut und die aufrichtige Bereitschaft zu einem Leben haben, das nicht mehr im Widerspruch zur Unauflöslichkeit der Ehe steht. Das heißt konkret, daß, wenn die beiden Partner aus ernsthaften Gründen – z.B. wegen der Erziehung der Kinder – der Verpflichtung zur Trennung nicht nachkommen können, sie sich verpflichten, völlig enthaltsam zu leben, d.h. sich der Akte zu enthalten, welche Eheleuten vorbehalten sind.

Das ist die Lehre der Kirche. Durch Johannes Paul II. hat Petrus gesprochen, und alles, was davon abweicht, ist Abweichung von der Lehre der Kirche.

Lassen wir uns, meine lieben Freunde, durch nichts irre machen, weder durch falsche Lehren, die von Hirten ausgehen, noch durch Zustimmung einer Diözesanversammlung, die solchem Vorgehen Beifall klatscht! Worum es geht, ist unsere Treue zu Christus, unsere Treue zu der Lehre Christi, wie sie die Kirche in unfehlbarer Sicherheit vorlegt. „Willst du zum Leben eingehen, so halte die Gebote!“ Und umgekehrt muß man sagen: Wenn du auf das ewige Leben verzichtest, dann brauchst du die Gebote nicht zu halten! „Willst du zum Leben eingehen, so halte die Gebote!“ Auch die Gebote, welche für den Empfang des Bußsakramentes und der Eucharistie gelten.

Lassen wir uns in dieser Stunde der Dunkelheit, meine lieben Freunde, nicht irre machen! Beten wir das alte, schöne Gebet: „Neige mein Herz zu deinen Geboten, o Herr!“

Amen.

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