Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
1. Mai 2011

Angriffe des Unglaubens gegen den Auferstehungsglauben

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Der Unglaube meint den Glauben an die leibhaftige Auferstehung des Herrn erledigt zu haben, indem er behauptet, die Erscheinungen des Auferstandenen seien keine äußeren Erlebnisse, sondern innerseelische Vorgänge, Visionen, Halluzinationen, Einbildungen der Jünger gewesen. Ausgangspunkt für den Unglauben ist die Unmöglichkeit der Auferstehung. Wie ein berühmter, ein ganz berühmter evangelischer Theologe sagt: „Ein toter Leib kann nicht mehr lebendig werden.“ Das sagen die Fleischer auch. Die Visionstheorie, oder Visionshypothese besser, will erklären, wie es zum Glauben an die Auferstehung Christi kam, wenn Jesus tatsächlich nicht auferstanden ist. Sie will nicht die Auferstehung erklären, sondern den Auferstehungsglauben, der freilich auf einer Fiktion beruht. Das ist das Werk der ungläubigen Theologen, und mit diesen haben wir uns zu beschäftigen. Denn was sie vorbringen, sind Behauptungen. Behauptungen sind so lange wertlos, wie sie nicht bewiesen werden. Wir haben die Argumente, um ihre Aufstellungen zurückzuweisen.

1. Die erste Riege der ungläubigen Theologen gehen von einer ganz falschen Voraussetzung aus. Sie meinen, man könne den Leib und die Seele trennen, was für die Juden der Zeit Jesu eine Unmöglichkeit war. Das Judentum in der Zeit Jesu hat den Leib und den Geist immer zusammen gesehen. Der Geist kann nicht lebendig und tätig sein, wenn er nicht im Leibe erscheint. Wenn von Jesus gesagt werden soll, dass er auferstanden ist, dann ist das nur möglich, wenn sein Leib aus dem Grabe entrückt wurde. Der Geist allein würde als ein Gespenst angesehen werden, als ein Spuk, als eine Vorstellung, die sich der Mensch selber bildet. Wir erleben es ja, dass die Jünger zunächst bei den Erscheinungen meinten, es sei ein Gespenst, was da erschien, und erst, als der Herr ihnen die Hände und die Füße zeigte, als er mit ihnen aß und trank, da wurden sie gewiß, dass er auferstanden ist, dass er leibhaftig auferstanden ist, dass das Grab leer ist. Eine Erscheinung ohne leibliche Funktionen wäre für die Jünger niemals zum Ausgangspunkt für den Osterglauben, für den Auferstehungsglauben geworden. Es hätte nicht ausgereicht.

2. Manche von diesen ungläubigen Theologen nehmen den Ausgangspunkt vom leeren Grab. Sie sagen: Das leere Grab ist der Quellgrund des Auferstehungsglaubens, der Auferstehungserlebnisse. Das Grab sei tatsächlich leer gewesen. Sie lassen dahingestellt, wie es leer geworden sei. Aber die Jünger fanden den Leichnam jedenfalls nicht vor, und daraus habe sich ihre Überzeugung gebildet, dass Jesus auferstanden sein müsse. Und aus dieser Überzeugung seien die Halluzinationen herausgewachsen. Dann ist zu fragen, meine lieben Freunde: Wer hat denn den Leichnam Jesu entwendet? Wohin ist er denn gekommen? Einige sagen, die jüdische Obrigkeit hat ihn fortgeschafft, das Synedrium, der Hohe Rat, hat den Leichnam Jesu beiseite geschafft. Dafür gibt es nicht den geringsten Hinweis in den Quellen. Das ist eine völlig willkürliche, unwahrscheinlich, ja undenkbare Annahme. Und wie töricht, meine lieben Freunde! Dadurch, dass der Leichnam Jesu weggeschafft wurde, hätte man ja den Auferstehungsglauben der Jünger befördert. Man hätte diesem Glauben Vorschub geleistet. Woher denn die vollständige Ratlosigkeit des Hohen Rates angesichts der Auferstehungspredigt? Warum läßt man diese Predigt nicht verstummen, indem man den Leichnam Jesu vorweist? Man hätte  ihn ja im Triumphzug durch Jerusalem tragen können, wenn sie ihn entwendet haben. Wie kann man einen solchen Unsinn von sich geben?

Weil das Verschwinden des Leichnams durch die Obrigkeit unwahrscheinlich ist, sucht man eine andere Ausflucht. Man sagt: Jesus wurde überhaupt nicht ordentlich begraben, sondern er wurde von den Soldaten in eine Verbrechergrube geworfen. Zunächst stößt sich diese Behauptung daran, dass alle Quellen eindeutig berichten: Jesus wurde begraben. Er hat ein ordentliches, ja, er hat ein ehrenvolles Begräbnis erhalten. Und zum anderen ist zu bemerken, dass zwar das jüdische Recht eine Verbrechergrube kannte, aber nicht das römische Recht. Das römische Recht kannte keine Verbrechergrube, und Jesus ist nach römischem Recht hingerichtet worden, und deswegen stimmt es mit dem römischen Recht ganz überein, wenn die Evangelien berichten, dass Joseph von Arimathäa zu Pilatus ging und sich den Leichnam erbat, denn der Leichnam gehörte dem Richter. Wir stehen hier in völliger Übereinstimmung mit dem römischen Recht. Pilatus schenkte dem Joseph von Arimathäa den Leichnam Jesu, und er ließ ihn beisetzen in seinem eigenen Felsengrab. Es wurde versiegelt, es wurde verschlossen. Dieses Grab war allen bekannt. Wenn man die Auferstehung Jesu hätte ersticken wollen, hätte man ihn rausholen können aus dem Grabe. Aber er war nicht zu finden, denn er war erweckt worden.

Eine dritte Version, und das ist die schlechteste von allen, behauptet: Die Jünger selbst haben den Leichnam Jesu entwendet und fortgeschafft. Das ist die bekannte Diebstahlshypothese, aufgebracht von dem Theologen Hermann Samuel Reimarus. Wenn man diese Hypothese vorträgt, gibt man aber die Visionshypothese preis. Es ist völlig unmöglich, dass Betrüger von ihrem Betruge so erfüllt, berauscht und überwältigt sein können, dass sie die selbstgeschaffene Illusion für Wahrheit nehmen. Das ist psychologisch absolut unmöglich. Nicht nur, dass sie diese Illusion für Wahrheit nehmen, sondern dass sie für diese Illusion Schmach, Schande, Verfolgung, Prügel, Tod auf sich nehmen. Solche Betrüger hat die Weltgeschichte noch nicht gesehen. Betrüger, denen ihr Betrug nicht den kleinsten Gewinn einbringt, solche Betrüger hat es noch nicht gegeben.

3. Eine andere Ausflucht besteht darin, dass die ungläubigen Theologen behaupten, das leere Grab habe die Jünger auf den Gedanken gebracht, Jesus müsse auferstanden sein. Sie haben sich in die Einbildung hineingesteigert: Er kann nicht im Tode verblieben sein, er muss auferstanden sein. So seien die Visionen zu erklären.

Gegen diese Behauptung läßt sich vieles anführen. Erstens: Zur Zeit Jesu glaubte kein Jude an eine besondere Auferstehung, sondern alle Juden glaubten nur an die allgemeine Auferstehung am Ende der Tage. Vom jüdischen Glauben an eine allgemeine Auferstehung am Ende der Zeiten bis zu der Bezeugung, dass Gott einen Gotteslästerer aus dem Tode gerissen hat, ist ein unendlich weiter Weg. Die Behauptung, die Juden hätten ausgerechnet bei Jesus eine besondere Auferstehung annehmen können, ist absolut unmöglich. Zweitens: Die Jünger haben aber auch aus dem Leeren Grab keinen Trost geschöpft, keine Hoffnung, keine Zuversicht. Das leere Grab hat sie nicht inspiriert oder entzündet oder begeistert, sondern sie waren vielmehr trostlos, sie erschraken, sie weinten, wie es in den Evangelien heißt. Die Frauen waren bestürzt und erschreckt, und den Jüngern erschien die Nachricht vom Leeren Grab wie Läros, so heißt das griechische Wort: Läros, törichtes Gerde. Und sie glaubten die Mitteilung der Frauen nicht eher, als bis sich Petrus und Johannes persönlich davon überzeugt hatten. Das leere Grab hat die Jünger nicht aufgerichtet, es hat sie nicht ermuntert, es hat sie nicht begeistert, es hat sie weder befeuert noch beflügelt. Es ist ausgeschlossen, dass aus dem leeren Grab hätte der Glaube an die Auferstehung Jesu entstehen können.

Viertens behaupten die ungläubigen Theologen, die Auferstehungserlebnisse seien visionäre Fiktionen. Die Apostel seien visionär veranlagt gewesen, und so haben sie auch diese Visionen erlebt. Was ist dazu zu sagen? Es ist erstens lächerlich, anzunehmen, dass alle, die den Auferstandenen gesehen haben, visionär veranlagt gewesen seien, die Apostel, die Jünger, die Frauen, die fünfhundert Brüder. Das ist ausgeschlossen. Bei einzelnen mag eine visionäre Veranlagung vorliegen, aber nicht bei allen. Zweitens: Es wird vorausgesetzt, dass die visionär Veranlagten ihre Visionen mit den Erscheinungen des Auferstandenen verwechselt haben, dass sie als äußere Erlebnisse ausgaben, was wirklich und tatsächlich im Inneren sich abgespielt hat. Zwei von den Aposteln hatten Visionen, zwei von den Aposteln waren Visionäre, nämlich Petrus und Paulus. Wir wissen von Petrus, dass er ein Traumgesicht hatte, wo ihm klargemacht wurde, dass es keine unreinen Tiere gibt; und wir wissen von Paulus, dass er von einer Entrückung, einer Ekstase berichtet vor 15 Jahren, die ihn bis in den dritten Himmel erhob. Die beiden Hauptapostel waren Visionäre. Aber gerade deswegen wußten sie die Visionen von äußeren Erlebnissen zu unterscheiden. Gerade weil sie Visionäre waren, haben sie die Ostererlebnisse nicht vermengt mit den Visionen, die sie auf anderen Gebieten und bei anderer Gelegenheit erlebt haben. Als Petrus aus dem Gefängnis befreit wurde, da fragte er sich, ob das, was da mit ihm geschieht, ein Wahres ist oder ein Gesicht. Er wußte also sehr genau zu trennen, was Wirklichkeit und was Traum ist.

Wir dürfen also mit Sicherheit annehmen, dass die Apostel nicht Visionen, innere Erlebnisse, psychogene Erfahrungen mit äußeren Erlebnissen, mit äußeren Erscheinungen vermengt, verwechselt haben. Schon gar nicht möglich ist das bei Paulus, denn in ihm war ja doch gar keine Bereitschaft für solche Visionen. Er hatte ja die Kirche Christi verfolgt.

Es gibt Tatsachen, drei Tatsachen, die jede psychologische, jede psychogene Entstehung der Ostererlebnisse ausscheiden. Nicht aus den Tiefen des eigenen Unterbewußtseins ist der Auferstehungsglaube entstanden, sondern aus der Begegnung mit dem Auferstandenen. Einmal haben die Jünger die Voraussagen Jesu, dass er auferstehen werde, gar nicht beachtet. Sie wollten sie nicht beachten. Warum? Weil das, was ihnen vorherging, Leiden und Tod, nicht in ihren Sinn wollte. Weil sie sich gegen das Leiden und Sterben des Messias wehrten, haben sie auch auf die Ankündigung der Auferstehung nicht gehört. Zweitens: Die Jünger haben die Voraussagen Jesu auch nach seiner Hinrichtung nicht begierig aufgegriffen. Sie waren sich nicht ihrer Sache sicher, weil er gesagt hatte, er werde auferstehen. Nein, sie verkrochen sich, sie verbargen sich. Es fehlte die seelische Voraussetzung dafür, dass sie innerseelische Visionen gehabt und für äußere Erlebnisse ausgegeben hätten. Ja, sie zweifelten drittens, sie zweifelten, als der Auferstandene vor sie hintrat. Sie meinten einen Geist zu sehen. Und erst als er ihnen die Hände und Füße zeigte, erst als er mit ihnen aß, war der Bann des Mißtrauens und des Argwohns und des Zweifels gebrochen.

Der Zweifel, meine lieben Freunde, der Zweifel im Augenblick des Auferstehungserlebnisses ist von Standpunkt der Visionshypothese aus unmöglich, denn danach müßte ja gerade aus ihrem festen Glauben die Vision entstanden sein, sie müßte ja gerade aus der grenzenlosen Zuversicht geboren worden sein. Diese Visionen wären ja nichts anderes als die Realisierungen des Glaubens und der Zuversicht der Jünger. Nein, nicht vom geheimen Glauben, nicht von stiller Liebe, nicht von einer grenzenlosen Hoffnung aus haben sie den Auferstandenen gesehen, sondern weil er sich ihnen von außen aufdrängte.

Wir finden nicht den kleinsten Anlaß für eine psychogene Erklärung, schon gar nicht bei Paulus, der die Kirche verfolgt hat, der sich bemühte, sie zu vernichten. In ihm war nichts an seelischer Bereitschaft für eine Vision des Auferstandenen, für ein Hervortreiben des Auferstehungsglaubens aus solcher innerseelischen Vision.

Meine lieben Freunde, es ist nicht überflüssig, sich von der Wirklichkeit und Wahrheit der leibhaftigen Auferstehung Jesu zu überzeugen. Denn der Unglaube stürmt von jeher gegen diese Wahrheit an. Er hat seine besten Verbündeten unter den Theologen; das ist schmerzlich, zu sagen, aber es ist eine Tatsache. Das Verfahren, aufgrund dessen die ungläubigen Theologen zu ihrer Ansicht kommen, ist das folgende. Sie wollen nicht glauben, dass Jesus in verklärter Gestalt dem Grabe entstiegen ist. Das erklären sie für unmöglich. So müssen sie alles bestreiten, alles als legendär ausgeben, was dieser Tatsache widerspricht. Sie suchen eine Erklärung, wie der Glaube an den Auferstandenen entstanden sein kann, obwohl er nicht auferstanden ist. Sie bilden sich eine Vorstellung von den Ereignissen, die zu ihrer Grundhypothese paßt, und alles, was diesem selbstgebastelten Bild widerspricht, weisen sie ab. Das ist natürlich völlig unhistorisch, auch völlig unwissenschaftlich, vom Glaubensstandpunkt einmal ganz abgesehen. Der Weg zur Erkenntnis der Auferstehung Jesu führt stets durch historische Zeugnisse. Innere Erlebnisse vermögen über die Tatsache der Vergangenheit keine Gewißheit zu geben. Diese Zeugnisse liegen vor. Sie sind überzeugend, wenn man sich nur überzeugen lassen will. Wer nicht will, dem würde auch eine unmittelbare Erscheinung des Auferstandenen nicht zum Glauben verhelfen. Wir unterscheiden zwischen der historischen Gewißheit und der Glaubensgewißheit. Was uns historisch plausibel ist, dass wird uns durch die Glaubensüberzeugung zur untrüglichen Macht. Der Glaube, der sich auf Gottes Wort gründet, der ein wesentlicher Bestandteil unserer Persönlichkeit ist, dieser Glaube ist und kann nicht getrennt werden von der Geschichte, ist gegründet auf die leibhaftige Auferstehung Jesu.

In meiner Heimatkirche, meine lieben Freunde, gab es ein schönes Bild, ein Bild in farbigem Glas. Auf diesem Bilde stand geschrieben: „Christus erstand wahrhaft vom Tod. Du Sieger, du König, sieh unsere Not!“

Amen. Alleluja.

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