Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
27. November 2005

Die Auferstehung der Toten

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Wenn der Herr wiederkommt, wird er seine Engel aussenden, und sie werden alle Menschen von den Enden der Erde zusammenbringen, von einem Ende der Erde bis zum anderen. Denn dann kommt die Auferstehung der Toten. Das Dogma von der Auferstehung der Toten lässt sich in drei Sätzen zusammenfassen:

1. Alle Toten werden auferstehen.

2. Sie werden auferstehen in ihrem eigenen Leibe.

3. Sie werden in verklärter Weise auferstehen.

Die Toten werden auferstehen. Alle Toten werden auferstehen. Der Herr hat zu seinen Lebzeiten auf Erden gezeigt, dass er Macht über den Tod hat. Er hat die Tochter des Jairus vom Tode zurückgerufen; er hat den Jüngling von Naim wieder lebendig gemacht; er hat den Lazarus aus dem Grabe gerufen. Und bei seinem Sterben, da kamen Leiber aus den Gräbern und erschienen vielen in Jerusalem. Die Toten werden auferstehen. Dann wird sich erfüllen, was der Herr im Johannesevangelium angekündigt hat: „Es kommt die Stunde, da die Toten die Stimme des Menschensohnes hören, und es werden hervorgehen, die Gutes getan haben zur Auferstehung des Lebens, die aber Böses getan haben, zur Auferstehung des Gerichtes.“ In jeder heiligen Messe am Sonntag bekennen wir: „Ich glaube an die Auferstehung der Toten“ oder: „Ich glaube an die Auferstehung des Fleisches.“ Das ist ein unaufgebbarer Glaubenssatz unserer Kirche. Im Hymnus „Dies irae“, den wir in der Totenmesse beten, da heißt es: „Laut wird die Posaune klingen, durch der Erde Gräber dringen, alle hin zum Throne zwingen. Schaudernd sehen Tod und Leben sich die Kreatur erheben, Rechenschaft dem Herrn zu geben.“ Alle werden auferstehen. Auch die, welche die Glocken der Kirche nicht gehört haben, werden die Posaunen des Gerichtes nicht überhören. Es ist ein törichter Einwand: Wie können denn Tote auferstehen? Meine lieben Freunde, der allmächtige Gott, der das ganze Weltall geschaffen hat, der allem, was das lebt, Odem und Leben gibt, der die Seele erschaffen hat und ihr den Auftrag gegeben hat, sich einen Leib zu bilden, er kann dieselbe Seele aus dem Himmel oder aus der Hölle rufen und ihr den Befehl geben, von neuem sich einen Leib aufzubauen aus dem ihr gehörenden Stoff. Gott ist kein Gott der Toten, sondern der Lebendigen. Große Geister haben an der Auferstehung nicht gezweifelt. Der französische Philosoph Pascal hat einmal geschrieben: „Ich sehe nicht ein, wieso es schwieriger sein soll, an die Auferstehung des Fleisches zu glauben als an die Schöpfung.“ Und selbst Voltaire, der große Spötter, der Verfolger der Kirche, selbst Voltaire hat auf die Frage einer Dame nach der Auferstehung geantwortet: „Die Auferstehung ist die einfachste Sache von der Welt. Oder sollte der, der den Menschen einmal schuf, ihn nicht auch ein zweites Mal schaffen können?“ Die Auferstehung ist ein wesentlicher Grundsatz des Christentums. Es gibt kein Christentum ohne den Glauben an die Auferstehung. Immer verkündet der Glaube mit absoluter Sicherheit: Die Toten werden auferstehen.

Der zweite Satz lautet: Sie werden auferstehen mit ihrem Leibe. Das ist vielleicht noch schwerer zu verstehen als die bloße Auferstehung. Sie werden auferstehen mit ihrem eigenen Leibe. So hat es die Kirche formuliert, etwa auf dem Vierten Laterankonzil 1215: „Alle Menschen werden mit demselben Leibe auferstehen, den sie getragen haben.“ Da fragt man sich natürlich: Wie soll das möglich sein? Wenn hundert Tote in einem Massengrab liegen und verwest sind, wie soll dann jeder wieder zu seinem Leibe kommen? Man hat versucht, Antworten auf diese Frage zu finden. Newton, der große englische Physiker, wurde einmal von seinen Studenten gefragt, wie das möglich sei, dass die Toten mit ihrem Leibe, mit ihrem eigenen Leibe auferstehen, dass die Seele wieder ihren Leib findet. Newton ging in sein Laboratorium und vermischte Eisenfeilspäne mit Holzspänen. Dann fragte er die Studenten: „Wie wird es möglich sein, diese Eisensplitter vom Holz zu trennen?“ Die Studenten wussten keine Antwort. Da nahm Newton einen Magneten, und siehe da, alle Eisensplitter sprangen hoch, kein einziger Holzsplitter machte ihnen das nach, und so waren die Eisensplitter, die Eisenfeilspäne von den Holzspänen getrennt. „So ähnlich“, hat Newton dann hinzugefügt, „wird die Seele das, was ihr eigen war, an sich ziehen, und wäre der Staub auch in alle Winder verstreut.“

Ich weiß nicht, ob diese Erklärung befriedigend ist. Aber man kann auch andere Überlegungen anstellen. Wir wissen ja, dass unser Leib sich alle sieben Jahre erneuert. Nach sieben Jahren sind alle Zellen des Körpers erneuert. Der Leib nimmt also ständig Stoffe auf, leibt sie sich ein, gibt Stoffe ab, und doch ist es derselbe Leib. Wir hatten vor sieben Jahren keinen anderen Leib als heute. Dann kann man fragen: Ist die Seele, die die verschiedenen Stoffe zu einem Leib zusammenfügt und ihm die Form gibt, ist sie nicht imstande, am Jüngsten Tage den Leib zu gestalten? Das ist nun auch die Erklärung, die die besten Theologen, also meinetwegen Joseph Ratzinger, geben. Unser gegenwärtiger Papst schreibt: „Die Einheit der leibgestaltenden Seele ist entscheidend für die Identität des Auferstehungsleibes mit dem irdischen Leib und verbürgt hinlänglich die Leibeseinheit.“ Ich wiederhole noch einmal diesen schwierigen Satz: „Die Einheit der leibgestaltenden Seele ist entscheidend für die Identität des Auferstehungsleibes mit dem irdischen Leib und verbürgt hinlänglich die Leibeseinheit.“ Ja, so, glaube ich, muss man die Einheit des Leibes, des Auferstehungsleibes erklären. Die Seele ist „forma corporis“, also das Gestaltprinzip des Körpers; sie baut den Körper auf. Und solange es dieselbe Seele ist, ist auch der Leib derselbe, mögen die materiellen Bestandteile noch so sehr wechseln. Wir werden also auferstehen mit dem Leibe, den wir getragen haben, der Gutes oder Böses getan hat. Das muss so sein. Die Gerechtigkeit muss auch am Leibe vollzogen werden, entweder zur Schmach oder zur Verherrlichung. Denn das ist der dritte Satz: Die Leiber der Auferstandenen werden verklärt sein.

Wir haben auch hier Hilfen des Verstehens. Wir wissen, wie Jesus mit drei Aposteln auf den Berg Tabor stieg, und wie er dort vor ihnen verklärt ward. „Sein Antlitz leuchtete wie die Sonne, seine Kleider wurden weiß wie der Schnee.“ Da trat die Gottesherrlichkeit an seinem Leibe zutage. Ähnlich-unähnlich wird es auch bei der Auferstehung sein. Da wird die Seele, die verklärte Seele, die im Himmel verklärte Seele sich den Leib in verklärter Weise aufbauen. Und der Leib hat dann andere Eigenschaften als der gegenwärtige Leib. Er ist unverweslich, er ist unsterblich, er ist beweglich und fein, so wie der Leib des Herrn durch verschlossene Türen ging – wir erinnern uns, nicht wahr? Er ist ohne Leid, und er ist ohne Mangel. Wenn ein Leib während der irdischen Lebenszeit hässlich, verkrüppelt, verstümmelt war, der Auferstehungsleib wird nichts davon tragen. Er wird ohne Makel und ohne Fehler sein.

Meine lieben Freunde, dass der Auferstehungsleib anders ist als der gegenwärtige Leib, das wissen wir auch aus dem Auferstehungsleib unseres Heilandes. Warum hat denn Magdalena Jesus mit dem Gärtner verwechselt? Sie hielt ihn für den Gärtner, weil der Leib eben anders war als zu seiner irdischen Zeit. Er war verklärt, er war verwandelt. Und so wird es auch mit dem Auferstehungsleib sein. Er hat ein anderes Aussehen als der irdische Leib. Er ist behend, er ist licht, er ist klar, er ist unverweslich, und er ist ohne jeden Mangel und ohne jedes Leid.

Meine lieben Freunde, das Dogma von der Auferstehung ist untrennbar mit dem christlichen Glauben verknüpft. Die Einwände gegen die Auferstehung sind alt. Lesen Sie nur das 15. Kapitel im ersten Briefe des Apostels Paulus an die Korinther. Dort setzt er sich mit den Leugnern der Auferstehung in Korinth auseinander. Er sagt: Da gibt es Leute, die behaupten, es gebe keine Auferstehung. Wieso denn? Wenn es keine Auferstehung gibt, dann ist ja auch Christus nicht auferstanden. Er ist aber auferstanden, also gibt es eine Auferstehung. Wir haben einen Auferstandenen, nämlich unseren Herrn Jesus Christus. Und der Geist dessen, der Jesus von den Toten auferweckt hat, der wird auch uns von den Toten auferwecken, der wird auch unseren sterblichen Leib lebendig machen. Christus wird unseren armseligen Leib umwandeln und seinem verklärten Leibe gleichgestalten, denn er hat die Macht, sich alles zu unterwerfen.

Amen.

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