Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
30. Juni 2002

Über Pflicht und Freiheit des Menschen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Vor einiger Zeit war im Kino ein Film zu sehen: „Die Zehn Gebote“. Neben all den närrischen, wundersamen, merkwürdigen und schlimmen Dingen, die über die Filmleinwand laufen, waren auch „Die Zehn Gebote“ zu sehen. Sind die zehn Gebote etwa eine Kinogeschichte geworden? Wir müssen einmal über die Gebote, über die Gebote Gottes sprechen.

Die Menschen sind heute mißtrauisch, wenn von Geboten und Gesetzen die Rede ist. Sie denken an willkürliche Einschränkung, an unzulässige Einschnürung. Allzu oft haben Menschen ihre Einfälle und ihre Ansprüche mit Gottes Willen zu tarnen oder zu umgeben versucht. Doch es muß von den Geboten Gottes die Rede sein. Denn wir spüren, daß wir an einem Punkt angelangt sind, wo der Menschheit ein welterschütterndes „Halt!“ zugerufen wird. Es ist doch heute so, daß es fast keine ewigen Normen, keine unerschütterlichen Grundsätze, keine unanfechtbaren Werte mehr zu geben scheint. Welches sittliche Gebot wir immer herausgreifen, es wird kaum eines geben, das heute nicht angefochten, belächelt, verspottet oder verworfen wird. Im Alten Bunde – ich greife ein Beispiel heraus – ist in der Geschichte von Loth erzählt, wie Männer nach Sodom kamen und in dem Hause des Loth übernachteten. „Noch hatten sie sich nicht schlafen gelegt, als die Männer der Stadt Sodom das Haus umringten. Sie riefen Loth und sagten zu ihm: ,Wo sind die Männer, die heute abend zu dir gekommen sind? Bring sie uns heraus, damit wir sie erkennen!‘ Da ging Loth zu ihnen hinaus und sagte: ,Liebe Brüder, begeht doch keinen solchen Frevel! Hört, ich habe noch zwei Töchter, die keinen Mann erkannt haben, die will ich zu euch herausbringen. Tut mit ihnen, was euch beliebt, doch diesen Männern dürft ihr nichts tun, denn sie haben sich in den Schatten meines Dachs begeben.‘ Doch sie schrien: ,Pack dich hinweg!‘ und sagten: ,Er ist doch nur als Fremdling hierher gekommen und will nun den Herrn spielen.‘ Und sie drangen ungestüm auf Loth ein.“ Was hier von Sodoma erzählt wird, das ist in den Gesetzesbüchern des Alten Testamentes noch deutlicher als Gebot Gottes ausgesprochen. „Ich bin der Herr“, so heißt es im Buche Levitikus. „Du darfst mit einem Manne keinen Umgang haben wie mit einer Frau. Es wäre eine Greueltat.“ An einer anderen Stelle desselben Buches Levitikus heißt es: „Wenn sich ein Mann mit einem anderen Manne vergeht wie mit einer Frau, so haben beide eine Schandtat begangen. Sie sollen mit dem Tode bestraft werden; sie sind des Todes schuldig.“ Und damit man nicht meint, nur im Alten Testament wäre dieser Greuel verboten, so zitiere ich auch noch den Apostel Paulus im Brief an die Römer: „Gott überließ sie schändlichen Leidenschaften. Ihre Weiber vertauschten den natürlichen Verkehr mit dem widernatürlichen, ebenso verließen auch die Männer den natürlichen Umgang mit der Frau und entbrannten in wilder Gier gegeneinander. Männer verübten Schamloses miteinander und empfingen den gebührenden Lohn für ihre Verirrung an sich selber.“

So ist das Gebot Gottes. Und was haben unsere Politiker, was hat unser Bundestag aus diesem Gebot Gottes gemacht? Er hat es verworfen, er hat es abgelehnt, er hat die widernatürliche Unzucht zugelassen. Und so kann der Regierende Bürgermeister Wowereit nach einem Jahr Regierung sagen, er bedanke sich für die Unterstützung der Homosexuellen. „Ohne diese Unterstützung hätte ich das schwierige Jahr nicht überstanden. Es macht mich stolz, daß diese Stadt es verkraftet hat, einen Regierenden Bürgermeister zu haben, der schwul ist, und das ist auch in Ordnung so.“ Er fügte hinzu, es gebe schon viele Politiker, die sich als Schwule bekennen. „Wir können schon eine Arbeitsgruppe aufmachen und haben im Bundestag die Sperrminorität.“ Ich erwähne nur dieses eine Beispiel, wohin wir in unserem Vaterland gekommen sind. Es gibt keine unerschütterlichen Grundsätze mehr; es gibt keine ewigen Normen mehr; es gibt keine unanfechtbaren Werte mehr. Wir sind in einer Weise zum Bösen abgerutscht, wie es vor Jahren noch nicht vorstellbar war.

Und doch hat Gott sein Gebot gegeben. Das Gesetz Gottes ist eine Notwendigkeit. Es gibt Notwendigkeiten, die nicht auf der Mode beruhen und auf der Etikette. Es gibt Notwendigkeiten, die keine Sport- und Spielregeln sind. Es gibt Notwendigkeiten, die auch keine bloßen Staatsgesetze sind, die man heute gibt und morgen ändert. Es gibt Notwendigkeiten, die von Ewigkeit her bestehen und denen sich jeder beugen muß, weil es die Notwendigkeiten sind, die von der Wirklichkeit ausgehen.

Es gibt Gesetze des Raumes, Gesetze des Lebens und Gesetze des Geistes. Gesetze des Raumes sind uns in der Schule im Physikunterricht beigebracht worden: die Gesetze des freien Falles, die Gesetze der schiefen Ebene, die Gesetze, die die Elektrizität regieren, die Gesetze der Schwerkraft. Alle diese Gesetze sind diktatorische Gesetze. Man muß sich ihnen beugen, man muß sie anerkennen. Wenn man sich ihnen beugt und wenn man sie anerkennt, dann werden sie uns hilfreich, dann können wir sie benützen und können uns ihrer bedienen. Aber wenn man diese Gesetze mißachtet, dann schlagen sie gegen uns aus. Wer die Gesetze der Elektrizität verkennt, bei dem sprühen Feuer und Tod aus den Drähten, die uns die elektrische Kraft bringen sollen.

Ähnlich ist es mit den Gesetzen des Lebens. Sie sind feiner, sie sind unhörbar, sie sind von einer großen Stille. Aber auch diese Gesetze sind diktatorisch. Die Gesetze des Wachstums, der Ernährung, die Gesetze von Leben und Tod, das sind diktatorische Gesetze, denen man sich beugen muß. Und wer sich ihnen nicht beugen will, der wird krank, der verfällt dem Tode.

Schließlich gibt es Gesetze des Geistes. Das sind die Gesetze, die unser Leben im geistigen Bereich regieren, die Gesetze der Kunst, der Wissenschaft, die Gesetze des Erkennens und des Willens. Auch die sind bis zu einem gewissen Grade diktatorisch. Wer sich den Denkgesetzen nicht beugt, der fährt in die Irre. Wer die Gesetze des wissenschaftlichen Erkennens mißachtet, der verkennt die Wirklichkeit. Aber unter den Gesetzen des Geistes gibt es auch solche, die werden uns wie ein Aufruf entgegengebracht, die appellieren an unsere Freiheit. Es sind die sittlichen Gesetze, die Gesetze des Wahrseins, des Gutseins, des Gerechtseins. Diese Gesetze appellieren an unseren freien Willen. Wir sollen ihnen gehorchen, es sind Sollens-Forderungen. Auch sie haben ihre Notwendigkeit, denn wer sich ihnen nicht beugt, wer die Gesetze der Sittlichkeit mißachtet, der zerstört sein Leben.

Die Gesetze der Sittlichkeit sollen von uns in Freiheit erfüllt werden. Die höchste Form der Freiheit ist die Liebe, daß man über sich selbst hinausschreitet, daß man sich dem anderen zuwendet. Diese Liebesbewegung ist der Gipfel der Freiheit, und deswegen ist das höchste und größte und letzte aller Gebote: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben! Du sollst deinen Nächsten lieben! Du sollst auch alles lieben, was von Gott ausgegangen ist.

Weil wir in der Freiheit, ja in der Liebe die Gebote der Sittlichkeit erfüllen, deswegen sind sie auch von einem Liebenden ausgegangen. Gott hat seine Gebote gegeben aus Liebe, aus Liebe zur Schöpfung, aus Liebe zu den Menschen. Und weil er in ihnen sein Wesen ausdrückt, deswegen gleichen ihm die Gebote. Sie sind furchtbar und lieblich zugleich wie Gott selbst. Wenn wir den Blitz niederfahren sehen, dann werden wir an den Herrenwillen Gottes erinnert. So ist Gott, so furchtbar, so gewaltig wie dieser Feuerball, der vom Himmel niederfährt. Und wenn wir in die gütigen Augen eines Menschen schauen, wenn wir die liebevolle Hand einer Krankenpflegerin spüren, dann verstehen wir etwas vom Liebeswillen Gottes. So ist Gott, so gütig, so liebevoll, so sich zuwendend zu der Menschheit. Die Gebote sind Offenbarungen Gottes. So ist Gott, und so will er sein, und er will, daß auch die Welt so sei, wie er ist. Die Gebote Gottes haben ihre Majestät, ihr Recht zur Erfüllung und ihren Anspruch von Gott selbst. Es sind keine Modediktate, es sind keine Etikettenformen, es sind keine von einer Mehrheit des Parlaments beschlossenen Gesetze. Sie sind Ausdruck seines Willens, und es ist die Unbedingtheit seines Willens in ihnen.

Das Gute um des Guten willen tun zu wollen, ist der schönste Entschluß, den ein Mensch fassen kann. Aber daß er das Gute tun soll, daß er diesen Entschluß fassen soll, das kommt von Gott. Aller Gebote letztes und höchstes ist: Du sollst! Du sollst, weil Gott es so will. Du sollst, weil Gott es befohlen hat. Man könnte meinen, daß man die Gebote auch erfüllen kann, weil sie einem förderlich sind, weil sie einem nützlich sind, weil sie zur Ausbildung der Persönlichkeit helfen. Zugegeben. Alles richtig. Aber auf die Dauer und in Grenzsituationen werden diese Motivationen nicht ausreichen. Auf die Dauer und in Grenzsituationen muß man sich erinnern, daß in diesen Geboten der Wille Gottes lebendig ist. Du sollst, weil Gott es geboten hat. Und auf die Dauer werden diese Gebote nur erfüllt werden können von Menschen, die Gott lieben. Nicht aus Liebe zu sich selbst, nicht um des Fortschritts willen, nicht um der Ordnung willen können letztlich und endlich die Gebote erfüllt werden, sondern aus Liebe zu dem, der sie gegeben hat. Und deswegen ist und bleibt aller Gebote höchstes und letztes: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele, mit deinem ganzen Gemüte und mit allen deinen Kräften sollst du ihn lieben.“

Amen.

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