Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
20. November 2016

Das Ende der Welt

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Als ein Junge vom Weltende sprechen hörte, sagte er: „Alles soll einmal weg sein? Das kann ich nicht glauben, dass die Welt untergeht.“ Er spürte ganz richtig, dass es eigentlich entsetzlich, ja, unverständlich ist, was mit der Welt einmal geschehen wird. Aber hat er auch den Weltuntergang richtig verstanden? Glauben wir denn, dass alles einmal weg sein wird? Am Abend des 11. November 1572 erblickte der dänische Gelehrte Tycho de Brahe am Himmel einen strahlenden Stern von solcher Größe, wie er ihn noch nie gesehen hatte. Der Stern blieb an den folgenden Tagen sogar zur Mittagszeit im Sonnenschein sichtbar. Innerhalb von wenigen Stunden muss dieser Stern zu einer solchen strahlenden Fackel am Firmament aufgestiegen sein. Mit der Zeit nahm seine Helligkeit ab; nach siebzehn Monaten war er entschwunden. Tycho de Brahe hatte eine Supernova im Sternbild Kassiopeia entdeckt. Er blieb nicht allein. Johannes Kepler, der große deutsche Gelehrte, beobachtete im Jahre 1604 im Sternbild Schlangenträger ebenfalls eine Supernova. Bisher entdeckte man mehr als 700 Supernovä. Was versteht man unter Sternen, die Nova oder Supernova heißen? Nova ist ein veränderlicher Stern mit einer plötzlichen Helligkeitszunahme von etwa 7-16 Größenklassen. Das entspricht einer Steigerung der Leuchtkraft um das tausendfache bis millionenfache. Es ist kein neuer Stern, sondern der Helligkeitsausbruch eines schon existierenden Sternes. Im Milchstraßensystem leuchten innerhalb eines Jahres etwa 50 Novä auf. Und ihre Ausbrüche gehen auf thermonukleare, also Kernprozesse im Stern zurück. Eine Supernova ist etwas anderes. Eine Supernova ist ein Stern, der am Ende seiner Entwicklung steht und durch einen explosiven Vorgang einen großen Teil seiner Masse verliert oder gänzlich zerstört wird. Dieser Vorgang ist mit einer Zunahme der Helligkeit von mehr als 20 Größenordnungen ver-bunden. Die Steigerung der Leuchtkraft einer Supernova ist etwa einhunderttausendmal größer als die einer Nova. Die genannten Vorgänge lassen uns verstehen, dass es physikalisch gesehen ein Weltende geben kann. Falls die jetzige Expansion (Ausdehnung) des Weltalls in eine Kontraktion (Zusammenziehung) umschlägt, tritt der Wärmetod des Weltalls ein, d.h. es kommt zu einer unendlich hohen Energiedichte und einer unendlich hohen Temperatur. Falls das Weltall sich jedoch unbegrenzt weiter ausdehnt, führt es zum Kältetod des Weltalls, da dann die Energiedichte im Weltall beliebig klein wird.

Nun, das Schicksal unserer Erde ist ja vor allem mit der Sonne verknüpft; von ihr hängt unser Leben ab. Die Sonne gehört mit einigen hundert Milliarden anderen Sternen zum Milchstraßensystem. Sie bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 20 km/s relativ zu den Sternen ihrer Umgebung auf das Sternbild Herkules zu. Gemeinsam mit den benachbarten Sternen umläuft sie in etwa 240 Millionen Jahren das Zentrum des Milchstraßensystems. Die Sonne ist vor etwa 4,6 Milliarden Jahren zusammen mit dem gesamten Planetensystem entstanden. Nun überlegen Sie einmal, meine lieben Freunde: Wenn eine solche Atomexplosion wie bei den Supernovä in unserer Sonne geschähe, dann würde die Sonne viel größer und viel heißer, dann würde die glühende Sonnenmasse von unserer Erde nur noch halb so weit entfernt sein, d.h. sie würde eine solche Hitze ausstrahlen, dass alles auf der Erde verbrennen müsste. Das ganze Leben würde im Feuer verzehrt. Das ist keine Phantasie. Die Sternkundigen sagen uns: Unsere Sonne ist in dem Zustand, wie jene Sterne vor ihrer Explosion waren. Das kann also unserer Sonne ebenso einmal passieren.

Was die Astronomie aus physikalischen Ursachen erklärt, das versteht die Theologie als Einwirkung Gottes, und das mit Recht. Denn Gott ist der Herr der Welt. Er hat das All geschaffen, es unterliegt seiner Führungsmacht. Die Gesetze der Physik hat er aufgestellt, die Sterne müssen ihm gehorchen. Er führt das Ende der jetzigen Weltzeit herauf. Das sagt uns der 2. Brief des Apostels Petrus. In diesem schreibt er: „Die Welt (die damalige Welt) ist durch die Sintflut zugrunde gegangen. Der jetzige Himmel aber und die Erde sind durch das Wort Gottes aufgespart für das Feuer, bewahrt für den Tag des Gerichtes und des Verderbens. Der Tag des Herrn aber, an dem die Himmel mit Getöse vergehen werden, wird kommen wie ein Dieb.“ Hier ist also klar der Weltenbrand ausgesprochen. Er war schon im Alten Bunde angekündigt. Bereits in der Zeit vor dem Exil finden sich Aussagen über das durch Feuer vollzogene Gericht Gottes. Der Prophet Amos spricht: „So ließ der allmächtige Herr es mich hören: Siehe, Feuer rief der allmächtige Herr zur Strafe. Es fraß die große Flut und verzehrte den Erbbesitz des Herrn.“ Und der Prophet Isaias kündet: „Längst schon ist eine Feuerstätte errichtet.“ In der Zeit nach dem Exil ist der Schauplatz des erwarteten Feuergerichtes vielfach stark erweitert. Der Prophet Joël verkündet: „Feuer frisst vor ihm her, hinter ihm lodern die Flammen.“ Der Prophet Daniel sah einen Hochbetagten, dessen Thron aus Feuerflammen bestand und der Räder hatte aus brennendem Feuer. Ein Feuerstrom ging von ihm aus und wälzte sich daher. Und der Prophet Malachias kündet an: „Siehe, der Tag kommt brennend wie ein Ofen, verbrennen wird sie der Tag, der da kommt.“

Viele Menschen fragen: Ja, wann wird das passieren? Neugierig, zweifelnd oder besorgt: Wann kommt das Ende der Welt? Die Menschheit wartet so lange schon. Bis ins 16. Jahrhundert haben die Christen etwa stets gleichbleibend mit einem baldigen Ende der Welt gerechnet. Das gilt auch für Luther. Luther nahm ja an, der Antichrist sei schon erschienen, nämlich der Papst in Rom. Die Erwartung des Weltendes war stets besonders intensiv in Zeiten von Naturkatastrophen und von Menschenkonflikten. Man wusste aus der Heiligen Schrift, dass dem Ende kosmische, also Weltkatastrophen vorangehen, und so dachte man bei Hungersnöten, bei Epidemien, bei Erdbeben, das Ende der Welt sei gekommen, vor allem bei der Pest. Die Pest, meine lieben Freunde, war ja die Geißel seit dem 13. Jahrhundert: die Beulenpest, die Lungenpest. Sie erfasste sämtliche Länder. Alle Länder westlich des Ural wurden von der Pest, von der Seuche der Pest erfasst. Ihr fielen bis 30% der gesamten Bevölkerung zum Opfer. Kein Wunder, dass die Menschen die Pest mit dem baldigen Ende der Welt verknüpften. Auch manche Ereignisse der Geschichte veranlassten die Menschen zu der Annahme, das Weltende stehe bevor. Es gab einmal eine Periode der Kirchengeschichte, in der zwei, bald drei Männer behaupteten, der rechtmäßige Papst zu sein. Es gab keinen papa indubitatus, keinen unbezweifelten Papst. Der ungenähte Leibrock Christi war zerrissen. Die fast vierzig Jahre dauernde Kirchenspaltung stürzte die katholische Christenheit in ein Meer von Zweifel und Trübsal. Sie fügte dem Papsttum und dem kirchlichen Leben unermesslichen Schaden zu. Die öffentliche Meinung geriet in heillose Verwirrung. Viele Christen rechneten mit einem baldigen Eingreifen Gottes. Der heilige Vinzenz Ferrer, ein Dominikaner, war fest überzeugt: Das Weltende steht bevor. Aber auch in späteren Zeiten hielten gläubige und gelehrte Christen das Weltenende für kurz bevorstehend. In Köln gab es im 19. Jahrhundert einen tüchtigen Bischof, namens Philipp Krementz; er ist im Jahre 1899 gestorben. Aufgrund seiner Studien zur Apokalypse erwartete Krementz den baldigen Weltuntergang. Bei jeder Jahrtausendwende sagen Vorwitzige den Eintritt der letzen Dinge vorher. Aber die Jahrtausende vergehen, ohne dass sie eintreten. Es ist ein vergebliches Unterfangen die Jahre, die für die Weltzeit noch übrig sind, durch Rechnen bestimmen zu wollen. All den eifrigen Rechenkünstlern hat jener das Handwerk gelegt, der das Wort gesprochen hat: „Es steht euch nicht zu, die Zeiten zu wissen, die der Vater aus seiner Machtvollkommenheit festgelegt hat.“ Vor Gott, dem Unendlichen und Ewigen, sind tausend Jahre wie ein Tag. Mag die Erde auch Millionen oder Milliarden Jahre bestehen und das Weltall vor unabsehbaren Zeiten entstanden sein; im Vergleich zu der Ewigkeit sind das Winzigkeiten.

Eines ist sicher: Welt und Weltzeitalter werden vergehen. Das Ende der Welt wird eintreten, nicht, weil es die Physik für möglich hält, sondern weil Gott es offenbart hat. Auch nicht die Götterdämmerung, wie sie die altnordischen Mythologien beschreiben und Wagner sie aufgenommen hat, wird das letzte Wort über der Schöpfung sein, sondern die Schöpfung wird nicht im Chaos enden. Gott, der Herr, der das Ende verbürgt, wird einen neuen Himmel und eine neue Erde heraufführen, so versichert uns das letzte Buch der Heiligen Schrift, die Apokalypse des Apostels Johannes. Im ersten Teil dieses Buches wird geschildert, wie das Gericht Gottes in Form furchtbarer Naturkatastrophen über die Erde hereinbricht. Im zweiten Teil wird der Kampf der bösen mit den guten Mächten beschrieben. Es endet mit der Vision eines neuen Himmels und einer neuen Erde. Das sind die letzten Dinge, meine lieben Freunde: die Wiederkunft Christi, die Auferstehung des Fleisches, das Weltgericht und die kosmische Königsherrschaft Gottes. Das sind die wesentlichen Ereignisse der eschatologischen, der letzten Zukunft. Jesus hat nicht gesagt, dass die Welt verschwindet, er ist ja in die Welt eingetreten, um sie zu retten. Er hat gesagt, dass die Welt nicht so bleibt, wie sie ist. Und deswegen schreibt der Apostel Paulus im 1. Brief an die Korinther: „Die Gestalt dieser Welt vergeht.“ Und der heilige Petrus schreibt in seiner Epistel: „Ein neuer Himmel und eine neue Erde erwarten wir nach seiner Verheißung, auf denen Gerechtigkeit heimisch ist.“ Und Johannes schaut „einen neuen Himmel und eine neue Erde, denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen. Und der auf dem Throne sitzt, sprach: ‚Siehe, ich mache alles neu!‘“ Er kam verborgen, um sich richten zulassen, er wird offen kommen, um alles zu richten. Auf dem neuen Himmel und auf der neuen Erde ist die Wohnstatt der Gerechtigkeit aufgerichtet.

Der Schleier über den Endzeitdingen, meine lieben Freunde, hindert nicht eine entsprechende Haltung. Und was ist die entsprechende Haltung? Wachheit, Nüchternheit, sittliche Läuterung. Die mit dem Weltende gerechnet haben, haben sich nicht verrechnet, nein, was jederzeit eintreten kann, ist nämlich immer nahe. Und jede Generation muss damit rechnen, dass das Ende gekommen ist oder kommen wird. In der Person Jesu ist der endzeitliche Erlöser schon auf den Plan getreten. An der Stellung zu ihm entscheidet sich Heil und Unheil. Wir kennen ihn, wir wissen um seinen Rang und um seine Bedeutung. Christus gab uns Rat und Hilfe, um uns für den letzten Tag zu bereiten. Er hat immer wieder mit Blick auf die letzten Zeiten gesprochen, etwa wenn er von seiner heiligen Eucharistie spricht: „Wer von diesem Brot isst, wird leben in Ewigkeit. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage.“ Deswegen ist es unsere Aufgabe, uns zu bereiten für die Ankunft des Herrn; nichts Unreines kann in den Himmel eingehen. Der alte sündhafte Mensch vergeht mit dieser Welt, in die neue Welt werden nur neue Menschen eingehen können. Und so ist es die Frage, die in dieser Stunde Christus an uns richtet: Hast du das neue Leben, das Gnadenleben in dir? Lebst du als ein Kind Gottes? Liebst du Gott? Liebst du um Gottes willen auch deinen Nächsten? Liebst du um Gottes willen auch die Welt, die Jesus mit seinem Blute geheiligt hat? Erfüllst du deine Pflichten in der Welt nach Gottes Willen? Man hört manchmal, wie Menschen nach einem Versehen, nach einem Unglück, nach einem Schicksalsschlag sagen: Davon geht die Welt nicht unter. O gewiss nicht, davon geht sie nicht unter. Aber die Kraft, die ihren Untergang bewirken wird, diese Kraft steht bereit. Manche bemühen sich um die Wissenschaft der Welt, aber sie wollen nichts wissen von ihrem Ende, sie sagen: Die Welt ist bisher nicht untergegangen, sie wird auch weiterhin nicht untergehen; es bleibt alles so, wie es ist. Aber gerade die Wissenschaft sagt: Die Welt kann einmal in einem ungeheuren Weltenbrand untergehen. Und der Heiland sagt: „Sie wird untergehen, und das wird das Gericht sein über eine gottlose und ungläubige Welt.“ Der ist ein wahrer Christ, der sich für dieses Gericht bereitet. Zu diesem Christen, meine lieben Freunde, möchten wir gehören. Denn wir haben dem Heiland geglaubt, der gesagt hat: „Himmel und Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen.“

Amen.   

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