Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
26. Februar 2012

Nicht vergeblich die Gnaden Gottes empfangen!

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

„Wir ermahnen euch, dass ihr nicht vergeblich die Gnade Gottes empfanget.“ Das ist der Tenor der Epistel des heutigen Sonntags. Wir ermahnen euch, dass ihr nicht vergeblich die Gnade Gottes empfanget. Wir wollen diesen Satz zu unseren Überlegungen benutzen. Und an erster Stelle fragen: Was heißt es, vergeblich die Gnade Gottes empfangen? Und dann, zweitens: Warum sollen wir nicht vergeblich die Gnade Gottes empfangen? Wir wissen, was Gnade Gottes ist. Das ist jede geistliche Gabe, die uns Gott zu unserem Heile gibt. Wir unterscheiden die heiligmachende Gnade, die wie ein Gewand, wie ein Kleid, wie eine innere Kraft ist, die uns bleibt, und die helfende Gnade, die uns Impulse gibt, damit wir das Gute anstreben und im Guten verharren. Heiligmachende und helfende Gnade. Gott gibt uns die Gnade, und er will, dass wir sie benutzen, dass wir mit ihr arbeiten. Gottes Gnade und die menschliche Mitwirkung sind wie zwei Schienen, die nebeneinander herlaufen oder besser: die miteinander laufen und gemeinsam den Zug des Lebens tragen.

Vergeblich empfängt die Gnade Gottes, wer die Güte, Geduld und Langmut Gottes missachtet, wer unbußfertig ist, wer auf dem bösen Pfade verbleibt. Das größte Hindernis, ein gutes Leben zu führen, ist das Aufschieben der Bekehrung. Der Prophet Isaias mahnt: „Suchet den Herrn, wenn er sich finden lässt, ruft ihn an, wenn er nahe ist.“ Da sagen Menschen: „Ja morgen, von morgen an will ich ein gutes Leben führen.“ Höre: Gott hat dir Verzeihung versprochen, aber das Morgen und das Übermorgen hat er dir nicht versprochen. Sündigen ist menschlich, in der Sünde verharren, ist teuflisch. Vergeblich empfängt die Gnade, wer dem Heiligen Geist widersteht. Der Heilige Geist spricht ja zu uns, in unserem Herzen. Goethe hat es einmal wunderschön ausgedrückt: „Ganz leise spricht ein Gott in uns, in unserer Brust, ganz leise, ganz vernehmlich, zeigt uns an, was zu ergreifen ist und was zu fliehen.“ In der Litanei vom Heiligsten Namen Jesu steht die wunderbare Anrufung: „Von der Vernachlässigung Deiner Einsprechungen erlöse uns, oh Herr!“ Oh wie wahr, oh wie ergreifend. Von der Vernachlässigung Deiner Einsprechungen, oh Herr, erlöse uns. Gott spricht zu uns. Im Herzen, aber auch durch die Wechselfälle unseres Lebens. Erfolg und Misserfolg, Freude und Enttäuschung, Krankheit und Gesundheit: das ist die Sprache Gottes! Gott spricht auch durch die Ereignisse in der Umwelt, ein Verlust, ein Unfall, eine Katastrophe, eine bestimmte Wetterlage: das ist Gottes Sprache.

Vergeblich empfängt die Gnade Gottes, wer undankbar ist gegen Gott. Der Mensch muss anerkennen, dass er Gott zu Dank verpflichtet ist. Er ist der Geber aller Gaben. Für das Leben, das uns geschenkt wurde. Er gibt uns den Unterhalt, er gibt uns die Hilfe in den Notlagen unseres Lebens. „Sage nicht“, heißt es einmal im Buche Deuteronomium, „sage nicht, meine Kraft hat mir diesen Reichtum verschafft, bedenke vielmehr, dass Gott es ist, der diese Kraft geschenkt hat!“ Für alles muss der Mensch danken, für das Große und für das Kleine. Wie darf er um das Zukünftige bitten, wenn er für das Vergangene nicht gedankt hat? „Wer undankbaren Sinnes ist, lässt seinen Retter im Stich“, heißt es im Buche Jesus Sirach.

Vergeblich empfängt die Gnade Gottes, wer zu den Lastern zurückkehrt, die er mit Gottes Hilfe überwunden hat. Der Versucher schläft nicht. Wir haben eben die Geschichte von den Versuchungen Jesu gehört. Im Lukasevangelium steht nach den Versuchungen: „Der Versucher verließ ihn auf ein andermal.“ Also das ist nur ein Ausschnitt aus den Versuchungen Jesu, von denen wir heute gehört haben. Auf ein andermal. Der Versucher stellt dem Menschen den Reiz der Sünde, die er einst begangen hat, vor Augen, schildert sie als anziehend, versucht ihre Wiederholung zu erreichen. Die Propheten drücken es drastisch aus: „Der Hund kehrt zurück zu dem Auswurf, den er gemacht hat.“ Der Versucher gaukelt dem Menschen vor, was ihm entgeht, wenn er die Sünde unterlässt. Der Apostel aber warnt uns: „Wer in die alte Sünde zurückfällt, schlägt für seine Person den Sohn Gottes von neuem ans Kreuz.“ Er fällt aus der Gnade heraus. Er hat sie vergeblich empfangen. „Meine Brüder, wir ermahnen euch, dass ihr die Gnade Gottes nicht vergeblich empfanget.“ Der Prophet Isaias hat einmal im Bilde eines Weinbergbauern geschildert, was es heißt, die Gnade Gottes vergeblich zu empfangen. „Einen Weinberg hatte mein Freund an fruchtbarer Höhe. Er grub ihn um, er entsteinte ihn und pflanzte darin Edelreben. Er baute einen Turm, er grub eine Kelter und hoffte, dass er Trauben trüge. Aber er brachte nur Härlinge.“ An einer anderen Stelle beschreibt er wiederum die Vergeblichkeit des Werbens Gottes. „Ich halte meine Arme den ganzen Tag ausgestreckt nach einem widerspenstigen Volke, das seinen eigenen Gedanken nachgeht, auf unheilvollen Wegen.“ Es ist schrecklich, meine lieben Freunde, die Gnade Gottes vergeblich zu empfangen.

Warum dürfen wir die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangen? Nun, an erster Stelle: weil das Geschenk der Gnade kostbar ist. Alles hat Gott für den Menschen getan. So viel hat er es sich kosten lassen. Er hat ihn geschaffen. Ja, man muss eigentlich staunen, dass Gott nicht genug hatte an seiner Majestät, an seinem innergöttlichen Leben, dass er noch Geschöpfe hervorbringen wollte, aus dem Nichts. Das ist eigentlich zum Staunen. Er hat den Menschen geschaffen, und er hat ihn wunderbar ausgestattet – selbst Darwin konnte nicht umhin, das Auge, das wunderbare Auge des Menschen als unerklärlich anzusehen. Er hat ihn zur Krone der Schöpfung gemacht. Alles hat er ihm unterworfen: Die Vögel des Himmels, die Tiere der Erde und die Fische im Meer. Er hat dem Menschen seine Freundschaft geschenkt. Er hat mit ihm Umgang gepflogen. Gott hat den Menschen, als er gefallen war, aufgerichtet, hat ihn aus dem Schlamm emporgezogen. Für uns Menschen und um unseres Heiles willen, ist er vom Himmel herabgestiegen. Er hat sich die Rettung des Menschen wahrhaftig etwas kosten lassen. „Ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichem Gold oder Silber erkauft seid, sondern mit dem kostbaren Blut Christi als einem unbefleckten, fehlerlosen Lamme.“ Und das ist es, was wir jetzt genießen dürfen, in der Taufe. In der Heiligen Taufe, da wird uns die Kraft des Leidens Christi, die Macht seiner Erlösung übertragen. Da werden die Sünden vergeben, die Sündenstrafen, die Sündenneigung wird gemildert, der Stachel des Todes wird herausgerissen. Das ist die Wirkung der Taufe. Oh welch ein Glück, getauft zu sein.

Er hat uns die Kirche gegeben, die uns erzieht, die uns führt. Meine lieben Freunde, ich kann immer nur sagen, wie glücklich sind wir, dass wir wissen, was wir tun dürfen, was wir tun sollen. Wie glücklich sind wir, dass wir die Gebote Gottes haben, die verhindern, dass wir zu Tieren werden. Gott hat uns die Seelsorger an die Seite gestellt, die uns mit ihrem Wort nähren und mit ihren Sakramenten speisen. Wie wunderbar ist es, dass wir das Bußsakrament haben, dass wir hören dürfen: „Deine Sünden sind dir vergeben.“ Von Goethe stammt das schöne Wort: „Die Ohrenbeichte hätte den Menschen niemals genommen werden dürfen.“ Das sagt der Protestant Goethe! Gott hat uns das Gewissen gegeben, den Wächter, den Mahner in unserem Inneren. Von Maximilian Robespierre stammt das bedenkenswerte Wort: „Nehmt mir mein Gewissen, und ich bin der unglücklichste aller Menschen.“ Wir müssen diese Gnaden Gottes, weil sie kostbar sind, benutzen. Wir müssen mit ihnen arbeiten. Wir müssen Verantwortung für sie tragen. „Wir ermahnen euch, dass ihr nicht vergeblich die Gnade Gottes empfanget.“ Gott ist gütig und ist zum Verzeihen bereit. Aber Gott kann nicht ewig seiner spotten lassen. Wenn Gott nicht zum Gespött werden will, muss er schließlich alle von sich tun, die sich nicht von ihm erlösen lassen wollen. Gottes Gesetz ist keine Vogelscheuche. Die Strafe für das gottlose Fleisch sind Feuer und Wurm.

Christus hatte den Städten seines Landes das Heil angeboten, in ihnen gepredigt, Wunder gewirkt. Aber sie haben sein Wort verschmäht. Dann fing er an, heißt es im Lukasevangelium, dann fing er an, die Städte, in denen seine meisten Wunder geschehen waren, zu schelten, weil sie sich nicht bekehrt hatten. „Wehe dir, Chorazin! Wehe dir, Bethsaida! Wären in Tyrus und Sidon“, den heidnischen Nachbarstädten, „wären dort die Wunder geschehen, die in euch geschehen sind, sie hätten längst in Sack und Asche Buße getan. Darum sage ich euch: Tyrus und Sidon wird es am Tage des Gerichtes erträglicher ergehen als euch!“ „Und du, Kafarnaum, bist du nicht bis zum Himmel erhoben worden? Bis zur Hölle sollst du hinabgeschleudert werden. Wären in Sodom die Wunder geschehen, die hier geschehen sind: es stünde noch bis zum heutigen Tage. So sage ich euch: dem Lande Sodom wird es erträglicher ergehen am Tage des Gerichtes als euch!“

Weshalb, meine Freunde, dürfen wir die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangen? Zweitens, weil die Gnadenzeit kurz ist. Der Herr selbst wusste um die Begrenztheit seiner Zeit. Ich muss die Werke dessen tun, der mich gesandt hat, denn es kommt die Nacht, wo niemand mehr wirken kann. So ist es auch bei uns. Dem Menschen ist es bestimmt zu sterben. So wenig es in der Macht des Menschen ist, den Wind aufzuhalten, so wenig Gewalt hat er über den Tod. Kein Mensch kennt seine Zeit. Kein Mensch hat Macht über seinen Sterbetag. Ich muss sterben, so haben wir als Kinder gelernt, ich muss sterben, ich weiß nicht wann, ich weiß nicht wie, ich weiß nicht wo. Aber das Eine weiß ich: dass ich, wenn ich in einer Todsünde sterbe, ewig verloren bin. Wenn ich aber in der Gnade sterbe, dass ich ewig gerettet bin. Deswegen: die Zeit der Aussaat benutzen, meine lieben Freunde. „Kaufet die Zeit aus“, mahnt der Apostel Petrus in den beiden Briefen an die Epheser und die Kolosser. Kaufet die Zeit aus, das heißt, benutzet die Zeit. Sie kehrt nicht wieder. Sie ist kostbar. Jeder Tag, jede Stunde sinkt unumkehrbar in das Land der Vergessenheit. „Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt sind die Tage des Heiles“, haben wir in der Epistel von heute gehört. Jeder Tag ist ein Gottestag. Jeder Tag ist ein Gnadengeschenk. Und deswegen: jetzt die Zeit benutzen, nicht auf später etwas verschieben. „Der Augenblick wird kommen“, habe ich im Buch von der Nachfolge Christi gelesen, „der Augenblick wird kommen, wo du einen einzigen Tag oder eine Stunde wünschen wirst, um dich zu bekehren. Aber ich weiß nicht, ob du sie erhalten wirst.“

„Die Tugend, die dich krönt mit ewiger Seligkeit, ach halte sie doch fest, ist die Beharrlichkeit“, sagt Angelus Silesius, unser Dichter Johannes Scheffler. Und der Herr hat es ja hervorgehoben: wer ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden. Durch standhaftes Ausharren werdet ihr eure Seelen retten.

Warum, meine Freunde, sollen wir die Gnade nicht vergeblich empfangen? Weil der Dank für die Gnade uns leicht gemacht wird. Worin besteht er? In der Nachfolge Christi. Und für diese Nachfolge Christi hat uns der Apostel in der heutigen Epistel acht Punkte genannt, wie sie aussehen soll. Erstens: „Bei Ehre und Schmach, bei schlechtem und gutem Ruf.“ – Es soll uns nicht kümmern, was Menschen von uns denken. Wir sollen Gottes Willen erfüllen, ohne Rücksicht auf andere. Die Feinde Christi und der Kirche suchen ja immer, uns zu verdächtigen, unseren guten Namen zu rauben, uns zu schmähen, uns etwas anzuhängen. Die Verleumdung des heiligmäßigen Papstes Pius XII. hat bis heute verhindert, dass er heiliggesprochen wird. Und diese Verleumdung geht auf den Herrn Hochhuth zurück. Der große Bischof von Münster, der Graf Galen, hatte den Wahlspruch: „Nec laudibus, nec timore.“ Das heißt: Ich lasse mich weder durch Lob, noch durch Tadel vom Wege Gottes abbringen.

Zweitens: „Für Betrüger gehalten, und doch wahrhaftig.“ – Ja das fing schon mit Jesus an. Am Karsamstag gingen die jüdischen Oberen zu Pilatus und sagten: „Herr, wir erinnern uns, dass dieser Betrüger“, das ist unser Heiland Jesus Christus, „dass dieser Betrüger, als er noch lebte, gesagt hat, nach drei Tagen werde ich auferstehen. Ordne darum an, dass sein Grab bis zum dritten Tag bewacht wird, damit nicht seine Jünger hingehen und sagen, er ist von den Toten auferstanden. Dann wäre der letzte Betrug schlimmer als der erste.“ Betrüger werden auch wir geheißen. Wir Verkünder des Evangeliums, wir Gläubigen. Man sagt uns, wir betrügen die Gläubigen, entweder dadurch, dass wir selbst nicht anders glauben, was wir anderen predigen, oder dadurch, dass wir etwas versprechen, was nicht in Erfüllung gehen kann. Den letzten Vorwurf hat Karl Marx gemacht. Er sagt, die Religion, das Evangelium ist das Opium des Volkes. Was bedeutet das? Das besagt: Die Religion ist nach Marx erfunden, um die Menschen von dem elenden Diesseits zu vertrösten auf das angenehme Jenseits. Die Religion, eine Erfindung der Kapitalisten. Nein, meine lieben Freunde, wir sind keine Betrüger. Wir täuschen das Volk nicht. Wir sind schwach. Wir bleiben hinter den Forderungen Gottes zurück. Aber wir predigen nicht Wasser und trinken Wein. Unsere Verkündigung ist auch keine Vertröstung. Kein billiger Trost. Das Wort Gottes ist Geist und Wahrheit und Gottes Wahrheit bleibt auf ewig.

Drittens: „Unbekannt und doch wohlbekannt.“ – Die Gläubigen sind heute weitgehend unbekannt. Die Massenmedien nehmen keine Notiz von den zahllosen stillen, frommen Gläubigen, von den Duldern und Märtyrern unserer Zeit, von den Heiligen. Sie berichten von Filmschauspielerinnen, Preisboxern und Rennfahrern. Aber sie übergehen den lauteren Dienst unserer gläubigen, frommen, leidenden Menschen, ihre Überwindungen, ihre Verzichte, ihre Opfer. Gott kennt sie. Deswegen: unbekannt und doch wohlbekannt, nämlich bei Gott.

Viertens: „Sterbende, und dennoch: wir leben.“ – Kardinal Newman hat einmal das schöne Wort geschrieben: „Die Sache Christi liegt wie im Todeskampf.“ Das war im neunzehnten Jahrhundert. Im zwanzigsten, im einundzwanzigsten Jahrhundert ist es nicht anders. Die Sache Christi liegt wie im Todeskampf. Wie oft ist das Papsttum totgesagt worden. Am 29. August 1799 starb in Valence, in Frankreich, in der Gefangenschaft, Papst Pius VI. Die französischen Zeitungen jubelten: Jetzt ist das Papsttum zu Ende. Jetzt ist es um das Papsttum geschehen. Am 14. März 1800 wurde in Venedig ein neuer Papst gewählt: Pius VII. In den römischen Katakomben hat man eine Lampe gefunden, auf der geschrieben steht: „Petrus stirbt nicht!“ In der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts hat Karl Marx das Absterben der Religion vorausgesagt. Es werden sich die Produktionsverhältnisse ändern, und mit den Produktionsverhältnissen ändert sich der Überbau. Es fällt dann der Überbau, die Religion, weg. Nun, wir haben ja ein Experiment erlebt, über viele Jahrzehnte. Und wir wissen, dass das Experiment misslungen ist. Natürlich hat der Marxismus, hat der Bolschewismus mit Zwang und Druck und Verführung viele Menschen der Religion abspenstig gemacht. Das ist unbestritten. Aber viele sind auch treu geblieben und viele haben zurückgefunden. Ein Mann wie der russische Außenminister Schewardnadse hat sich mit sechzig Jahren taufen lassen. Vor wenigen Tagen hat der Heilige Vater Kardinäle ernannt. Unter ihnen befand sich auch Dominik Duka. Wer ist Dominik Duka? Er ist im Jahre 1943 in Königgrätz, also in der Tschechei, geboren worden. Nach der Schule hat er Schlosser gelernt, den Militärdienst abgeleistet und dann trat er ins Priesterseminar ein. Er wurde Priester, Ordenspriester, Dominikaner, er nahm die Seelsorgetätigkeit auf. Sie wurde ihm 1975 untersagt. Er hat sich nicht daran gehalten. Er hat gute Schriften verteilt. Er wurde zu fünfzehn Monaten Gefängnis verurteilt. Die hat er abgesessen, zusammen mit dem späteren Präsidenten Vaclav Havel. Als die Wende kam, hat ihn der Papst zum Bischof von Königgrätz ernannt, und jetzt, 2010, zum Erzbischof von Prag. Aus Ruinen ist neues Leben erstanden. Dominik Duka, der neue tschechische Kardinal.

Fünftens: „Gezüchtigt, aber nicht getötet.“ – Im Hebräerbrief werden die Leiden der Gläubigen aufgezählt. „Gedenket der früheren Tage, in denen ihr so manchen Leidenskampf bestehen musstet. Bald wart ihr selbst in Beschimpfungen und Trübsal ein Schauspiel, bald wart ihr Genossen derer, die solches erfuhren. Ihr habt mit den Gefangenen gelitten; ihr habt den Raub eures Vermögens ertragen, weil ihr wusstet, dass ihr einen besseren und bleibenden Besitz habt.“ Nach vielen Drangsalen und Misshandlungen, oft körperlich gebrochen, zuschanden gemacht, haben die Überlebenden die Arbeit wieder aufgenommen, und um des Herrn willen den neuen Anfang gewagt.

Sechstens: „Betrübt, und doch immer freudig.“ – Gemeint ist: auf dieser Erde eingedeckt mit Trübsalen. Sie können aber nicht aufkommen gegen das Glück des Gotteskindes. Den Christen kann man mit Unbilden überhäufen, man kann ihm alle Quellen irdischer Freude nehmen. Aber eines ist ihm nicht zu nehmen, nämlich die frohe Gewissheit, Gott zum Freunde zu haben. Deswegen: betrübt, und doch immer freudig.

Siebtens: „Arm, und doch viele bereichernd.“ – Es war schon immer so, dass wir nicht sehr viele Reiche in unseren Reihen hatten, aber viele Arme. Dürftig an irdischen Gütern, aber erfüllt mit himmlischen Gütern, die Gott schenkt und verteilt, und die wir weitergeben an andere. Deswegen: arm, und doch viele bereichernd.

Achtens: „Ohne Besitz, und doch alles besitzend.“ – Wie oft hat man der Kirche alles genommen. Wie viele Säkularisationen hat die Kirche erlebt. Von Karl dem Großen angefangen bis zur Säkularisation im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. Da hat man die Bischöfe hungern lassen, man hat ihnen den Brotkorb höher gehängt, im Kulturkampf. Man hat das sogenannte „Brotkorbgesetz“ erlassen; man hat den Bischöfen die Bezüge entzogen. Sie haben weitergelebt und das Evangelium verkündet. Wer Gott besitzt, dem kann nichts fehlen. Genauso ist es. Dem Christen kann alles Irdische genommen werden, es bleibt ihm der größte, der unverlierbare Besitz, der größte Schatz, nämlich die Gnade Gottes. Deswegen, meine lieben Freunde, heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht. Schätzet die Gnade, arbeitet mit der Gnade, empfanget die Gnade Gottes nicht vergeblich.

Amen.

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