Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
23. Februar 2003

Das Dogma vom ewigen Leben

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Wenn Gott uns Dogmen des Lebens geschenkt hat, dann mußte er uns auch ein Dogma über jenes Geschehen schenken, das uns erwartet am Ende unseres Lebens. Dieses Dogma wird ein lebendiges und lebensbildendes Dogma in diesem Sinne sein. Denn wenn wir wüßten, was nach diesem irdischen Leben kommt, dann würden wir, so scheint es, uns bekehren, wie es der reiche Prasser von seinen Brüdern erwartete, die seinesgleichen waren; wenn jemand vom Tode zurückkehrte und ihnen kündete, was nach dem Tode sie erwartet, dann würden sie umkehren. Und in der Tat hat Gott uns ein solches Leben schenkendes und Leben wirkendes Dogma gegeben, ein Dogma über das, was uns nach dem irdischen Leben erwartet.

Die Menschen haben versucht, Wege in das Jenseits zu finden. Aber alle diese Wege erwiesen sich als Sackgasse. Es gibt keine Möglichkeit, in das Jenseits vorzudringen mit Okkultismus oder mit systematischer Technik der Jenseitsforschung. Das Jenseits ist nämlich nichts anderes als Gott. Und wer über das Jenseits etwas erfahren will, der muß Gott fragen, der muß über die Brücke gehen, die allein ins Jenseits trägt, nämlich Gott. Und Gott hat uns eine Kunde gegeben über das Jenseits, eine Kunde, die wir in drei Sätzen zusammenfassen können nämlich

1. Wir werden leben.

2, Wir werden lieben. 

3. Wir werden wissen.

Die erste Botschaft lautet: Wir werden leben. Wir werden also nicht in das Nichts zurücksinken. Wir werden auch nicht verwandelt werden, wie die heutige grassierende verwirrende Lehre von New Age uns weismachen will. Der Mensch ist etwas Einmaliges, etwas Besonders, eine Persönlichkeit, ein Ich, etwas Unwiederholbares. Er kann nicht wie ein Stück Stoff in andere Pflanzen, Tiere oder Menschen verwandelt werden. Mit unserem Leibe, gewiß, kann das geschehen, aber mit unserer Seele ist es unmöglich. Die Seele ist unwiederholbar, sie ist unteilbar, und sie ist deswegen ewig lebend. Sie kann nicht ins Nichts zurücksinken, und sie kann auch nicht in etwas anderes verwandelt werden. Wir werden weder in das Nichts zurückkehren, aus dem Gott uns gerufen hat, noch werden wir verwandelt werden. Es sind auch nicht bloß Teilchen, die irgendwie wieder anders zusammengesetzt werden können. Eine seelische Substanz hat keine Teile und kann deswegen auch nicht in Teile zerfallen. Und deswegen können auch nicht Teile wieder zusammengesetzt werden.

Die entscheidende Wahrheit über unsere Persönlichkeit ist, daß sie eine unaussprechliche Würde besitzt. Diese Würde ist der tiefste Grund unserer Unsterblichkeit. Es hat Leute gegeben, die sagen, es sei der größte Wahnsinn, daß wir weiterleben wollten und daß wir meinten, wir könnten ewig leben. Es sei doch genug, wenn der Kosmos, wenn die Welt, das All weiterbesteht. O, meine lieben Freunde, es hängt nicht von unseren Wünschen und von unseren Ansprüchen ab, ob wir weiterleben, sondern allein von der Wirklichkeit. Und wenn die Wirklichkeit so ist, daß wir weiterleben, müssen wir sie zur Kenntnis nehmen, ob uns das paßt oder nicht. Es ist auch kein Größenwahn, denn wir besitzen eine Größe. Der Mensch ist der Gipfel der Schöpfung. Gott hat ihm eine Würde verliehen, die er nie mehr von ihm nimmt. Er hat ihn nämlich angesprochen, er hat ihn zum Partner, ja er hat ihn zu seinem Kinde gemacht. Und die Treue Gottes duldet nicht, daß jemand, den er einmal als sein Kind angesprochen hat, ins Nichts zurücksinkt; das duldet seine Treue nicht. Die Treue verlangt, daß der Gegenstand dieser Treue bewahrt wird in alle Ewigkeit. Wir werden leben, wir werden ewig leben. Selbst Gott könnte uns nicht ins Nichts zurückschicken, weil er uns angesprochen hat, weil er uns zu seinen Partnern gemacht hat. Diese Einmaligkeit, diese Unwiederholbarkeit, diese Persönlichkeit, die Gott geschaffen hat, wird in alle Ewigkeit bestehen.

Der zweite Satz, den wir fomulierten, lautet: Wir werden lieben. Wir werden mit Gott in ewiger Gemeinschaft stehen. Es wird ein Leben in lauterer und ganz vollkommener Gemeinschaft sein. Die Heilige Schrift drückt das aus mit dem Wort der Anschauung. Wir werden Gott anschauen, d.h. es wird nichts mehr zwischen uns stehen, keine Hemmung, keine Ferne, kein Mißverstehen; nichts wird zwischen uns und Gott stehen. Wir werden ihn anschauen ohne jede Trübung und ohne jede Täuschung. Keine Schuld, kein Leid, keine Abwegigkeit wird mehr zwischen Gott und uns stehen. Da ist das Leid, das auf Erden immer bei der Liebe ist, aufgehoben.. Auf Erden ist nämlich jede Liebe mit einem Leid versehen, daß Menschen sich nicht so lieben können, wie sie eigentlich möchten und wie sie eigentlich sollten. Dieses Leid wird in der Ewigkeit aufgehoben. Wir werden lieben; unser ewiges Leben wird ein Leben in vollkommener Gemeinschaft sein. Daraus ergibt sich, daß der Mensch, der nicht vollendet ist, als Einzelner, in totaler Vereinzelung existiert. Es wird ein Mensch sein ohne Gemeinschaft; es wird ein Mensch sein, der einsam ist. Wenn der Himmel Gemeinschaft ist, dann ist die Hölle Isolation. Die Hölle ist das gemeinschaftslose Leben, das liebeleere Leben, das Leben eines Geistes, der nichts hat, weil er nichts liebt. Er hat kein Du, weil wir ein Du nur durch Liebe erreichen können. Da er keine Liebe hat, kann er kein Du haben. Und deswegen hat er auch keinen Gott und keinen Menschen. Der Verlorene ist ein Wesen in unerhörter Verlassenheit, ein Wesen, das eine ganze Ewigkeit sprechen muß: Ich habe keinen Menschen. Die Liebe allein ist es, die uns auf das Jenseits vorbereiten kann. Es gibt keine andere Weise der Vorbereitung als durch Liebe. Die Liebe ist es, die uns für das ewige Leben vorbereitet. Und das Liebesgebot ist die entscheidende Aufgabe unseres Lebens. Nur durch Liebe und Ausbildung der Liebesfähigkeit kann man sich vorbereiten auf die Ewigkeit.

Nun ist aber in uns die bange Frage: Werden wir denn, wenn wir sterben, in dieser Liebe stehen, die verlangt wird, um in Gottes Anschauung zu gelangen? Werden wir diese Liebe in unserer irdischen Lebenszeit ausgebildet haben? Wenn wir in uns schauen und wenn wir um uns schauen, dann überfällt uns große Sorge, nämlich die Sorge, daß wir nicht so liebesfähig sind, wie Gott es verlangen muß, um uns in seine Gemeinschaft, in seine Liebesgemeinschaft aufzunehmen. Wir sind aber doch nicht liebesunfähig. Die Liebesfähigkeit ist doch in uns. Sie ist nur tief vergraben durch unsere Selbstsucht, durch unsere Unlauterkeit, durch unsere Ichbesessenheit. Wenn sie aber vorhanden ist wie ein kostbarer Schatz, dann kann sie auch ausgegraben werden. Und wenn diese Liebesfähigkeit auf Erden nicht bis zur Vollkommenheit ausgebildet ist, dann kann das im Jenseits nachgeholt werden. Es gibt eine Möglichkeit, das Defizit an Liebesfähigkeit im Jenseits zu ergänzen. Wir nennen diesen Zustand den Reinigungszustand oder das Fegefeuer. In schmerzlichen Leiden wird der Mensch dann gezwungen, die Liebe zu erwerben, die er auf Erden nicht erworben hat. Dort wird er durch Leiden angehalten, sich zu dem Liebenden auszubilden, der allein zur Anschauung Gottes fähig ist. Da bestätigt sich das, was wir schon auf Erden beobachten können: Ein Mensch, der wirklich lauter, rein und heilig geworden ist, das ist immer ein Mensch, der durch Leiden hindurchgegangen ist. Nur ein Mensch, der verlernt hat, das Ich zu sprechen und Du zu sagen, nur ein solcher Mensch ist fähig, in die Liebesgemeinschaft mit Gott aufgenommen zu werden. Und wenn wir uns auf Erden dazu vorbereiten, gepriesen seien wir, wenn wir diese Schätze der Liebe in uns ausgraben.

Wir werden leben, wir werden lieben, wir werden wissen. Die große Liebesfähigkeit verschafft uns auch das große Wissen. Nur der Liebende ist fähig, die entscheidenden Wirklichkeiten zu erkennen. So ist es auch in der Ewigkeit. Wir werden, weil wir dann fähig sind, vollkommen zu lieben, auch vollkommen wissen. Unsere Seele wird vor uns ausgebreitet sein in ihrer ganzen Wirklichkeit, ohne Verhüllung. Es wird keine Täuschung, keine Dumpfheit mehr in unserer Seele sein. Alles wird wach und bewußt sein. Es wird nichts Unterbewußtes und Unbewußtes mehr in uns sein. Alles wird aufwachen, und die ganze Wirklichkeit mit ihrer Tröstung wird sich uns eröffnen. Es wird auch nichts mehr sein, was ein Zwiespalt in uns ist. Es wird keinen Gegensatz mehr geben zwischen Erkennen und Wollen, zwischen Empfinden und Erstreben, zwischen Leib und Seele. Es wird eine völlige Harmonie sein in uns, weil wir durch das Erkennen eingefügt sind in die Wirklichkeit Gottes und unsere eigenen Erscheinung. Es wird nichts mehr in uns sein, was untermenschlich oder allzu menschlich ist, nichts an Anlagen, die nicht entfaltet sind, die nicht zum Ziel gekommen sind. Wir werden endlich ganz und gar Menschen, vollkommene Menschen sein.

Dann bedeutet es natürlich, daß diejenigen, die nicht vollendet sind, dieses Wissen nicht besitzen werden. Sie werden auch ein Wissen haben, aber ein Wissen anderer Art. Sie werden nämlich wissen, daß sie ewig unselig sind. Sie werden wissen, daß es für sie keine Rettung gibt, daß es keine Freude gibt, daß sie nichts mehr zur Täuschung haben; es wird keine Verschleierung mehr geben. Auf Erden breitet der Mensch einen milden Schleier über seine Erbärmlichkeit und über seine Unzulänglichkeit. Der Verdammte wird erkennen, wie er wirklich ist in seiner ganzen Erbärmlichkeit ohne jede Verschleierung. Er wird sich nicht mehr täuschen können über sich selber; er wird sich sehen, wie er wirklich ist. Er wird sich auch nicht trösten können, er wird sich nicht ablenken können. Es gibt keinen Freund mehr, keine Frau mehr, keine Freude mhr. Er wird nackt und unverhüllt seine Leere, seine Dunkelheit, seine Verlassenheit, seine Ausgestoßenheit empfinden. Kein Genuß, kein Spiel und keine Beschäftigung kann ihn trösten eine ganze Ewigkeit. Sein Bewußtsein wird entblößt sein von jeder Größe. Hüllenlos wird er sich in seiner Verlorenheit erkennen.

Wir dürfen uns weder den Himmel noch die Hölle ausmalen. Was Menschen da denken, empfinden, schreiben, das ist wie das Träumen eines Menschen gegenüber der Wirklichkeit. Auch was Dante in seiner Göttlichen Komödie darüber schreibt, ist nur eine unzulängliche Vorstellung, welche die Phantasie ihm eingeredet hat. Es ist nicht die Wirklichkeit. Aber das eine wissen wir: Die Letzten Dinge für uns heißen Himmel und Hölle. Bei Dostojewski wird einmal ein heiliger Mann vorgeführt, der vor einem anderen auf die Knie niederfällt, der als Verbrecher gilt. Dieser heilige Mann aber fällt vor diesem Mann auf die Knie. Warum? Er verehrte das ungeheure Leid, das diesem Menschen bestimmt war.

Eigentlich müßten wir niederfallen vor jedem Menschen, niederfallen entweder in Ehrfurcht ob der Seligkeit, die einmal diesem Menschen bestimmt ist, oder niederfallen vor Entsetzen über die Unseligkeit, welcher er entgegengeht. Eines von beiden wird über jeden kommen, über mich und über euch, ein Himmel oder eine Hölle. Über allem wird die Gewißheit stehen: Die Gerechtigkeit Gottes ist von Ewigkeit und bleibt in Ewigkeit.

Amen.

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